Chemnitzer FC 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Fußball | Regionalliga Vorwurf der Misswirtschaft beim Chemnitzer FC - Polster und Arnold in der Kritik

Recherche von Freie Presse und Sport im Osten

26. Mai 2023, 17:40 Uhr

Große Finanzkrise beim Chemnitzer FC! Präsidentin Romy Polster und Geschäftsführer Marc Arnold sehen sich heftigen Vorwürfen seitens der Gesellschafter ausgesetzt. Der MDR deckt die Hintergründe auf.

Der Chemnitzer FC steckt wieder in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten – nur etwas mehr als zwei Jahre nach dem offiziellen Ende der Insolvenz. 600.000 Euro werden am Saisonende fehlen, bestätigte Marc Arnold, der Geschäftsführer der Fußball GmbH. Und das, obwohl die Gesellschafter der CFC GmbH am 15. Mai aufgrund der prekären Finanzlage 500.000 Euro in den Verein gepumpt haben.

Arnolds Gehalt betrug im Maximalfall 11.400 Euro in einem Monat

Grund für das Minus sei ein "strukturelles Defizit auf der Einnahmenseite", sagte der Verein auf MDR-Anfrage. Es würde Geld bei Sponsoring- und Zuschauereinnahmen fehlen. Der Fehlbetrag sei hauptsächlich durch die hohen Personalkosten für die Profi-Mannschaft und die Geschäftsstelle entstanden. Klarer gesagt: Der CFC hat mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen hatte. Zu den Kosten der Geschäftsstelle gehört auch das Gehalt von Arnold, das nach MDR-Informationen bei einem Grundgehalt von 7.500 Euro lag und mit Erfolgsprämien in einzelnen Monaten auf maximal 11.400 Euro steigen konnte.  

Peer Vorderwülbecke 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

2.500 Euro Einnahmen bei ausverkauftem DFB-Pokal-Spiel

Janik Haberer 19, Union und Tobias Müller / Mueller 38, Chemnitz
Beim DFB-Pokal-Spiel gegen Union Berlin war das Stadion voll - nur der Verein hatte nichts davon. Bildrechte: IMAGO/Picture Point

Die letzte Saison hatte der CFC mit einem Minus von knapp 350.000 Euro abgeschlossen. Damit der Verein nicht mehr über seine Verhältnisse wirtschaftet, wurden sogar die Satzung geändert und dem Vorstand mehr Pflichten auferlegt. Demnach muss der Aufsichtsrat vom Vorstand "mindestens vierteljährlich" Berichte über die wirtschaftliche Lage erhalten, in Form eines Managementberichts nach kaufmännischen Grundsätzen. Wenn das tatsächlich so eingehalten worden wäre, hätte der Aufsichtsrat bereits im Dezember wissen müssen, dass schon bis dahin ein Defizit von 322.000 Euro aufgelaufen war. Dabei gab es im Sommer 2022 das DFB-Pokal-Spiel gegen den Erstligisten Union Berlin. Eigentlich ein Geldsegen für den Verein. Doch im Catering verdiente der Verein trotz ausverkauften Hauses nur 2.500 Euro. Den Großteil des Gewinns strich die Polster Sport Catering GmbH ein.

Catering-Vertrag kann von Polsters Firma einseitig bis 2037 verlängert werden

Bei der Firma hat CFC-Präsidentin Romy Polster Prokura, also die handelsrechtliche Vollmacht, alle Arten von Rechtsgeschäften für den Betrieb vorzunehmen. Polster Sport Catering übernimmt auch bei den Ligaspielen die Bewirtung im Stadion und VIP-Bereich. Der Catering-Vertrag wurde mehrfach abgeändert – und zwar offensichtlich zum finanziellen Nachteil für den Chemnitzer FC. Vier Fassungen dieser Änderungen liegen dem MDR vor. Dazu kommt: Der aktuelle Kontrakt mit Polster Sport Catering läuft bis 2027 und kann von Polster bis 2037 verlängert werden. Eine derartig lange Vertragslaufzeit dürfte im deutschen Profifußball nirgends sonst zu finden sein. Dazu sind die Einnahmen für den Verein gedeckelt. Vergleichbare Regionalligisten erzielen aus dem Catering deshalb bis zu drei Mal mehr Gewinn. Und dieses für den CFC nachteilige System wurde auch bei dem zweiten großen Pokalspiel gegen Aue im März 2023 angewandt. Obwohl der Vertrag mit Polster Sport Catering nur für Ligaspiele gilt.

Arnold verzichtete auf mögliche Neuverhandlung des Caterings zu Pokalspielen

Mannschaft des Chemnitzer FC bejubelt das 1:0, dahinter Bengalisches Feuer, Bengalos der Fans des Chemnitzer FC, Furkan Kircicek Chemnitzer FC li., erzielte das Tor.
Auf dem Platz feierten die CFC-Profis eine überraschende 3:0-Party gegen Drittligist Aue, doch die CFC-Kassen blieben leer. Bildrechte: IMAGO/Eibner

Aber Marc Arnold hat als Geschäftsführer der GmbH darauf verzichtet, die beiden Top-Pokalspiele mit Polster Catering auszuhandeln. Auf MDR-Anfrage schreibt Arnold: "Die Absprachen sind, wie in den Vorjahren, zwischen beiden Parteien mündlich geführt worden. Die branchenübliche Endabrechnung erfolgt nach dem Ende der Spielzeit." Ein CFC-Insider versichert dem MDR, dass Arnold mehrfach auf die Notwendigkeit einer Neuverhandlung hingewiesen worden ist. Am Ende blieb dem CFC nach dem Pokalspiel gegen Aue vor 14.000 Zuschauern erneut nur ein bescheidener Ertrag aus dem Catering in Höhe von 2.500 Euro. Zu diesem Zeitpunkt haben nach MDR-Informationen schon viele in der CFC-Führungsetage über die finanzielle Schieflage des Vereins gewusst.

Polster kassiert wohl bis zu 60.000 Euro Gehalt von der CFC GmbH

Dazu kommt, dass Polster keineswegs ehrenamtlich für den CFC arbeitet. Für das Amt der Präsidentin erhält sie zwar keine Vergütung. Sehr wohl aber für die Arbeit für die Chemnitzer FC Fußball GmbH. Der Verein hat dem MDR bestätigt, dass Polster einen Arbeitsvertrag mit der GmbH hat. Die Frage nach der Entlohnung beantwortete der CFC nicht. Nach übereinstimmenden Informationen mehrerer MDR-Quellen soll das monatliche Gehalt bei 5.000 Euro im Monat liegen. Sollte diese Zahl stimmen, würde der finanziell angeschlagene Verein 60.000 Euro pro Jahr an Polster überweisen.

Wenige Personen haben viel Macht beim CFC

Aufsichtsratsmitglied Grit Hoffmann (Chemnitzer FC)
Aufsichtsratmitglied Grit Hoffmann hat ebenfalls Doppelfunktionen beim CFC. Bildrechte: IMAGO / Picture Point

Trotzdem hat nach Informationen eines CFC-Insiders niemand gewagt, Polster offen zu kritisieren. Denn die resolute 61-jährige Unternehmerin ist nicht nur Präsidentin des Vereins, sie hat auch noch Prokura in der Chemnitzer FC Fußball GmbH, hat also die handelsrechtliche Vollmacht, alle Arten von Rechtsgeschäften für den Betrieb vorzunehmen. Außerdem ist sie als Investorin Mitglied der Gesellschafterversammlung GmbH. Die Machtfülle hat beim CFC System. So hat Grit Hoffmann ebenfalls Prokura in der GmbH und ist gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied. Sie kontrolliert sich also quasi selbst. Nebenbei ist sie noch die Vertreterin vom ehemaligen Brustsponsor Niles-Simmons-Hegenscheidt in der Gesellschafterversammlung der GmbH. Auch Marc Arnold ist nicht nur Geschäftsführer der CFC-Fußball-GmbH, sondern auch noch Mitglied des Vereinsvorstandes.

Wenige Personen haben also viel Macht beim Chemnitzer FC. Und darunter leidet offensichtlich die Transparenz und die Kontrolle. So haben sechs der elf GmbH-Gesellschafter am 10. Mai einen Katalog mit 21 Fragen an Marc Arnold geschickt. Der überwiegende Teil enthielt sehr präzise Nachfragen zu Einzelheiten des Caterings. Die meisten Fragen bleiben unbeantwortet, speziell zum Thema Catering. Trotzdem haben alle Gesellschafter am 15. Mai entschieden, gemeinsam der GmbH noch einmal 500.000 Euro zur Verfügung zu stellen. So konnte der finanzielle Kollaps wohl abgewendet werden.

Polster brach ihr Rücktrittsversprechen

Mehrere GmbH-Gesellschafter hatten für diese Zahlung eigentlich eine Bedingung gestellt: Den Rücktritt von Romy Polster. Das haben mehrere Mitglieder der Gesellschafterversammlung dem MDR bestätigt. Diesen Rücktritt hat Polster an diesem 15. Mai wohl auch zugesagt. Um kurz darauf mitzuteilen, dass sie ihre Prokura in der GmbH zurückgeben wolle – nicht aber ihr Präsidentenamt. Für die Abberufung der Präsidentin ist eine Dreiviertelmehrheit im Aufsichtsrat nötig. Die haben die Polster-Gegner aber bislang nicht. "Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung wurden gegeneinander ausgespielt. Die Vertuschung ist gravierend und die Prozesse sind uns schleierhaft", sagte ein Mitglied der Gesellschafterversammlung dem MDR.

Eine Frau und ein Mann stehen auf dem Fußballplatz.
Für Romy Polster und Marc Arnold weht in Chemnitz gerade ein kühler Wind. Bildrechte: IMAGO / Picture Point

Ist der Drittliga-Aufstieg 2024 schon vom Tisch?

Trotz der Finanzspritze ist die finanzielle Situation des CFC weiterhin prekär. Gestern (25.05.) verkündete der CFC via Pressemitteilung, dass alle sieben auslaufenden Spieler-Verträge nicht verlängert werden. "Unsere Gesellschafter haben den klaren Auftrag gegeben, die Personalkosten deutlichst zu senken, um zukünftige finanzielle Defizite zu vermeiden", schreibt der Verein. Der Kader wird aus Geldmangel voraussichtlich mit Spielern aus der eigenen U19 aufgefüllt.

Damit dürfte ein Aufstieg in der kommenden Saison kein Thema mehr sein. Vielmehr wird es darum gehen, die Klasse zu halten. Sportlich wird es also einen drastischen Neuanfang geben. Ob es den auch in der Vereinsspitze gibt, ist derzeit fraglich.

Videos aus der Regionalliga

Die Fußballmannschaft von Energie Cottbus verabschiedet sich nach einem Spiel von der eigenen Fankurve.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
4 min

Energie Cottbus hat im Kampf um den Staffelsieg einen Dämpfer einstecken müssen. Beim FC Carl Zeiss Jena kamen die Lausitzer nur zu einem Remis.

Sport im Osten Sa 06.04.2024 14:00Uhr 04:01 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Chemie Leipzig - Kids
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Alle anzeigen (121)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 25. Mai 2023 | 21:45 Uhr

48 Kommentare

Dreissiger vor 47 Wochen

Leipzig ist allerdings noch einen Deut schmutziger. Ich war kürzlich in meiner alten Heimat Connewitz, oh Gott. Es ist gut, wenn man die Augen auch ab und zu mal öffnet.

Dreissiger vor 47 Wochen

Und ist Dein Abstiegsverein besser? Sinnlose Trainerentlassung einschl. Sportdirektor, "toller" Schulden stand...
Die ewige Nazi Keule kannste weglassen, zuviel Nancy zugehört.

GEWY vor 47 Wochen

Es ist gut, dass der MDR berichtet. Danke. Aber es geht um das Wie. Am 25.5.23 kam die Meldung , dass der CFC finanzielle Probleme bekannt gegeben hat und sparen muss. Und was wird daraus gemacht? Nichts. Es wird nicht aufgeklärt sind es Verluste, sind diese durch das Eigenkapital gedeckt oder werden es Schulden? Nein es wird alles mit einem wirtschaftlichen Problemen mit einem Dienstleisters verknüpft der sich vermutlich durch Unregelmäßigkeiten, auch in der Vertragsgestaltung, bereichert haben soll. Dass das in dem Zusammenhang "einen Geschmack" hat weil beide Vertragspartner Funktionen beim CFC begleiten ist unstrittig. Hat aber mit Sport nichts, absolut nichts zu tun und gehört genau genommen in die Rubrik Wirtschaft. Und weil die Autoren in dem Beitrag vom 26.5.23 das alles miteinander vermischen ist unseriös und ein Markenzeichen von Herrn Vorderwülbecke wenn es gegen Chemnitz geht. Der andere Autor, naja, eben Freie Presse.

Aktuelle Meldungen aus der Regionalliga