"Kleinbürger" vor dem "Erfurter Hof" erwartet

Am 16. März, drei Tage vor dem Gipfeltreffen, erreichte das Kanzleramt eine geheime Information über die Vorbereitungen der SED in Erfurt. Die Partei sei darauf bedacht, das Gipfeltreffen "sorgfältig gegen die mitteldeutsche Bevölkerung abzuschirmen". Es gebe die "Sorge", dass "unkontrollierte Massen" Brandt zujubeln könnten. Deshalb sei unter anderem geplant, dass bereits zwei Tage vor dem Gipfeltreffen "linientreue Parteigenossen" die Straßen im Erfurter Bahnhofsviertel beherrschen. Die Funktionäre der Staatssicherheit seien bereits in Erfurt angereist. Außerdem gelangte der BND an eine Informationsmeldung der SED-Kreisleitung Sondershausen. Auch darin wird über Diskussionen in der Bevölkerung berichtet, zum Gipfeltreffen nach Erfurt zu fahren.

Zwei Tage vor dem Treffen, am 17. März, fand die letzte Lagebesprechung mit dem BND-Präsidenten im Kanzleramt statt. Wessel referierte 20 Minuten und konnte punkten: Den Anwesenden präsentierte er ein mitgeschnittenes Telefonat zwischen Propagandachef Albert Norden und dem 1. Sekretär der Bezirksleitung Erfurt, Alois Bräutigam. "1.000 Genossen oder so viele wie Du für nötig erachtest" wollte der Spitzenfunktionär dem Erfurter Statthalter zur Verfügung stellen, "damit nicht etwa die Kleinbürger - besonders da in der Gegend Bahnhof, Erfurter Hof usw. - damit nicht Kleinbürger das Bild beherrschen ...." Die Information, dass die Telefonleitung eines SED-Spitzenfunktionärs erfolgreich angezapft worden war, war so brisant, dass Präsident Wessel die kleine Runde ausdrücklich auf den Schutz solcher Quellen hinwies. "Werden sie bekannt, wird DDR sie sofort stopfen".

"Vielleicht trage ich Eulen nach Athen", sagte Brandt-Berater Egon Bahr. Aber sei es nicht möglich, die Gespräche während des Treffens zwischen Stoph und Ulbricht mit Richtstrahlern zu erfassen? Wessel antworte kurz: "Sie tragen Eulen nach Athen." Die Runde lachte. Kanzler Brandt gab zu Protokoll, dass er an "allen Erkenntnissen zu Gespräch Erfurt" interessiert sei. Wessel versicherte, dass er alles in den Sonderzug nachschicken werde.

In der gleichen Lagebesprechung informierte der BND-Präsident über die Situation der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Das Kanzleramt hatte um Informationen gebeten, als kurzfristig der Besuch Brandts in der Gedenkstätte in den Reiseplan mit aufgenommen wurde. Wessel legte die Ergebnisse seiner Recherchen vor. Er versicherte, "dass Buchenwald nach 1945 nur von Sowjets als Internierungslager benutzt worden und Stoph nicht für Greueltaten verantwortlich sei." Der BND schickte noch einen Lageplan und eine "nähere Darstellung über die nunmehrige Ausgestaltung der Gedenkstätte" ins Kanzleramt. Die Dokumente hatte der Geheimdienst dem "Stadtführer Weimar" von 1969 entnommen. Das war scheinbar alles, was der BND in der Kürze der Zeit ermitteln konnte.

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