Fußball | RegionalligaNOFV-Experte Lindemann: Hoffnung, Warnung und Enttäuschung vor Präsidiumssitzung
Fußballexperte Lutz Lindemann hofft auf eine neue Regionalliga-Aufstiegsregelung. Zugleich warnt er. Kritik übt Lindemann an Präsident Hermann Winkler - für die Installierung eines machtlosen NOFV-Expertenrats. Der NOFV-Chef wehrt sich.
Wenn am heutigen Freitag (14.10.2022) das Präsidium des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes zu einer Sitzung zusammenkommt, soll es unter anderem um die Regionalliga-Aufstiegsregelung gehen. Das NOFV-Präsidium will sich mit allen ostdeutschen Verbandschefs darüber verständigen, ob der Verband einen Antrag von verschiedenen Vereinen zur Reformierung des Aufstiegs in die 3. Liga unterstützt.
Lindemann: "Zustand ist unhaltbar"
Für "Sport im Osten"-Fußballexperte Lutz Lindemann ist eine Neuregelung überfällig: "Ich unterstütze das von ganzem Herzen. Dieser Zustand ist für keinen Verein haltbar", sagte der 73-Jährige, der einst bei Carl Zeiss Jena, dem Halleschen FC oder Erzgebirge Aue in verschiedenen Positionen tätig war. "Es ist nicht zu rechtfertigen, dass westdeutsche Vereine einen Freibrief haben, auch wenn man sagt, sie haben mehr Mitglieder oder mehr Mannschaften".
Antrag auf außerordentlichen DFB-Bundestag
Vor gut einer Woche hatten sich fast alle Vereine aus der Regionalliga Nordost mit einem Antrag an den NOFV gewandt. Darin wird der Verband aufgefordert, einen außerordentlichen DFB-Bundestag einzuberufen, auf dem die Aufstiegsregelung in die 3. Liga neu bestimmt werden soll. Aus den derzeit fünf Regionalligen steigen die Meister der West- und Südwest-Staffel jedes Jahr direkt auf. Aus dem Nordosten, dem Norden und Bayern wechselt jedes Jahr der direkte Aufsteiger. Die anderen beiden Meister ermitteln in zwei Relegationsspielen den vierten Aufsteiger. Mit der Neuregelung soll der Aufstieg nach dem Willen der Antragssteller gerechter und fairer gestaltet werden.
"DFB hat kein Interesse"
Lindemann wünscht sich eine Neuregelung, räumt aber ein: "Ich glaube, dass der DFB kein Interesse daran hat, dass es hier eine faire Regelung gibt." Hinzu kommt, dass die Nordost-Regionalligisten auch keine Unterstützung aus dem Norden und Bayern bekommen. Auf "Sport im Osten"-Nachfrage reagierten beide Landesverbände ablehnend oder abwartend auf Reformideen.
Bayern ablehnend - Norden abwartend
Der Bayrische Fußball-Verband verweist auf ein Grundsatzpapier aus diesem Jahr, in dem die bayrischen Vereine "einer Zersplitterung … in unterschiedliche Gruppen eine klare Absage" erteilten. "Eine angestrebte Reduzierung der bisher fünf Regionalligen in Deutschland auf vier Ligen" dürfe "auf keinen Fall zur Folge haben …, dass Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zu einer Liga zusammengefasst werden." Der Norddeutsche Fußballverband erklärte, es gäbe "unseres Wissens … zurzeit keine Aktivtäten seitens der Vereine der Regionalliga Nord der Herren zur aktuellen Aufstiegsregelung."
Lindemann: "Regionalliga-Auflösung verhindern"
Wichtig ist auch Lindemann, dass eine Neuformierung der Regionalligen nicht darin bestehen kann, die ostdeutschen Fußballklubs in westdeutsche Regionalligen zu integrieren. "Es muss verhindert werden, dass der Verband und die Liga aufgelöst werden. Hier hängen Traditionen dran", erklärt der frühere DDR-Nationalspieler. "Es darf keine Spaltung geben. Dann verlieren wir ein großes Stück der eigenen Souveränität. Ich kann nur hoffen, dass die Verbandspräsidenten in unseren Ostverbänden eine einheitliche Stimme abgeben."
Kritik an Winkler: Expertenrat "eine große Enttäuschung"
Selbst kann Lindemann keinen Einfluss auf ein Votum des NOFV nehmen. Der frühere Fußballfunktionär wurde Anfang des Jahres zwar öffentlichkeitswirksam in einen so genannten NOFV-Expertenrat berufen. Doch das Gremium, das Fachkräfte verschiedener Professionen verbinden und den NOFV laut Präsident Hermann Winkler zum "besten und stärksten Regionalverband" machen sollte, ist laut Lindemann ein zahnloser Tiger.
"Ein Riesenfehler"
"Der Expertenrat wurde einberufen von unserem Präsidenten. Man hat sich zu einer konstituierenden Sitzung in Leipzig getroffen, ohne vorher mit dem Expertenrat zu reden, was er überhaupt für Rechte hat", erklärt Lindemann frustriert: "Das ist eine große Enttäuschung. Erst hätte man ein Konzept erarbeiten müssen und dann an die Öffentlichkeit gehen. Sie haben es andersrum gemacht. Das war ein Riesenfehler. Da bin ich sehr enttäuscht."
Winkler: "Das war ein Eigentor"
Der angesprochene Präsident Winkler reagierte auf die Lindemann-Kritik: "Das war wohl ein Eigentor, lieber Lutz, denn der Expertenrat soll als unabhängiges Gremium selbstständig Themen bearbeiten und eben nicht auf Vorgaben vom NOFV warten", ließ der NOFV-Chef verlauten und erklärte: "Er hat zwar keine Kompetenz, Beschlüsse im Verband zu fassen, es können jedoch Vorschläge und Handlungsempfehlungen gegeben werden. Aber dieses Missverständnis sollten wir erst mal unter uns besprechen. Was unser Fußball jetzt nicht braucht, ist unnötiger Streit in der Öffentlichkeit. Das schwächt nur unsere Position."
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Dirk Hofmeister
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 15. Oktober 2022 | 16:00 Uhr
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