Fußball | Regionalliga Bloß kein Risiko – Chemie Leipzig und der lange Weg zur Professionalisierung

Nach der feierlichen Einweihung der neuen Flutlichtanlage folgt nun der nächste Schritt der Entwicklung bei der BSG Chemie Leipzig: die Neubesetzung der sportlichen Leitung. Die Verantwortlichen betonen, dass sie mit Maß agieren und nichts überstürzen wollen. Noch ist nicht bekannt, wer die Aufgaben der sich im Sommer auflösenden "Quadriga" übernehmen soll.

Chemie Leipzig: Die Mitglieder der sportlichen Leitung "Quadriga" – (v.li.n.re.) Co-Trainer Christian Sobottka, Uwe Thomas, Cheftrainer Miroslav Jagatic und Daniel Heinze
Die "Quadriga": Co-Trainer Christian Sobottka, Uwe Thomas, Cheftrainer Miroslav Jagatic und Daniel Heinze. Bildrechte: BSG Chemie Leipzig
Chemie-Trainer Miroslav Jagatic im Interview 2 min
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Profifußball im Alfred-Kunze-Sportpark, mit Miroslav Jagatic an der Seitenlinie? Mit einer solchen Vorstellung kann der Trainer der BSG Chemie Leipzig durchaus etwas anfangen: "Das wäre eine schöne Sache", schmunzelt er im Gespräch mit dem MDR – wohl wissend, dass die Schaffung professioneller Strukturen nicht nur der Traum, sondern auch das Ziel der Grün-Weißen ist. Nachdem der Traditionsverein vor gerade einmal 15 Jahren in der 3. Kreisklasse ganz neu angefangen hatte, dann rasant nach oben kletterte und sich nach dem Wiederaufstieg 2019 in der Regionalliga festgesetzt hat, strebt er nun nach Höherem – wenn auch, und das ist und bleibt den "Chemikern" das Wichtigste, nicht überhastet, sondern Schritt für Schritt.

In dieser Regionalliga-Saison wollen sie in Leutzsch erst einmal die 40 Punkte erreichen, wovon sie bei noch zwölf ausstehenden Spielen nur noch vier Zähler entfernt sind. Diesen Zwischenschritt sollten sie also bis zum Saisonende problemlos gemeistert haben. Die Professionalisierung des Vereins hingegen ist langfristig angelegt, sie ist keine Sache von Monaten, sondern von Jahren. Und unter Zeitdruck setzen lassen will man sich in Leutzsch erst recht nicht: "Wir gucken, was die Zukunft mit sich bringt", so Jagatic.

Chemie Leipzig 3 min
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Jagatic absolviert DFB-Ausbildung, am AKS wird fortlaufend gebaut

Fakt ist natürlich: Auch wenn die Grün-Weißen von ihrem großen Ziel noch ein Stück entfernt sind, kommen sie ihm näher. An verschiedenen Stellen werden die konkreten Voraussetzungen dafür geschaffen. Jagatic zum Beispiel absolviert gerade beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) seine Fußballlehrer-Ausbildung, er gehört zu den 16 Teilnehmern des 69. Pro-Lizenz-Jahrgangs. Und auch am altehrwürdigen Stadion wird fortlaufend gebaut: Der Einweihung der neuen Flutlichtanlage im Januar beim 1:1 gegen Rot-Weiß Erfurt folgt die Sanierung der denkmalgeschützten Holztribüne auf der Gegengerade.

Ein wichtiger Schritt ist zudem die Neubesetzung der sportlichen Leitung. Nachdem die in den vergangenen anderthalb Jahren als "Quadriga" fungierenden Daniel Heinze, Uwe Thomas, Miroslav Jagatic und Christian Sobottka ihren Rücktritt von dieser Tätigkeit zum 1. Juli angekündigt hatten, ist man im Verein auf die Suche nach einer Nachfolge gegangen.

Chemie-Trainer Jagatic: "Wir haben ein Fundament geschaffen"

Auch an dieser Stelle zeigt sich, wie strukturelle Entwicklung konkret aussieht. Die "Quadriga", nach dem Rücktritt des sportlichen Leiters Andy Müller-Papra Ende November 2021 ins Leben gerufen, hatte ihre Aufgaben stets unter hoher Belastung absolviert, neben anderen Tätigkeiten, denen die Mitglieder des Quartetts normalerweise nachgehen. Jagatic ist bekanntlich zuallererst Trainer, und das soll er auch bleiben. Mit der Neubesetzung will man nun auch Entlastung schaffen: "Wir haben ein Fundament geschaffen, worauf man aufbauen kann", sagt Jagatic im Gespräch mit dem MDR. Nun sei die Zeit gekommen, "den Staffelstab weiterzugeben".

Konkrete Namen sind bisher nicht gefallen. Auch ein genauer Zeitraum, in dem die Professionalisierung erfolgen soll und man den Aufstieg in die 3. Liga anstrebt, ist bislang nicht genannt. Man wolle die Situation "jedes Jahr neu bewerten", sagt Jagatic: "Es kann schnell gehen, es kann länger dauern." Immer wieder betonen die Verantwortlichen, dass sie bloß nichts überstürzen wollen. Der Chemie-Weg soll einer sein, der nicht das Risiko in sich trägt, sich zu übernehmen und am Ende gar komplett abzustürzen, wie es Vorgängerverein FC Sachsen Leipzig leidvoll erfuhr.

Chemie-Sponsor und BSG-"Quadriga"-Mitglied Uwe Thomas 4 min
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4 min

Nach Andy Müller-Papras Rückritt Ende November 2021 trat der langjährige Leutzscher Manager & Sponsor Uwe Thomas als Mitglied der sportlichen Leitung wieder in die erste Reihe. Wie geht es weiter nach dem Quadriga-Ende?

Fr 10.03.2023 14:04Uhr 03:50 min

https://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/video-chemie-leipzig-quadriga-uwe-thomas-interview-100.html

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Uwe Thomas verspricht passende "Quadriga"-Nachfolge

Uwe Thomas erinnert daran, dass die "Quadriga" ursprüglich nur für sechs Monate geplant war, woraus nun 18 werden. "Der Arbeitsumfang war nicht mehr zu realisieren", sagte er dem MDR und verspricht, dass jemand kommen werde, "der die Arbeit genauso gut fortsetzen kann". Ebenso betont der langjährige Sponsor und frühere Manager, dass man die Professionalisierung "mit Weitsicht" angehen müsse.

Am Sonntag gegen den Chemnitzer FC (Anstoß: 16 Uhr, live im MDR) haben die Grün-Weißen zunächst die nächste Gelegenheit, das Punktekonto weiter zu füllen. Und dann? Wird man in Leutzsch sicher irgendwann auch höhere Ziele formulieren.

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mze

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 12. März 2023 | 16:00 Uhr

13 Kommentare

NeuerHeip vor 11 Wochen

Naja - der Lonzen ist ja beim FC Sachsen eingestiegen, um dann auf dessen Kosten sein Stadion zu finanzieren. Dabei hat der ganz bewusst den Verein in die Insolvenz gewirtschaftet. Das Ende war abzusehen.

Aber solche Helden hatten wir bei Lok leider auch, zuletzt den Gold Gas König, der Lok nach der Neugründung erneut an den Rand des Abgrundes brachte. Das ist Chemie erspart geblieben, weil die auf eigene bodenständige Leute setzen.

Das ist auch der Unterschied zwischen Lok und Chemie.
Lok will mehr, als die Möglichkeiten hergeben. Und wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, gibt es Frust.

Chemie macht das besser. Würden die in die Regionalliga aufsteigen, dann würden die jedes Spiel feiern, auch wenn sie wieder absteigen.
Lok würde vom Ziel Klassenerhalt reden und die Zuschauer frustriert zu Hause bleiben, wenn man auf dem letzten Platz steht.

Dennoch Lok hat eine großartige Tradition. West-Mannschaft? - na die sollen mal kommen. Lok warf sie aus dem Pokal.

Hannchens Buridan vor 11 Wochen

Mich dünkt, so mancher Loki schaut nun neidsich nach Leutzsch rüber, dort wurden nicht unnötige 30 TE für die Lizensierung in Liga 3 ausgegeben. Chemie bodenständig, Lok größenwahnsinnig.

Filipovic vor 11 Wochen

Zitat: "Nun ja - dasselbe gab es vorher schon bei Lok und da konnte man ja nicht hinter zurückstehen."

Das ist so nicht richtig. Die Mehrzahl unserer Fans damals hatten gar keine andere Möglichkeit gehabt, als diesen neuen Weg zu gehen. Der FC Sachsen war kein Leutzscher Verein mehr, der Umzug ins Zentralstadion der Sargnagel.
Ich bin so froh über diese damalige Entscheidung und den eingeschlagenen Weg.
Das alles hat nichts, aber auch gar nichts mit der Neugründung von Lok vorher zu tun. Der VfB war gelöscht, der FC Sachsen existierte jedoch noch parallel.
Um zu höher ist diese damalige Chemische Entscheidung einzuschätzen.
Sport frei...

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