Spieler von RB Leipzig am Ball. 2 min
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Nach einer torlosen ersten Halbzeit hat sich RB Leipzig gegen Eintracht Frankfurt durchgesetzt und erneut den DFB-Pokal gewonnen. Christopher Nkunku und Dominik Szoboszlai erzielten die Tore für die Sachsen.

Sa 03.06.2023 22:29Uhr 02:24 min

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Fußball | DFB-Pokal RB Leipzigs Fans: Wie anders sind "die Kunden"?

03. Juni 2023, 23:15 Uhr

Zum zweiten Mal in Folge hat RB Leipzig den DFB-Pokal gewonnen. Man kann sich das Stöhnen der Kritiker und Gegner gut vorstellen: "Ausgerechnet dieses Kommerzprodukt!" Wild feiern konnten dagegen die RB-Fans, von denen knapp 30.000 Fans mit im Berliner Olympiastadion waren.

Zwei Tickets für "das Spiel des Jahres" hatte auch Ronny Kügler ergattert. Reine Glückssache, denn die 23.700 Leipzig zur Verfügung gestellten Karten wurden von RB verlost. Und das ausschließlich unter Dauerkarteninhabern, Fanclub-Mitgliedern, Fördermitgliedern und sogenannten Vielfahrern. Wie eben Ronny Kügler, der schon beim Finale des Vorjahres (5:3 n.E. gegen Freiburg) dabei war. "Es war ein unglaubliches Erlebnis", erzählt er mit anhaltender Begeisterung von dem fußballerischen Drama mit 0:1-Rückstand, Roter Karte, Aufholjagd in Unterzahl und Elfmeterschießen: "Ich war so geflasht, dass ich absolut sprachlos war und mich hinsetzen musste, um das zu verdauen."

Leipzigs Fans unterstuetzen ihr Team.
RB-Fans beim Pokalfinale 2022 Bildrechte: IMAGO / motivio

Verachtung und Häme

Verdauen mussten diesen ersten großen Titelgewinn der Leipziger mit Sicherheit auch die Kritiker des 2009 vom Getränkekonzern Red Bull gegründeten Projektes. Für sie bleibt es ein vergängliches Kunstprodukt, das seine Erfolge letztlich nur erkauft hat. Ein Marketing-Vehikel, das dem Fußball insgesamt schade und allenfalls Kunden statt echte Fans habe, wie man auch nach 14 Jahren unter quasi jedem RB-Post in den sozialen Medien lesen kann. Der oft und mit Schadenfreude vorgetragene Hinweis, RB werde nie einen großen Titel gewinnen, taucht inzwischen allerdings nicht mehr auf.

RB Leipzig Pokalsieg 2022 4 min
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Das Pokalfinale in Berlin im Jahr 2022 hatte alles, was das Fußballerherz begehrt: Spannung, sportliche Höchstleistungen und Emotionen - alles mit dem glücklichen Ende für RB Leipzig.

Fr 02.06.2023 17:30Uhr 03:33 min

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Ganz im Gegensatz zu den despektierlichen Äußerungen über RB-Fans. Die standen nun im Pokalfinale ausgerechnet einer der aktivsten, gewaltigsten (und gewalttätigsten) Fanszenen gegenüber. Ein ungleiches Duell, das nicht zu gewinnen war und mancher vielleicht auch gar nicht gewinnen wollte. Nichtsdestotrotz lohnt sich ein genauerer Blick auf die Leipziger Anhängerschaft, die der Entwicklung ihres Klubs mit insgesamt fünf Aufstiegen (wenn man die Champions League mitrechnet) ein Stück weit hinterherrennen musste.

RB Leipzig Fans
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Zunehmendes Interesse

Keine Frage, die zu den Heimspielen in der Geburtssaison 2009/10 ins Markranstädter Stadion am Bad "strömenden" Zuschauer waren damals eher Neugierige als Fans. Heute kaum noch vorstellbare 420 zählte man damals am 27. Spieltag gegen den VfB Pößneck. Aber das Interesse und auch die Identifikation mit dem Klub nahmen mit den Jahren rasant zu. Katalysator dabei waren selbstverständlich die sportlichen Erfolge, die sich relativ schnell einstellten. Ob das vor allem an klugen Entscheidungen des Führungspersonals oder am überdurchschnittlich vorhandenen Geld lag, darüber kann man trefflich streiten.

Was die verkauften Dauerkarten betrifft, gehört RB jedenfalls längst zu den deutschen Topklubs: 32.200 Stück in der gerade abgelaufenen Saison bedeuten Rang vier in der Bundesliga hinter BVB, Schalke und Bayern. Die Dauerkarten-Statistik allerdings deckt auch einen großen Unterschied zu den anderen Klubs auf. So hat RB mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren die ältesten Fans der Bundesliga. Wenngleich Nachwuchs im Kommen ist: Inzwischen wird das RB-Trikot von Kindern getragen, die gar keine Zeit ohne Leipziger Bundesliga-Fußball kennen.

RB Leipzig Fans Fanfest
Pokalsieg 2022: RB-Fans feierten ihr Team auf dem Leipziger Marktplatz. Bildrechte: MDR/Hofmeister, Dirk

Wie anders sind RB-Fans?

Unterschiede zu den anderen Vereinen gibt es auch im Fanblock des Stadions, wo in der Regel die sogenannten "aktiven Fußballfans" zu Hause sind. Wo sie anfeuern, singen, Choreografien zeigen, kurzum: für Stimmung sorgen. "Ein Stück weit sind wir immer noch anders", ist sich Sebastian Horn sicher. Der 37-Jährige ist Sprecher des Fanverbands, der die Interessen von über 30 RB-Fanclubs vertritt. "Andere Fanszenen in Deutschland sind wesentlich homogener aufgestellt", betont er. Dort würden im Block weit weniger Frauen und Kinder im Block akzeptiert werden.

Für Sebastian Horn ist diese Form des "Andersseins" Fluch und Segen zugleich: "So eine heterogene Fanszene ist natürlich großartig und macht für mich den Reiz aus. Gleichzeitig es ist auch anspruchsvoll, die unterschiedlichen Anliegen zu moderieren. Weil jeder Teil der Szene ganz andere Ansprüche und Bedürfnisse hat." Deren Durchsetzung ist im Fall RB Leipzig allerdings eine besonders große Herausforderung. Den klassischen Weg über eine Mitgliederversammlung hat der Klub nämlich rigoros abgeschnitten. Nach aktuellem Stand zählt der RasenBallsport Leipzig e.V. gerade mal 21 von Geldgeber Red Bull handverlesene Mitglieder – einer der Hauptkritikpunkte an dem "Konstrukt".

RB Leipzig
"Trümpfe ausspielen" - Choreo beim Saisonfinale in der Bundesliga gegen Schalke Bildrechte: MDR/Kups, Sven

Fans zeigen ihren Unmut

Dass es so ganz ohne Mitbestimmung aber auch nicht läuft, musste RB im Jahr 2019 erfahren, als die aktiven Fans aufbegehrten und ihren Unmut mit einem Banner ("Wir müssen reden – Dialog jetzt!") weithin sichtbar machten. Für Sebastian Horn war das eine besonders spannende Zeit, "weil da eine gewisse Emanzipation vom Verein stattgefunden hat". Man habe damals das Gefühl gehabt, "dass RB die Ideen und Wünsche der Fans nicht ernst nimmt".

Inzwischen, erklärt Horn, gebe es Strukturen, die die Kommunikation mit dem Verein einfacher gestalten. "Wir werden ernster genommen als noch vor einigen Jahren." Als einen Erfolg wertet er z.B. die Einbindung der Fans in die Stadiongestaltung. Und als nach Corona die Stimmung verbessert werden sollte, "hat es uns RB ermöglicht, die Tickets für den aktiven Fanblock selbst zu verwalten." Etwas enttäuschender endete dagegen das Ringen um das neugebaute Fanhaus: "Das haben wir eher als klassische Fanräumlichkeit gesehen und nicht als Kneipe. Aber da hat sich RB anders entschieden."

Fußballspiel 4 min
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4 min

Teutonia Ottensen, Hamburger SV, TSG Hoffenheim, Borussia Dortmund und SC Freiburg hießen die Gegner von RB Leizig auf dem Weg ins Finale. Hier gibt es noch einmal alle RB-Tore im Überblick.

Fr 02.06.2023 15:42Uhr 03:44 min

https://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/video-rb-leipzig-weg-ins-finale-100.html

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Sind RB-Fans wirklich so anders?

Der Eindruck trügt nicht: Die Fan-Themen sind alles andere als RB-spezifisch. Vor allem die aktiven Anhänger wollen als eigenständige Gruppe wahrgenommen werden und haben letztlich die gleichen Interessen und Bedürfnisse wie jede andere Fanszene in Deutschland. "Das bringt die Masse mit sich, die man an Fans aufbaut", sieht das Sebastian Horn pragmatisch. Deswegen sei auch die verstärkt aufkommende (und unter den aktuellen Voraussetzungen unlösbare) Diskussion über Pyrotechnik im Stadion völlig normal.

Nur das Tempo, mit denen die Probleme aufkommen, diskutiert und gelöst oder nicht gelöst werden, sei höher als woanders, findet der Fanvertreter. "Letztendlich bekommt unsere Szene eine Schnellbesohlung in Sachen 'Fansein'. Was wir in 14 Jahren erlebt haben, konnten die Fanszenen anderer Klubs über Jahrzehnte aufbauen."

Mit Selbstironie gegenhalten

Was die RB-Fanszene wiederum von Anfang an auszeichnet, ist die Fähigkeit zur Selbstironie. Man kokettiert damit, was man ist, woher man kommt und wie man gesehen wird. Und das auf verschiedene Art und Weise. Zum Beispiel gibt es einen Twitter-Space namens "Kundengespräch". Und die zum Klassiker gewordenen Liedzeilen "Wir sind Schweine, rote Bullenschweine, wir zahlen keinen Eintritt und trinken Champagner statt Bier" waren zuletzt im Stadion auch wieder hören.

Sehr zur Freude von Ronny Kügler, der stolz darauf ist, dass sich die Fanszene bei RB nicht so ernst nimmt: "Wenn man in die 'Alle Bullen sind Schweine'-Rufe der gegnerischen Fans selbst mit einstimmt, sind das für mich echt Gänsehautmomente. Weil man den Traditionsfans so auf lustige Art und Weise den Wind aus den Segeln nehmen kann."

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(Hinweis: Der Artikel wurde nach dem Pokalfinale in unwesentlichen Punkten aktualisiert.)

Videos zu den Pokal-Wettbewerben

Florian Kästner, Trainer FC Carl Zeiss Jena Frauen
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Marco Rose
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Das aberkannte Leipziger Tor in der 2. Spielminute gegen Real Madrid war Thema in der Pressekonferenz.

Mi 14.02.2024 01:58Uhr 00:48 min

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 04. Juni 2023 | 19:30 Uhr

68 Kommentare

Reisender vor 45 Wochen

@Bernd, wir wissen doch beide, wie es in den USA läuft. Hymne spielen , Hand ans Herz, Army-Hero huldigen und dann gehts los. Wenn das Publikum nicht mit geht- Kiss-Cam, make some noice, 10$Gutschein beim örtlichen Pizzalieferanten oder Coffee-Shop.
Da gibt es keinen Fanblock, weder beim Egg-Ball noch beim Fußball oder Giraffenhalma, geschweige denn beim Baseball oder Eishockey.
Das Ganze ist pure Unterhaltung, das einzig gute im US-Sport ist der Salary-Cup. Würde hier in D-Land aber niemand wollen, dann wäre ja mal wieder Chancengleichheit gewährleistet.

Bernd_wb vor 45 Wochen

Picknickkorb ist Spinnerei, denn bekommt man nicht ins Stadion. Dass da im Stadion welche sind die keine Ahnung von den Regeln haben gibt es wohl auch in anderen Stadion. Obwohl bei dem was sich die Regelkomission da so jedes Jahr ausdenkt sind es wohl die wenigsten die das noch verstehen. Gerade bei Hand oder Abseits.

Simmerl vor 45 Wochen

Vermutung: Je höher der Frauen und Kinderanteil im Ultrablock umso niedriger das Aggressionspotential. Und ja, eine Familie gibt nicht über 50% des Einkommens für Fußball aus. Der Alleinstehende ohne familiäre Verpflichtung schon. Das ist der Unterschied. Ich mag diesen hetorogenen Fanblock. Da macht man es schlichtweg nicht, dass man Oberkörperfrei seine Bierbauchwampe zeigt und unqualifiziert rumbrüllt. Aber man wird dies auch über die Zeit nicht verhindern können. Alles gleicht sich an. Der Kommerz reizt jeden Klub. Pyrotechnik und Randale reizt auch RB Begleiter.