Fußball | RegionalligaFC Rot-Weiß Erfurt ist die Nummer eins – Machtwechsel in Thüringen?
Die einen wollten um den Staffelsieg mitspielen, die anderen schnell die Punkte für den Klassenerhalt sammeln. Doch nach elf Spieltagen steht Rot-Weiß Erfurt weit oben, Carl Zeiss Jena dagegen im grauen Mittelfeld.
So schnell können sich die Zeiten ändern im Fußball: Vor einem Jahr kickte der FC Rot-Weiß Erfurt noch in der Oberliga, es war noch nicht abzusehen, ob es mit dem Aufstieg klappen könnte. Dagegen kämpfte der FC Carl Zeiss Jena bis zum Saisonende um den Staffelsieg eine Liga höher. Jetzt, nach elf Spieltagen in der Regionalliga Nordost, hat RWE 23 Punkte auf dem Konto, ist nach zuletzt vier Siegen in Folge schon Tabellendritter, während Jena seit sechs Spielen auf einen Dreier wartet, mittlerweile mit 18 Punkten im grauen Mittelfeld der Liga angekommen ist.
RWE "vor dem anderen Gegner aus Thüringen"
"Wir sind als Team eingeschworen, sind super als Mannschaft. Vor dem anderen Gegner aus Thüringen zu stehen, macht Spaß", drückt Offensivmann Kay Seidemann das aus, was sicher viele Fans der Rot-Weißen denken. Man ist – zumindest momentan – wieder die Nummer eins in Thüringen. Und das hochverdient, wenn man sieht, welch attraktiven Fußball das Team von Trainer Fabian Gerber spielt. Der bleibt auch nach dem 2:0 in Greifswald auf dem Boden: "Das ist eine schöne Randnotiz. Wir nehmen einfach den Schwung mit. 23 Punkte, ich stehe jede Woche hier, kann es kaum glauben, wie toll die Jungs das machen. Der Nachbar aus Thüringen ist zweitrangig."
Ernüchterung in Jena – Patz in der Kritik
Und während man in der Landeshauptstadt mittlerweile damit umgehen muss, in den Spielen als "Aufsteiger" in der Favoritenrolle zu sein, herrscht an den Kernbergen trübe Stimmung. Das 0:0 gegen den SV Lichtenberg 47 war das fünfte Jenaer Unentschieden im sechsten Spiel – eins ging bei Chemie Leipzig mit 0:1 verloren. Erneut wurde auch aus dem Spiel heraus nicht getroffen, fehlte es aber auch an Ideen und Kreativität und an einem echten Leader, der die Mannschaft in solchen einer bescheidenden Situation mitreißen kann. "ForzaFCC" bringt es in einem Kommentar auf "Sport im Osten" auf den Punkt: "(...) Heute fährste nach Erfurt, blickst verschämt auf den Boden, versteckst dein FCC Emblem und hoffst, dass Dich kein Vieselbacher anspricht. So ändern sich die Zeiten. RWE spielt den Fußball, den wir gerne sehen würden (...)."
Trainer Andreas Patz rückt zudem bei den Fans immer mehr in den Mittelpunkt der Kritik. Zehn Punkte fehlen dem mit Aufstiegsambitionen gestarteten Team schon zu Spitzenreiter Berliner AK. "Wir sind auch enttäuscht, da muss man nichts schönreden. Wir agieren unglücklich und leisten uns individuelle Fehler. Wir haben gerade eine Scheißphase", bringt es der Coach auf den Punkt. Bedenklich ist allerdings, dass die Mannschaft seit Wochen auf diesem überschaubaren Niveau spielt, eine richtige Spielidee nicht zu erkennen ist. Maximilian Krauß, neben Keeper Kevin Kunz noch einer mit Normalform, erklärte nach der Nullnummer am Sonntag: "Wir müssen da schleunigst raus, jeder Fan hat recht, wenn er sauer ist." Der Knoten müsse platzen, "dann werden wir auch viele Tore schießen".
Gerber: "Auf dem Boden bleiben"
In Erfurt muss kein Knoten platzen, muss Trainer Gerber im Gegenteil massiv auf die Euphoriebremse treten. "Ich merke, wie sich das Blatt wendet, wie wir vom Underdog jetzt in Spiele gehen, wo man den Sieg erwartet. Wenn du oben stehst, bist du der Favorit. Aber wir bleiben auf dem Boden." Und lächelt dabei und weiß, dass dieser Erfurter Mannschaft in dieser Verfassung noch viel zuzutrauen ist. Ob es für ganz oben reicht, wer weiß, aber die Nummer eins in Thüringen ist nach den vielen Rückschlägen der letzten Jahre auch schon mal etwas.
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rei
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 06. November 2022 | 16:00 Uhr
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