Fußball | Regionalliga Analyse: Spielstarke Erfurter, CFC-Frühstarter, Leutzscher Freistoßexperten

Vor dem Wiederbeginn der Regionalliga Nordost an diesem Wochenende hat "Sport im Osten" die Stärken und Schwächen der mitteldeutschen Mannschaften in der bisherigen Saison unter die Lupe genommen. Wer trifft wie und wann und wer hat die beste Defensive?

Trainer Fabian Gerber (Erfurt)
Begeisterten in der Hinrunde mit tollem Offensivfußball: Trainer Fabian Gerber und Rot-Weiß Erfurt. Bildrechte: IMAGO / Bild13

Rot-Weiß Erfurt: Spielstark über 90 Minuten

Völlig zurecht steht Aufsteiger Rot-Weiß Erfurt auf dem zweiten Tabellenplatz und hat sogar Chancen, den Durchmarsch in die 3. Liga zu schaffen. Die Mannschaft von Trainer Fabian Gerber begeisterte die Fans in der Hinrunde mit tollem Offensivfußball, mit dem nur Spitzenreiter Energie Cottbus mithalten konnte. Hinter Cottbus (37 Tore) stellte Erfurt (36) den besten Angriff der Regionalliga.

Artur Mergel (Erfurt) und Kay Seidemann (Erfurt) jubeln
Kapitän Artur Mergel und Kay Seidemann haben erheblichen Anteil am Offensivfeuerwerk, das Rot-Weiß Erfurt in der bisherigen Saison gezündet hat. Bildrechte: IMAGO / Bild13

RWE gelang es, ein hohes Niveau über 90 Minuten zu halten. Während andere Mannschaften am Ende einbrachen, drehten die Thüringer noch einmal richtig auf: In der letzten Viertelstunde gelangen ihnen zehn Tore, das ist Liga-Bestwert. Diese Qualität verhalf den Erfurtern zu wichtigen Punktgewinnen in der Schlussphase: beim 1:1 in Luckenwalde (1. Spieltag, Tor von Roscher in der 94. Minute), beim 1:1 in Halberstadt (13. Spieltag, Moritz 94.) und beim 2:2 gegen Cottbus (14. Spieltag, Hajrulla 75. und 79.). Auch konnten sie bereits bestehende Führungen noch ausbauen und sich damit das beste Torverhältnis der Liga (+23) erarbeiten.

Tabelle 76. Minute bis Abpfiff
Platz Verein Tore Punkte
1. Rot-Weiß Erfurt 10:1 32
2. Energie Cottbus 9:5 26
3. Carl Zeiss Jena 6:1 23
4. Lok Leipzig 8:4 22
5. ZFC Meuselwitz 7:5 21
6. VSG Altglienicke 5:3 21

Auffällig ist weiterhin, dass die Erfurter für ihre zahlreichen Tore kaum Standardsituationen benötigten. Sie schafften es, durch teils wunderschöne Kombinationen aus dem Spiel heraus – wie beim herausragenden 6:2 gegen Babelsberg – die gegnerischen Abwehrreihen zu überwinden. Nur sechs ihrer 36 Tore fielen nach ruhenden Bällen (Quote: 16,7 Prozent). Zum Vergleich: Carl Zeiss Jena hat nur 22 Treffer erzielt – und zwar maßgeblich aus Standards: Vier verwandelte Elfmeter, zwei direkte Freistöße, zwei indirekte Freistöße und ein Eckball (Quote: 40,9 Prozent) stehen dem FCC zu Buche.

FC Rot-Weiß Erfurt - SV Babelsberg 7 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Und: Die Thüringer haben nicht nur einen Torjäger, die gesamte Offensivreihe um Kay Seidemann (acht Tore), Artur Mergel (acht), Romario Hajrulla (sechs) und Nazzareno Ciccarelli (vier) zeigte sich treffsicher.

Chemnitzer FC: Die Frühstarter

Der Chemnitzer FC hat sich nach einer Schwächephase im Herbst (12. Tabellenplatz am 8. Spieltag) wieder nach oben gekämpft und ist in Schlagdistanz zu Energie Cottbus und Rot-Weiß Erfurt. Die Chemnitzer gewannen sechs Spiele in Folge, ehe ein 1:1 gegen Hertha BSC II zum Jahresabschluss die Serie unterbrach.

Tim Campulka (14, Chemnitz) jubelt
Ende Novemberg erwischte der Chemnitzer FC einen Sahnetag gegen Carl Zeiss Jena – Tim Campulka hatte beim 4:0-Heimsieg bereits in der 25. Minute auf 2:0 gestellt. Bildrechte: IMAGO / Picture Point

Besonders stark sind die Sachsen in der Anfangsphase: In den ersten 30 Minuten gelangen ihnen 15 Tore und damit die meisten aller Teams in der Regionalliga Nordost. Die Erfolgsserie der Chemnitzer beruhte nicht zuletzt darauf, dass sie stets früh Druck machten und die Weichen schnell auf Sieg stellten. Beim 2:0 gegen Luckenwalde (Tore von Stagge in der 7. und Roscher in der 11. Minute), beim 4:0 gegen Meuselwitz (Zickert 8., Brügmann 19.), beim 2:0 in Babelsberg (Brügmann 6., Stagge 26.) und beim 4:0 gegen Jena (Löwe 17., Campulka 25.) waren sie in den ersten 30 Minuten sogar je zweimal erfolgreich.

Fußballspiel 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min

Der Chemnitzer FC hat Carl Zeiss Jena am Sonntag klar geschlagen und ist in der Tabelle auf Platz vier vorgerückt. Für den CFC war es der sechste Regionalliga-Sieg in Serie.

MDR aktuell 19:30 Uhr So 27.11.2022 19:30Uhr 00:28 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Tabelle 1.-30. Minute
Platz Verein Tore Punkte
1 Energie Cottbus 13:1 35
2 Chemnitzer FC 15:3 32
3 SV Babelsberg 03 9:4 30
4 VSG Altglienicke 14:6 25
5 Carl Zeiss Jena 6:4 25
6 Berliner AK 8:3 24

Carl Zeiss Jena: Sicher vom Punkt

Auch Carl Zeiss Jena hatte in der Regionalliga-Hinrunde eine Schwächephase zu überwinden. Nach dem Trainerwechsel von Andreas Patz zu Henning Bürger lief es dann wieder besser. Auch Jena befindet sich in Schlagdistanz zur Spitze, muss sich aber gerade im Offensivbereich noch steigern: 22 Tore bedeuten Platz elf in dieser Statistik.

Kevin Kunz
FC Carl Zeiss Jena: Kevin Kunz ist Stammkeeper der besten Defensive der Liga Bildrechte: IMAGO/Karina Hessland

Es hätten sogar noch weniger Treffer sein können, hätten die Jenaer nicht vier Elfmeter zugesprochen bekommen, von denen sie alle verwandelten. In dieser Hinsicht sind sie führend in der Liga. Zum Vergleich: Rot-Weiß Erfurt benötigte für seine 36 Tore nicht einen einzigen Strafstoß. Insgesamt wurden in der Hinrunde bislang 31 Elfmeter gepfiffen, von denen 24 verwandelt wurden (Quote: 77,4 Prozent). Greifswald hat als einzige Mannschaft zwei Elfmeter verschossen.

Elfmeter-Statistik
Verein Elfmeter Elfmetertore Quote
CZ Jena 4 4 100 %
Lok Leipzig 4 3 75 %
Chemnitz 3 3 100 %
Ch. Leipzig 3 2 67 %
Meuselwitz 1 1 100 %
RW Erfurt 0 0  
Halberstadt 0 0  

Interessant: Vom 6. bis zum 11. Spieltag erzielten die Jenaer in sechs Partien nur drei Tore – und alle per Elfmeter: beim 1:1 in Erfurt, beim 1:1 gegen Cottbus und beim 1:1 in Luckenwalde. In den drei anderen Duellen blieben sie gänzlich torlos.

Spieler von Jena spielt den Ball vom Elfmeterpunkt aus und erzielt den Führungstreffer. 5 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Immerhin, die Abwehrarbeit funktioniert: Jena kassierte bislang nur elf Gegentore, die wenigsten der Liga. Im eigenen Stadion landete der Ball sogar nur insgesamt zweimal im Netz der Thüringer. Die mit Abstand schlechteste Abwehr stellt übrigens Tennis Borussia Berlin mit 54 Gegentoren. Die Hauptstädter stehen auf dem vorletzten Platz und profitieren davon, dass Schlusslicht Germania Halberstadt noch kein einziger Sieg gelungen ist.

Chemie Leipzig: Die Freistoß-Experten

Chemie Leipzig kann mit der Hinrunde zufrieden sein. Die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic steht auf dem sechsten Tabellenplatz. Der BSG ist die eine oder andere Überraschung gelungen, etwa durch Siege gegen den Berliner AK, den Chemnitzer FC und Carl Zeiss Jena. Nur dem Lokalrivalen Lok Leipzig musste man sich zweimal geschlagen geben, sowohl in der Liga als auch im Landespokal.

Bemerkenswert ist, dass die Erfolge sowohl beim 1:0 in Chemnitz (7. Spieltag, Torschütze: Dennis Mast) als auch beim 1:0 gegen Jena (8. Spieltag Torschütze: Philipp Harant) auf direkt verwandelten Freistößen beruhten. Beim vorherigen 3:2-Sieg gegen den SV Lichtenberg 47 (4. Spieltag) versenkte die BSG sogar zwei direkte Freistöße in einem Spiel (Torschützen: Philipp Wendt und Florian Brügmann).

Insgesamt waren es vier Freistoßtreffer in der Hinrunde – noch dazu von vier unterschiedlichen Schützen, darunter drei Abwehrspielern. Die "Chemiker" sind wahre Experten auf diesem Gebiet. Und: Harants "Hammer" gegen Jena ist von den MDR-Zuschauern zum "Volltreffer der Woche" gewählt worden.

Chemie Torjubel nach dem 1:0 durch Philipp Harant (28, Chemie) 1 min
Bildrechte: Picture Point / Roger Petzsche
1 min

Freistoßhammer ins Glück: Das Tor von Philipp Harant brachte seiner BSG Chemie Leipzig nicht nur den Sieg gegen Carl Zeiss Jena, sondern auch den Wochenerfolg beim "Volltreffer".

Do 20.10.2022 10:56Uhr 00:16 min

https://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/video-volltreffer-der-woche-philipp-harant-bsg-chemie-leipzig-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Lok Leipzig: Comeback-Qualitäten

Direkt hinter Chemie in der Tabelle steht Lokalrivale 1. FC Lok Leipzig. Die Probstheidaer haben bislang acht Spiele gewonnen, das ist kein schlechter Wert. Auffällig ist, dass Lok in drei dieser acht Partien einen 0:1-Rückstand drehte. Ohne ihre Comeback-Qualitäten stünde die Mannschaft von Trainer Almedin Civa wesentlich schlechter da.

Trendwenden
Verein Siege nach 0:1-Rückstand Niederlagen nach 1:0-Führung
Lok Leipzig 3 0
Meuselwitz 2 0
RW Erfurt 1 0
Chemnitz 1 0
Ch. Leipzig 1 1
Jena 0 0
Halberstadt 0 1

Der 3:1-Sieg in Halberstadt (6. Spieltag) kam ebenso nach 0:1-Rückstand zustande wie der 2:1-Erfolg bei der VSG Altglienicke (10. Spieltag) und das 2:1 beim Berliner AK (14. Spieltag). Besonders in diesem Spiel zeigte sich, das man Lok immer auf dem Zettel haben sollte: Bis in die Nachspielzeit hinein hatte die Mannschaft zurückgelegen, doch dann drehten Farid Abderrahmane (92. Minute) und Mike Eglseder (94. Minute) das Spiel noch zugunsten der Leipziger.

Spieler von Lok Leipzig führt Eckball aus. 2 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

ZFC Meuselwitz: Schwacher Start, starker Schluss

Auch der ZFC Meuselwitz hat gleich mehrfach noch Punkte nach Rückstand gerettet: beim 3:1 gegen Luckenwalde und beim 2:1 gegen Hertha BSC II lag man jeweils zur Pause zurück und startete nach dem Seitenwechsel richtig durch. In der Tabelle der ersten Halbzeit stehen die Zipsendorfer auf dem 15. Platz, in der zweiten Halbzeit auf dem elften – und zwischen der 76. Minute und dem Abpfiff sogar auf dem fünften Rang. Ohne diese Qualität müsste der ZFC wohl den Abstieg noch viel mehr fürchten.

Allerdings: Den Meuselwitzern gelang als einziges Team neben Germania Halberstadt kein einziges Tor in den ersten 15 Minuten – dafür unterliefen ihnen gleich zwei Eigentore: beim 1:4 gegen Rot-Weiß Erfurt (0:1-Eigentor durch Felix Müller in der 12. Minute) und beim 2:5 in Altglienicke (0:1-Eigentor durch Felix Rehder in der 7. Minute).

Tabelle 1.-15. Minute
Platz Verein Tore Punkte
13 Lok Leipzig 1:3 13
  Greifswalder FC 1:3 13
15 Lichtenberg 47 2:5 13
16 TeBe Berlin 2:7 12
17 ZFC Meuselwitz 0:5 11
18 G. Halberstadt 0:6 9

Germania Halberstadt: Immerhin fair

Viel Gutes ist über die Hinrunde von Germania Halberstadt nicht zu sagen: noch kein Sieg, die wenigsten Tore geschossen (10), auswärts alle Spiele verloren. Die Sachsen-Anhalter müssen sich enorm steigern, um nach sechs Jahren Liga-Zugehörigkeit den Abstieg in die Oberliga doch noch verhindern.

Justin Eilers
Germania Halberstadt um Routinier Justin Eilers steht mit drei Punkten und nur zehn Toren schon fast abgeschlagenen am Tabellenende der Regionalliga Nordost. Bildrechte: IMAGO / Jan Huebner

Immerhin in einem Punkt belegt Halberstadt zumindest einen Mittelfeldplatz: in der Fairnesstabelle. 28 Gelbe und eine Rote Karte, das ist ein Durchschnittswert. Zum Vergleich: Der ZFC Meuselwitz kassierte mit 48 Verwarnungen die meisten der Liga, der FSV Luckenwalde steht mit insgesamt sechs Platzverweisen (fünfmal Gelb-Rot, einmal Rot) in dieser Hinsicht ganz oben. Den mitteldeutschen Fairnesspreis erhält übrigens Lok Leipzig: nur 24 Gelbe Karten (zweitbester Wert) und einmal Gelb-Rot.

Fairness (Quelle: transfermarkt.de)
Verein Gelb Gelb-Rot Rot
Lok Leipzig 24 1 0
Chemnitz 30 1 0
Halberstadt 28 0 1
Ch. Leipzig 31 1 0
RW Erfurt 29 0 1
CZ Jena 28 1 1
Meuselwitz 48 0 0

Videos aus der Regionalliga

ein Fußballer im Gespräch
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
2 min

Irwin Pfeiffer rettete Germania Halberstadt mit seinem Freistoßtor ein spätes Remis bei Viktoria Berlin. Mit dem Punkt zeigte er sich allerdings nur mäßig zufrieden.

Fr 17.03.2023 22:16Uhr 01:43 min

https://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/video-germania-halberstadt-viktoria-berlin-irwin-pfeiffer-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Tobias Müller
Tobias Müller Bildrechte: MDR/Sport im Osten
2 min

Die Spieler des Chemnitzer FC konnten sich nach der 0:1-Niederlage gegen Altglienicke wenig vorwerfen. Den wunden Punkt sprach Routinier Tobias Müller aber klar an.

Fr 17.03.2023 22:33Uhr 02:03 min

https://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/video-mueller-cfc-nach-niederlage-gegen-altglienicke100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Alle anzeigen (67)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 21. Januar 2023 | 16:00 Uhr

3 Kommentare

66BB1966RWE vor 9 Wochen

Gerade ich als Erfurter kann das gut nachvollziehen was dann eventuell passiert. Das sollte nicht negativ, oder arrogant rüber kommen. Wie viel sie nach der von dir genannten fetten Prämie immer noch Schulden haben, weiß keiner. Und Thiele spielt garantiert nicht nur für Ben Appel und nen Ei. Wie gesagt, ich wünsche keinem was schlechtes, außer denen die es nicht anders verdienen.

Chemieschwein vor 9 Wochen

sorry , aber als Erfurter in Sachen Kohle bei anderen die Finger in die Wunde zu legen .. ist schon weit daneben .. Cottbus bekommt demnächst ne fette Transfährpremie ..Ich denke schon , das die in die Reli gehen werden .

66BB1966RWE vor 9 Wochen

Gute Zusammenfassung. Auch wenn ich meinem RWE natürlich noch einiges zutraue, denke ich aber, das am Ende Cottbus und Chemnitz den Staffelsieg unter sich ausmachen. Was danach kommt ist das schmückende Beiwerk. Man kann nur hoffen, das der Erste dann auch die Relegation schafft. Wenn man liest, wieviel Schulden Cottbus jetzt schon hat, bleibt denen garnicht anderes übrig. Und ob man sich in der 3. Liga sanieren kann, stelle ich mal in den Raum. Nächste Saison wird es dann ein Hauen und Stechen um den direkten Aufstieg. Hoffen wir mal, das uns der Wettergott hold ist, damit es am Wochenende weitergehen kann. Allen eine gute Rückrunde. Nur der RWE 🔴 ⚪️

Aktuelle Meldungen aus der Regionalliga