Gärtner im Weimarer Ilmpark Ein perfekter Beruf in der Corona-Krise
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Der 48 Hektar große Park an der Ilm ist ein einzigartiger Landschaftsgarten am Rande der Weimarer Altstadt. Jetzt im Frühjahr ist dort besonders viel zu tun. Trotz Corona. Gärtner Stefan Hupel ist für den Park zuständig. Ich habe mit ihm über Wertschätzung, die Corona-Krise und jede Menge Müll geredet.

Ist es eigentlich dieser ganz spezielle Arbeitsplatz, der Gärtner zu entspannten, positiven Menschen macht oder suchen sich gerade die eben diesen Beruf aus? So ganz sicher bin ich mir da nicht, aber als ich Stefan Hupel im Weimarer Ilmpark treffe, fällt mir als Erstes sofort seine freundliche, offene Art auf. Selbst, wenn er sich ärgert, bleibt er dabei deutlich ruhiger als viele andere Leute.
Deutlich mehr Müll als sonst
Und Grund zum Ärgern hat Stefan Hupel dieser Tage ziemlich viel. Gleich vorweg: Nicht alles davon hat mit dem Corona-Virus zu tun. Oder nur bedingt, weil die Corona-Krise viele Probleme hier im Park offenbar nur verstärkt. Das erste davon begegnet uns schon nach wenigen Schritten: mehrere benutzte Papiertaschentücher auf dem frisch gemähten Rasen. "Und unsere Leute müssen die jetzt aufheben. Klar macht man sich da Sorgen, sich irgendwas einzufangen, gerade in diesen Zeiten." Stefan Hupel erzählt, dass jeden Morgen der Müll im Park eingesammelt wird. "Das passt kaum auf einen Multicar", so der Gärtner.
Seitdem die Einschränkungen in Kraft sind, hat die Menge an Müll extrem zugenommen. Aber man kann ja in einem denkmalgeschützten Park nicht alle fünf Meter Müllkübel aufstellen.
Seit fast zehn Jahren arbeitet Stefan Hupel jetzt schon für die Klassik-Stiftung in Weimar. Ausgebildet ist er als Zierpflanzengärtner, hat in der Baumschule gearbeitet und weiter gelernt.
Inzwischen kann er selbst Garten- und Landschaftsbauer ausbilden. Mittlerweile ist er Revierleiter hier im Ilmpark, muss aber auch in anderen Parks der Stiftung die Bäume kontrollieren. Und für die Hausgärten, wie am Goethehaus, am Kirms-Krackow-Haus und all den anderen Häusern der Stiftung ist er außerdem zuständig. Sorgen um eine Ansteckung macht Stefan Hupel sich nicht: "Ich bin ja den ganzen Tag draußen. Bei Besprechungen achten wir auf Abstände". Zur Sicherheit trägt er ein Tuch um den Hals, mit dem er ganz einfach jederzeit Mund und Nase schützen kann.
Arbeiten ohne Zuschauer
Momentan sind die Hausgärten zwar noch geschlossen, gepflegt werden müssen sie aber trotzdem. Sonst nimmt, gerade jetzt im Frühjahr, das Unkraut überhand. "Natürlich arbeitet es sich schöner ohne Zuschauer. Weil man sonst immer aufpassen muss, dass niemand über den Schlauch fällt. Aber wir machen unsere Arbeit ja für die Leute. Und es ist schon schade, wenn das Ergebnis keiner sieht!" Jetzt im Sommer haben die Gärtner deshalb andere Arbeitszeiten als im Winter. 6:30 Uhr geht es los, kurz vor 16 Uhr ist Schluss.
Gemeinsame Pausen fehlen dem Team
Gefragt nach den Auswirkungen der Corona-Krise muss Hupel überlegen. Ersatzteile für Maschinen zu bekommen, sei derzeit deutlich schwieriger. "Zum Glück ist aber bisher nichts kaputt gegangen, was wir nicht selbst reparieren konnten." Es dauert deutlich länger, die Gärtner morgens an ihre verschiedenen Arbeitsplätze zu bringen, weil ja nicht mehr so viele in einem Auto sitzen dürfen. Und dass sie die Pausen nicht mehr gemeinsam verbringen können, finden alle im Team ziemlich schade. Krank geworden ist bisher noch niemand. "Da wir allerdings am Anfang nicht wussten, wer in Quarantäne muss und wie viele Leute ausfallen, haben wir vorsichtshalber etwa 30 Bäume weniger gepflanzt als geplant. Denn die müssen ja auch gepflegt werden."
Trockenheit schlimmer als Corona
Damit ist Stefan Hupel schon bei seinem nächsten Problem. Der Trockenheit. Irgendwie scheint es, als wäre es in diesem Jahr noch früher noch trockener als in den vergangenen. "Wir gießen, gießen, gießen. Aber die Bäume leiden."
Stefan Hupel vergleicht das mit dem Menschen. Wenn das Immunsystem stabil ist, kann man auch mal eine Verletzung wegstecken oder ein Virus. Aber wenn man sowieso schon angegriffen ist, reicht schon ganz wenig, damit wir ernsthaft krank werden. Und die Bäume im Park haben so einiges wegzustecken, sagt Hupel: "Sie stehen nicht im Wald, sondern in einem Park. Da gibt es ganz anderen Boden, ständig laufen Menschen ihnen auf den Wurzeln rum, obwohl das verboten ist.
Dann werden die Stämme angeritzt, durch die milden Winter gibt es mehr Schädlinge und Baumkrankheiten und wenn dann diese Trockenheit dazu kommt, schaffen es viele Bäume nicht."
Unvernunft kann gefährlich werden
Deshalb versteht Hupel auch nicht, warum immer wieder Menschen unter den Bäumen liegen. Da könne jederzeit ein richtig großer Ast runterbrechen. Vor allem am ersten Wochenende der Ausgangsbeschränkungen sei es extrem gewesen. "Der Ilmpark und der Tiefurter Park waren so voll, dass wir uns echt Sorgen gemacht haben, wie das weitergehen soll." Viele der Wiesen werden als Weiden oder für Heu genutzt. "Wenn da ständig Müll drin liegt, nimmt uns das keiner mehr für seine Pferde ab, dann müssen wir das als Sondermüll zur Deponie bringen."
Wertschätzung statt Selbstverständlichkeit
Das Verhalten der Besucher im Park kommt immer wieder zur Sprache. Für die Gärtner in den Parks der Klassikstiftung ist es wirklich schwer zu verstehen, warum die Gäste sich so verhalten. "Fast jeden Tag entdecken wir wieder neue Trampelpfade, die sind bei diesem Wetter schwer zu beseitigen. Wir müssen bei frisch angesätem Rasen Bauzäune aufstellen, weil da rücksichtslos drüber getrampelt wird." Es scheint, als würden die Weimarer (und Touristen sind ja derzeit keine da) den Park und seine tägliche Pflege als selbstverständlich ansehen. Und gerade jetzt, wo sie ihre grüne Oase in der Stadt dringender brauchen als je zuvor, wäre ein bisschen Wertschätzung für de Arbeit der Gärtner doch eigentlich nicht zu viel verlangt, oder?
Alltagshelden in Thüringen Hier - unter dem Label "Alltagshelden in Thüringen" - erzählen wir in loser Folge Geschichten von Menschen aus Thüringen, die während der Corona-Krise für andere da sind. #miteinanderstark
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 22. April 2020 | 17:00 Uhr