Handball | Bundesliga Liga-Reduzierung und Playoffs: Mitteldeutsches Erstliga-Trio sauer über Bundesliga-Pläne für 2024
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Die Handball-Bundesliga der Frauen reduziert die Anzahl der Klubs ab 2024 von 14 auf zwölf und hat zudem Playoffs beschlossen. Bei den drei mitteldeutschen Erstliga-Vereinen sorgen diese Maßnahmen für großes Unverständnis.

Die Handball-Bundesligisten Thüringer HC, Union Halle-Neustadt und BSV Sachsen Zwickau haben die Reduzierung der Liga und die Einführung von Playoffs ab 2024 kritisiert. Ab der Saison 2024/2025 werden nur noch zwölf statt bislang 14 Vereine in der höchsten Klasse dabei sein können.
Mitte Mai hatten die Handball-Bundesliga der Frauen (HBF) und der Deutsche Handballbund (DHB) einen neuen Grundlagenvertrag beschlossen: "Wir haben mit der HBF ebenso kontrovers wie konstruktiv diskutiert. Der nun geschaffene Rahmen bietet großartige Entwicklungsmöglichkeiten für den Frauenhandball", hatte DHB-Präsident Andreas Michelmann zu dem bis 2027 gültigen Papier gesagt. Um Talente stärker fördern zu können, sollen die Bundesligisten künftig mit ihren 2. Mannschaften auch in der 16 Teams umfassenden 2. Liga spielen dürfen. "Uns ist bewusst, dass der neue Grundlagenvertrag eine Herausforderung für alle Beteiligten ist. Wir brauchen Energie, Geduld und gegenseitiges Verständnis, um diese Vereinbarung mit möglichst viel Leben zu füllen", so HBF-Chef Andreas Thiel.
THC-Trainer Müller: "Schwachsinnig und kontraproduktiv"
Das Verständnis hält sich beim Trainer des Thüringer HC, Herbert Müller, in sehr kleinen Grenzen, wie er im Gespräch mit "Sport im Osten" sagt: "Für mich ist die Reduzierung vollkommen schwachsinnig. In so einem großen Land wie Deutschland wird man ja wohl locker 14 Mannschaften auf die Platte bringen". Für die Förderung von Talenten sei das "absolut kontraproduktiv. Junge deutsche Spielerinnen haben eher in den Vereinen, die sich in der unteren Tabellenhälfte befinden, Spielanteile." Dass es mit weniger Bundesligisten weniger Belastung für Europacup-Teams gibt, der THC ist seit zwölf Jahren international dabei, ist für den 59-Jährigen auch kein Argument: "Das lass ich auch nicht gelten. Wir lieben englische Wochen, wir lieben das Messen mit internationalen Gegnern, wir werben bei Neuzugängen ja auch mit dem Europapokal. 14 Bundesliga-Teams und international - das lässt sich locker vereinbaren."
Auch mit den Playoffs kann er sich nicht anfreunden: "Da kann ich mich an ein Halbfinale mit Nürnberg gegen Leipzig erinnern. Wir schlossen die Punktspielrunde als Erste ab, aber nach zwei Verletzungen unserer beiden besten Spielerinnen schieden wir gegen den HCL aus." Playoffs sind für ihn sportlich nicht gerecht: "Die Meisterschaft sollte anhand eines langen Jahres mit Hin- und Rückrunde entschieden werden." Herbert Müller stellt Vergleiche an: "Warum machen die Handball-Männer keine Playoffs? Das hat schon alles dort seinen Sinn."
Halle-Neustadts Sportchef Himborn: "Wer soll das bezahlen?"
In der "Mitteldeutschen Zeitung" weist Jan-Henning Himborn, der Sportchef von Union Halle-Neustadt, hin: "Vergangene Saison hätten wir als Achter in den Playoffs gegen Bietigheim gespielt und hätten realistisch gesehen zwei Klatschen kassiert. Da frage ich mich: 'Wer will das sehen?'" Der Spielmodus ist für ihn aus finanziellen Gründen schwierig: "Angenommen, die Playoff-Runde wird Anfang April gespielt, und wir scheiden aus. Dann müssen wir die Spielerinnen dennoch bis Ende Juni bezahlen - ohne dass Einnahmen hereinkommen. Wer soll das bezahlen?"
Auch die Verkleinerung der Bundesliga betrachtet er skeptisch: "Dadurch nimmt der Ergebnisdruck enorm zu, der Raum für Fehler wird kleiner. Als Konsequenz müssen die Vereine verstärkt auf gestandene Spielerinnen aus dem Ausland setzen, die Einsatzzeiten für junge deutsche Spielerinnen werden weniger. Das ist nicht der richtige Weg, um den Frauen-Handball voranzubringen."
Zwickaus Geschäftsführer Rentsch: "Hätte die Liga vergrößert"
So wie Himborn es beschreibt, hat es der BSV Sachsen Zwickau nun auch gemacht. Der letztjährige Aufsteiger, der sich erst in der Relegation gegen Göppingen retten konnte, hat nun etablierte Kräfte aus dem Ausland verpflichtet. Sechs der acht Neuen kommen aus Skandinavien, den Hintergrund erläutert Trainer und Geschäftsführer Norman Rentsch im MDR-Interview: "Ich selbst arbeite gerne mit Talenten, aber mein Verein hat sich entschieden, auf fertige Spielerinnen zu setzen." Und da könne Zwickau aus finanziellen Gründen ohnehin nicht auf den deutschen Markt schauen. Also ging der Blick in den Norden Europas, wo Neue mit guter Mentalität und bezahlbaren Gehaltsvorstellungen warteten.
Statt einer Verkleinerung "hätte ich die Liga sogar vergrößert, um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, sich mit den Besten zu messen." So müssten die Klubs zunächst darauf schauen, die zu holen, die schon ein gewisses Niveau haben: "Die Talente können sich so weniger entwickeln. Das ist schon verwunderlich, wenn man es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Nationalmannschaft zu entwickeln. Ob das der richtige Weg ist, bezweifele ich".
Auch von der Einführung der Playoffs "bin ich kein Freund von. Die bisherige Variante ist für mich die fairste. Was passiert, wenn es Corona in dieser Phase gibt? Oder schwerwiegende Ausfälle?".
Offiziell hat eine Mehrheit der Bundesliga-Klubs dem Grundlagenvertrag zugestimmt. In Mitteldeutschland ist von einer Zustimmung nicht viel zu spüren.
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cke/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 08. Juli 2022 | 12:40 Uhr
SGDHarzer66 vor 36 Wochen
Ganz meine Meinung - diese Entscheidung ist weltfremd, kostspielig und willkürlich. Wünsche allen 3 mitteldeutschen Teams das sie gut durchkommen!
Regional vor 36 Wochen
Wenn Funktionäre über Dinge entscheiden von denen sie keine Ahnung haben kommt so ein Schwachsinn raus. Einfach unverständlich.