Kleinstadthelden Mit Graffiti Gemeinschaft gestalten: Die Farbküche Altenburg

14. September 2020, 17:38 Uhr

Graffiti sind überall und werden schnell als Schmiererei verurteilt. Doch oft sind sie Ausdrucksmittel von Jugendlichen und anderen Menschen. Die "Farbküche Altenburg" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen in ihrer Heimat und Umgebung zu zeigen, wie und wo sie sich mit Graffiti und anderen Kunstformen ausdrücken können.

In der Farbküche Altenburg in Thüringen wird seit 2016 mit allerlei Farben auf unterschiedlichen Weisen gearbeitet. Von Papp-Einhörnern bis hin zu großen Leinwänden, kann hier alles gestaltet werden, was sich in und um den Mitmachladen findet. Hauptsache, die Farbe hält darauf. Die größten Angebote des Ladens sind aber Gestaltungs- und Präventionsprojekte mit Graffiti in Schulen und Jugendeinrichtungen in Mitteldeutschland.

Susanne Seifert und Ralf Specht haben die Farbküche Altenburg vor Jahren gemeinsam gegründet – natürlich aus Liebe zu Graffiti und aus Liebe füreinander:

Zwei entfachte Lieben

Susanne Seifert arbeitete vor der Gründung der Farbküche 19 Jahre auf der "anderen" Seite. Sie war bei der Stadtverwaltung tätig. Ihre Aufgaben als Graffiti-Beauftragte waren illegale Graffiti und Schmierereien einzudämmen.  

Bei Ermittlungsgesprächen traf sie auf Ralf Specht. Mit 14 Jahren sprühte er seine ersten Graffiti - damals noch illegal auf Wände und Züge. Er arbeitete zu dieser Zeit in einem Laden und verkaufte Sprühdosen. Sie führten viele Gespräche und irgendwann verliebten sie sich ineinander, so Seifert.  

"Da ich auch wissen wollte, was einem am Graffitisprühen Spaß macht, habe ich selbst zur Sprühdose gegriffen und mich ausprobiert. Ich habe gemerkt, dass das eine wunderbare Abwechslung zum bürokratischen theoretischen Alltag ist und bin drangeblieben", erinnert sie sich.

In kurzer Zeit entfachten zwei neue Lieben: die für Ralf Specht und die für die Graffiti-Kunst. Ihre Tätigkeit im Ordnungsamt war nicht mehr in Einklang zu bringen mit ihren privaten Geschehnissen. Sie kündigte ihre Stelle.

Der richtige Umgang mit Graffiti

Begonnen haben die beiden mit Mitmach- und Interventionskursen für Jugendliche. Susanne Seifert merkte in ihrer Tätigkeit im Ordnungsamt, dass der repressive Ansatz der Strafverfolgung nicht geeignet sei, um Probleme zu lösen: "Ich habe von Kindern und Jugendlichen gelernt, dass sie gar nicht mit der Intention der Sachbeschädigung herangehen, sondern dass sie sich ausdrücken wollen, dass das ihr Weg ist, ihr Umfeld zu gestalten".

Auch Ralf Specht ging es damals wie den Jugendlichen, mit denen Susanne Seifert beim Ordnungsamt in Kontakt kam: "Bei mir war das eher Kompensation von Aufmerksamkeitsdefiziten bzw. Stressabbau. Ich hatte teilweise das Gefühl, über bestimmte Probleme nicht mit meinen Eltern reden zu können oder zu wollen. Irgendwo musste ich Dampf ablassen. Ich habe festgestellt, dass ich mit einer Dose so eine gute Ablenkung hatte, dass ich einfach den Stress damit auch von mir wegsprühen konnte".

Um den Kindern und Jugendlichen eine Möglichkeit zu geben mit der Graffiti-Kunst als Ausdrucksmittel richtig umzugehen und um auch in ihrer Heimat Altenburg etwas bewegen und gestalten zu können, gründeten sie 2016 einen Pop-Up-Laden. Wenig später entwickelte sich daraus die Farbküche Altenburg.

Die Farbküche als Ort des Miteinanders

Susanne Seifert und Ralf Specht sind heute kein Paar mehr. Dennoch arbeiten sie als gute Freunde in ihrem Mitmachladen zusammen und gestalten verschiedene Projekte. Mit der Farbküche wollten die beiden einen Ort schaffen, an dem sich verschiedene Leute treffen können, um selbst zu gestalten, egal ob mit Anleitung, allein, mit Fremdeinflüssen, ohne fremde Einflüsse oder einfach mal sein zu können, so Specht.

Mit ihrem Laden und den Graffiti-Kursen wollen sie den Heranwachsenden einen Einblick in die Szene und das Drumherum ermöglichen. Für Ralf Specht gehören dazu sowohl die positiven, als auch die negativen Seiten: "Seien es gesundheitliche Sachen, psychische Folgeschäden, die man davon tragen kann, und auch die rechtlichen Sachen sowie auch: 'Wie kann ich daraus meine Zukunft aufbauen? Wie kann ich sie mir aber auch verbauen'".

Das Gestalten von Oberflächen ist bei ihnen allerdings fast nur Mittel zum Zweck. Viel mehr gestalten sie Beziehungen zwischen Menschen, wollen Brücken bauen, Biografien verändern und wollen Raum und Gemeinschaft für Menschen geben, die das nicht haben.

Quelle: MDR THÜRINGEN/mf

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