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MDR-Umfrage zur Energie-KriseDrei mitteldeutsche Regionalliga-Klubs für Flutlichtspiel-Verzicht

von Tycho Schildbach und Patrick Franz

Stand: 20. August 2022, 13:44 Uhr

Jetzt ist die Energie-Krise auch im Fußball angelangt. Durch die steigenden Strom- und Gas-Preise explodieren die Kosten der Vereine, gerade für die Regionalligisten kann das finanziell gefährlich werden. Der MDR hat eine Umfrage unter den mitteldeutschen Viertligisten durchgeführt. Drei Klubs befürworten ein Aus für Flutlichtspiele.

Der 1. FC Lok Leipzig, Chemie Leipzig und der Chemnitzer FC können sich nach eigener Aussage vorstellen, Flutlichtspiele in diesem Herbst und Winter deutlich zu begrenzen beziehungsweise komplett darauf zu verzichten. Auf MDR-Anfrage teilte Lok Leipzig mit, dass man dies beim Nordostdeutschen Fußball-Verband (NOFV) anregt. Vereinsgeschäftsführer Martin Mieth erklärt dazu: "Aus meiner Sicht ist es aktuell und kurzfristig ein probates Mittel, Flutlichtspiele insbesondere in unteren Ligen zu minimieren, um Kosten einzusparen."

Lok Leipzig drohen 50.000 Euro Mehrkosten

Lok-Geschäftsführer Martin Mieth erwartet nachhaltigeres Wirtschaften mit Energie Bildrechte: imago/Picture Point

Der Traditionsklub rechnet mit einer Verdreifachung bis Verfünffachung der Energie-Ausgaben für Strom und Gas, absolut bedeutet das - nach Aussage des Klubs - mindestens 50.000 Euro mehr in dieser Saison. Außerdem argumentiert Lok mit der gesellschaftlichen Verantwortung. Mieth sagt: "Die Vereine können Beiträge leisten, indem sie nachhaltig wirtschaften und mit Energieressourcen besser umgehen." Mit der Anschaffung neuer Geräte und der Ausstattung der Trainingshalle mit LED-Lampen wolle der Klub 20 Prozent des eigenen Verbrauchs reduzieren. Geht es nach dem FCL, sollten Freitagabendpartien auf Samstag und Sonntag verlegt werden.

Chemie stellt Notwendigkeit von Flutlicht in Frage

Auch Chemie Leipzig nimmt diese Position ein. Laut Rechnung der Leutzscher kalkulieren sie nur im Kalenderjahr 2022 mit Mehrkosten von 15.000 Euro, davon 9.500 Euro für Strom und 5.000 Euro für Gas. "Die Notwendigkeit eines Flutlichtes in der Regionalliga wird unsererseits bereits seit 2020 in Frage gestellt", antwortet Chemie auf die MDR-Umfrage. Hintergrund ist, dass die Grün-Weißen gerade erst auf Druck vom NOFV ein Flutlicht bauen mussten, zwischenzeitlich die eigenen Fans sogar für eine mobile Flutlichtanlage aus Liverpool zehntausende Euro sammelten.

CFC würde frühere Anstoßzeiten mittragen

Der Chemnitzer FC kann sich im Winter sogar frühere Spielzeiten an Wochenenden vorstellen, damit das Flutlicht bei früher Dämmerung komplett ausbleiben kann. "Eine frühere Anstoßzeit in den dunklen Jahreszeiten würden wir mit tragen", erklären die Himmelblauen. "Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Anstoßzeiten für Zuschauer attraktiv bleiben, damit die mögliche Energieeinsparung nicht durch fehlende Zuschauereinnahmen wieder ausgehebelt wird."

Halberstadt: "Es sollten sicher auch Flutlichtspiele stattfinden"

Der FC Carl Zeiss Jena und Rot-Weiß Erfurt wollten vorerst keine Position zu diesem Thema beziehen. Germania Halberstadt sieht einen Flutlichtverzicht eher kritisch, obwohl sich der Klub selbst bemüht, die Beleuchtungszeit rund um Trainingszeiten kleinzuhalten. Durch bestehende Altverträge sind die Kostensteigerungen bei Strom, Wasser und Heizung für die Germania "noch im Rahmen. Abendspiele haben immer ihren besonderen Reiz und es sollten sicher auch welche stattfinden", antwortet Halberstadts Geschäftsführerin Marlen Kappe.

Meuselwitz: Abendspiele sollen "freiwillig" werden

Ähnlich sieht es in Meuselwitz aus. Präsident Hubert Wolf fürchtet aufgrund langlaufender Verträge "keine signifikante Betriebskostenerhöhung unserer Sportanlage". Trotzdem unterbreitete der ZFC-Boss Alternativvorschläge. Für ihn sollten Abendspiele "freiwillig" bleiben. "Es sollten die Flutlichtspiele stattfinden, die sich die Vereine wünschen, weil sie sich über ihre Kosten Gedanken machen", sagte Wolf. Er meinte damit, dass Spiele so zu einer besseren Sendezeit Mehrwerte bei der Vermarktung bringen und bei manchen Klubs so höhere Energiekosten dennoch überdecken.

Leuchtstärke-Reduktion als Ausweg?

Gleichzeitig plädiert Wolf zu prüfen, ob größere Flutlichtanlagen von 800 Lux auf 400 Lux heruntergeregelt werden können. Der Vereinschef erläutert: "Die Beleuchtungsstärke wächst exponentiell vom Energieeinsatz her. Durch Streulicht ist wesentlich mehr Energie notwendig. Für die doppelte Leistung braucht man also viermal so viel Energie und Kosten. Es wäre also klüger, hier zu reduzieren." Allerdings müssten die Lampen an den Masten dafür neu ausgerichtet werden.

Winkler sieht Zeitdruck - und überrascht

Was sagt der NOFV nun zu den Wünschen nach weniger Flutlichtspielen? Präsident Hermann Winkler betont: "Fakt ist, wir brauchen Flutlichtspiele, um den Spielplan zu schaffen. Vor allem in der Halbjahreszeit im Winter, wo es zu witterungsbedingten Spielausfällen kommen kann und weil wir auch Mittwochs-, Freitags-, Montagsspiele haben." Auffällig ist jedoch: Im gesamten Regionalliga-Saisonplan ist bisher kein einziger offizieller Spieltag unter der Woche angesetzt. Winkler sorgte jedenfalls für eine Überraschung, weil er noch vor vier Wochen in der Bild-Zeitung sagte: "Es wäre schlimm, wenn die Vereine gezwungen werden, teures Flutlicht anzumachen, um die Spieltage zu schaffen. Die Energiepreise explodieren so doll, dass wir im Prinzip die Vereine damit in die Insolvenz treiben."

Fördergelder für Betriebskosten - oder Infrastruktur?

Jetzt meint CDU-Mitglied Winkler: "Ich fordere von der Bundesregierung eine Unterstützung unserer Sportvereine." So könnten die Kommunen bezuschusst werden, in deren Hand sich viele Sportstätten befinden. Als Begründung führt Winkler das Verursacherprinzip an, das er durch die fehlgeschlagene Energiepolitik beim Bund sieht.

Auch Lok Leipzig, das freiwillig auf Flutlichtspiele verzichten würde, möchte finanzielle Hilfe, allerdings nicht hauptsächlich in Form von Betriebskostenzuschüssen. Martin Mieth argumentiert: "Wir brauchen die Unterstützung der Politik, aber es sollten nicht mit der Gießkanne Gelder ausgeschüttet werden. Denn es sollte darum gehen, die Vereine zum Sparen zu animieren, also eine Unterstützung in die Infrastruktur der Klubs zu geben, damit diese ressourcenschonender arbeiten können."

So viel Energie verbraucht ein Flutlicht-Duell

Fakt ist: Ein kleiner Regionalligist wie Meuselwitz verbraucht bei einem Flutlichtspiel 230 Kilowattstunden Strom, das ist so viel wie eine dreiköpfige Familie in einem Monat. Das Flutlicht im Stadion von Drittligist Dynamo Dresden frisst dagegen sogar knapp 1.500 Kilowattstunden, damit lebt eine dreiköpfige Familie ein halbes Jahr. Rot-Weiß Erfurts Geschäftsführer Franz Gerber mahnt da Geduld an: "Wir müssen erstmal abwarten, wo diese Krise wirklich hinsteuert. In sechs bis acht Wochen haben wir mehr Aussagekraft. Flutlichtspiele sind stimmungsmäßig etwas Besonderes. Wenn sich die Lage verschlechtert, wird die Politik dem sowieso Einhalt gebieten – und dann ist es eben so."

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 20. August 2022 | 16:00 Uhr

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