Bergleute arbeiten in einen Stollen
Für unterirdische Atommüll-Lager müssen bestimmte geologische Voraussetzungen erfüllt werden. (Symbolbild) Bildrechte: imago/photothek

Radioaktive Abfälle Atommüll-Endlager-Suche: Massiver Widerstand der Parteien in Thüringen

28. September 2020, 19:56 Uhr

Etwa 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Müll aus Atomreaktoren hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland angesammelt. Wohin damit? Weite Teile Thüringens erfüllen einem Bericht zufolge die geologischen Voraussetzungen für eine Endlagerung.

Weite Teile Thüringens bieten nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung günstige geologische Voraussetzungen für ein Atommüll-Endlager. Dazu gehören Steinsalzlagerstätten in Nord-, Mittel- und Südwestthüringen, aber auch eine Gesteinsformation, die sich entlang des Thüringer Waldes etwa von Eisenach in Richtung Apolda erstreckt. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht der Bundesgesellschaft hervor.

Danach entfallen vier der bundesweit etwa 90 Gebiete, die für ein Atom-Endlager infrage kommen, auf Thüringen - immerhin 9.105 Quadratkilometer oder etwa 60 Prozent der Landesfläche. Alle 23 Kreise und kreisfreien Städte werden von dem Gebiet erfasst.

Deutliche Reaktionen aus der Thüringer Politik

Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) machte zunächst deutlich, dass Thüringen die Standort-Suche konstruktiv begleiten werden. Dafür seien extra drei weitere Geologen bei der Landesanstalt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz eingestellt worden.

Siegesmund verwies darauf, dass es eine Reihe von Ausschlusskriterien gibt, die auf Thüringen zutreffen könnten. Dazu gehörten der Einfluss von früherem Bergbau, seismische Aktivitäten sowie großräumige Vertikalverschiebungen. Nach ihren Angaben hat Thüringen eine Fachgruppe gebildet, die das Verfahren begleiten soll. Zu den sechs Fachleuten würden auch Vertreter der Städte, Gemeinden und Kreise hinzugezogen, so die Ministerin.

Thüringer Landtags-Fraktionen kündigen Widerstand an

Mehrere Landtagsfraktionen signalisierten Widerstand gegen ein Atom-Endlager in Thüringen. Innenminister und neuer SPD-Chef Georg Maier sprach sich gegen einen Standort in Ostdeutschland aus. "Bei der Endlagersuche muss auch einbezogen werden, das die Atomwirtschaft stark westdeutsch geprägt war und beispielsweise auch die Gewerbesteuern dort vereinnahmt wurden", erklärte er.

Jetzt den Atommüll weitgehend in Ostdeutschland endzulagern, wäre ungerecht.

Georg Maier

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, erklärte: "Wir wollen hier in Thüringen keinen Atommüll. Der gefährliche Abfall soll da entsorgt werden, wo mit ihm Milliarden verdient wurden. Über 97 Prozent des deutschen Atomstroms wurden im Westen produziert."

Es kann doch nicht sein, dass Thüringen zum Atom-Klo wird.

Susanne Hennig-Wellsow

Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Gottweiss, äußerte sich zuversichtlich, dass Thüringen letztlich ohnehin nicht infrage kommt. Bei weiteren Untersuchungen würden sich sowohl die Thüringer Salzlager als auch die kristallinen Gesteinsschichten als ungeeignet erweisen.

"Hier gibt es für ein Atommüll-Endlager zu viele tiefreichende Störungszonen, durch die Zerfallsprodukte des strahlenden Abfalls wieder an die Oberfläche gelangen könnten", erklärte er. Auch seien die seismisch aktiven Regionen in Thüringen im Zwischenbericht nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es müsse darum gehen, unbeeinflusst von politischen Vorfestlegungen den Standort zu finden, der die wissenschaftlich begründet bestmögliche Sicherheit bietet, erklärte die Grünen-Abgeordnete Laura Wahl. Ähnlich äußerte sich der Fraktionschef der FDP, Thomas Kemmerich.

Gesteinsformationen in Thüringen mit Lager-Potenzial

Das am Montag veröffentlichte Dokument weist deutschlandweit 90 Gebiete aus, wo die geologischen Voraussetzungen für ein unterirdisches Lager günstig sind. In Thüringen trifft das für Steinsalz-Formationen im Norden, in der Mitte und im Südwesten zu. Außerdem halten die Experten Gesteinsformationen etwa auf einer Linie zwischen Eisenach und Apolda für geeignet.

Bevölkerungsdichte als Auswahlkriterium für Endlagerstätte

Die Gebiete sollen jetzt näher untersucht werden. Dabei werden auch weitere Kriterien wie die Bevölkerungsdichte berücksichtigt werden. Der Standort soll 2031 gefunden sein. Die Abfälle sollen ab 2050 eingelagert werden.

Eine Karte der Bundesgesellschaft für Endlagerung zeigt Gebiete, die als Endlager schon jetzt ausgeschlossen werden können - und Regionen, die näher untersucht werden. In Thüringen ungeeignet sind laut Zwischenbericht unter anderem die Region südöstlich von Saalfeld, westlich von Eisenach und ein Korridor zwischen dem Hainich und Stadtilm.

Quelle: MDR THÜRINGEN/dpa/mm/gh

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 28. September 2020 | 11:00 Uhr

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