Drei Ampullen mit Impfstoff, davor eine Spritze
Aus drei Impfampullen lassen sich 15 bis 18 Impfdosen gewinnen. Bildrechte: imago images/Laci Perenyi

Angebrochene Ampullen Wie in Thüringen mit übrig gebliebenem Impfstoff umgegangen wird

25. Januar 2021, 05:00 Uhr

In Thüringen ist bisher kein Fall bekannt, in dem angebrochene Covid-19-Impfstoffampullen entsorgt werden mussten. Damit das so bleibt, sollen die Impfteams Wartelisten mit potenziellen und impfberechtigten Nachrückern anlegen. In der Regel klappt das gut, aber es gibt Ausnahmen.

Die kleinen Glasfläschchen mit dem Impfstoff "BNT162b2" von Biontech/Pfizer und "mRNA-1273" von Moderna sind weltweit derzeit eines der gefragtesten Güter überhaupt. Entsprechend groß war das Aufsehen, das Medienberichte in Berlin erregten, als von weggeworfenem Impfstoff die Rede war. Die zuständige Gesundheitssenatorin dementierte dies. In Thüringen ist bisher kein Fall bekannt, in dem Impfstoff weggeworfen werden musste. Doch der Umgang mit dem in Thüringen bislang vorrangig benutzten Impfstoff von Biontech/Pfizer ist diffizil.

Ein äußerst sensibler Lebensretter

Denn BNT162b2 ist ein äußerst sensibler Lebensretter. Langfristig haltbar ist der Impfstoff nur tiefgekühlt bei -75 Grad Celsius. Schon im aufgetauten Zustand ist er bei normaler Kühlschranktemperatur nur noch fünf Tage haltbar. Besonders herausfordernd ist jedoch der Umgang  für die Impfteams, denn BNT162b2 verträgt keine Erschütterungen und ist daher schon in der Spritze aufgezogen nur noch etwa sechs Stunden haltbar. Bei Raumtemperatur - auf die der Impfstoff vor dem Spritzen gebracht werden muss - schmilzt die Haltbarkeit auf magere zwei Stunden zusammen. 

Dieser Umstand macht die Arbeit der derzeit 14 stationären und 15 mobilen Impfteams in Thüringen so schwierig. Denn Impftermine lassen sich zwar vereinbaren, absolut planbar sind sie deshalb aber nicht. Immer wieder kommt es vor, dass einzelne Patienten, die für eine Impfung vorgesehen waren, erkranken, den vereinbarten Termin verpassen oder sich sogar noch kurz vor dem Impfen um entscheiden. Im regulären Tagesablauf eines Impfteams ist das kein Problem, denn die schon aufgezogene Spritze kann für den nächsten Termin genutzt werden. Schwieriger wird es zum Ende der Schicht, wenn die Termine abgearbeitet sind und noch eine angefangene Impfampulle mit bis zu fünf Impfdosen übrig ist.

Impfteams sollen kleine Warteliste anlegen

In diesem Fall sind die Impfteams in Thüringen dazu angehalten, den Impfstoff aufzubrauchen und eine Entsorgung zu vermeiden, wie die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KVT) auf Anfrage von MDR THÜRINGEN erklärt. Hierzu sollen Heime, Impfstellenmanager und impfende Ärzte eine kleine Warteliste erstellen, die möglichst impfberechtigte Personen aufführt. Wer impfberechtigt ist, geht aus der Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Höchste Priorität haben demnach Menschen im Alter über 80 Jahre, medizinisches Personal sowie Pflegekräfte. Laut KVT kann übrig gebliebener Impfstoff auch im Team selbst verimpft werden.

"Wir schmeißen nichts weg!"

In der Regel klappt das recht gut, aber es gibt auch Ausnahmen. MDR THÜRINGEN ist ein Fall bekannt, indem eine 29-jährige Frau, die keine berufliche Priorität genießt, geimpft wurde, weil der Impfstoff andernfalls verfallen wäre. Ein Helfer des mobilen Impfteams, der anonym bleiben will, sagte MDR THÜRINGEN: "Das war eine absolute Ausnahme. Es war schon 22 Uhr, wir waren in einem Dorf mit 1.500 Einwohnern und wir mussten noch genau diese eine Impfdosis verspritzen. Also haben wir im Bekanntenkreis rumgefragt und sie hat sofort zugesagt." Weiter erklärte der Helfer, dass in seinem Impfteam die Devise gilt: "Wir schmeißen nichts weg!"

Bayern hat Polizei und Feuerwehr auf Nachrücklisten

Damit definitiv kein Impfstoff entsorgt werden muss, hat der Freistaat Bayern für diese Fälle eine elegante Lösung gefunden. "Im Fall eines drohenden Impfstoffverwurfs wegen Annäherung an die zeitlichen Bevorratungsgrenzen wird der Impfstoff regional rechtzeitig nicht nur der Polizei, sondern auch der Feuerwehr angeboten", teilte ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums mit. Bislang seien auf diese Weise noch keine Polizisten und Feuerwehrleute geimpft worden, eine entsprechende Telefonliste wird den Impfstellen jedoch zur Verfügung gestellt. Eine vergleichbar einfache Lösung gibt es in Thüringen bislang nicht.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 24. Januar 2021 | 07:00 Uhr

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