Ferienorte früher und heute Das Ringberg Hotel - Ein Wahrzeichen auf dem Suhler Gipfel

11. Juli 2017, 14:48 Uhr

Vier Jahre mussten Bauern einst auf einen Urlaubsplatz im Suhler Ringberg Hotel warten. Der Weg vom VdgB-Ferienheim zum heutigen Vier-Sterne-Haus war nicht immer leicht. In zwei Jahren feiert das große Haus mitten im Thüringer Wald sein 40-jähriges Bestehen.

"Bonjour"- per Handschlag begrüßt der Motorradfahrer in Lederkluft den Hoteldirektor. Wolfgang F. Kanig lächelt zurück. Der Mann im feinen Anzug mag die Valkyrie-Fans. Derzeit wohnen 400 von ihnen aus 17 Nationen in seinem Haus, ihre Maschinen parken davor: Vor dem Ringberg-Hotel in Suhl. "Wenn sie kommen, haben sie erstmal Durst", weiß er und ist schon im nächsten Gespräch mit Gästen. "Manche waren schon als Kind mit ihren  Eltern hier, heute kommen sie mit der Freundin, da kennt man sich gut“, sagt der 62-jährige Hotel-Chef.

Dabei wäre das große Haus mitten im Wald, wo jährlich Tausende ihren Urlaub verbringen, beinahe gar nicht gebaut worden. Nachdem im März 1974 der Ministerrat der DDR den Standort des Ferienheims für Bauern auf dem 750 Meter hohen Ringberg beschloss, hagelte es Kritik. Sechs Hektar Wald erforderte das Areal, Versorgungswege aus der Stadt für Wasser, Strom und Verkehr gab es nicht, die Bergkuppe musste zudem zwölf Meter gesprengt werden. Besonders der Einschnitt in die Natur ärgerte die Bevölkerung. Trotz der Kritik begann 1975 der etwa 37,6 Millionen Mark teure Hotelbau auf dem Gipfel des Ringberges.

Zeitungen ignorierten Hotel-Eröffnung

Die vierjährige Bauzeit endete auch wegen schwieriger Materialbeschaffung knapp eineinhalb Jahre später als geplant im Mai 1979. Wurden die Medien damals nicht müde, erfolgreiche SED-Sozialpolitik großartig darzustellen, fand der Bau der "Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe“ (VdgB) kaum Beachtung. Die Eröffnung war der lokalen Presse weder Wort noch Bild wert. Grund war eine Informationssperre, die aufgrund der Proteste verhängt wurde.

Damals wie heute hatte das Ferienhaus 600 Betten. Es war für damalige Verhältnisse ein sehr attraktives Hotel. Die moderne Ausstattung, gute Versorgung und viele Freizeitangebote waren auf hohem Niveau. So trat der Komponist des Rennsteigliedes, Herbert Roth, häufig mit seiner Tochter Karin im großen Speisesaal auf. Er schrieb zudem ein Lied über das Hotel. Der große Saal, indem stets Thüringer Klöße zu haben sind, ist noch heute nach ihm benannt.

Jährlich verbrachten etwa 20.000 Bauern und Werktätige der sozialistischen Landwirtschaft ihren Urlaub im Hotel, das im Volksmund liebevoll "Runkelburg" genannt wurde. "Etwa vier Jahre mussten Bauern damals auf einen Urlaubsplatz bei uns warten“, sagt Kanig.

Alles anders nach der Wende

Mit der Wende war plötzlich alles anders. Von 1990 bis 1994 stand das Hotel unter Treuhand-Verwaltung. Die Urlaubsplätze wurden nun nicht mehr vergeben. Jeder konnte jetzt Urlaub oder Tagungen im Haus buchen. Doch das Hotel entsprach dem neuen Standard nicht mehr.

1994 legte die Treuhand das Hotel in private Hände, was sich aber bald als Flop herausstellte. Zuerst "verramschten" die Verantwortlichen das Inventar. Der Verkaufserlös von Kaffeetassen, Besteck, Tischdecken bis hin zu Lampen betrug 350.000 D-Mark. Dann schlossen sie das Hotel wegen Umbauarbeiten. Allerdings zahlten sie ihre Rechnungen nicht und "bald standen sie wegen Kreditbetrugs vor Gericht", erinnert sich Kanig. Mit Unterstützung der Banken wurde 1996 die Ringberg Hotel Betriebsgesellschaft mbH gegründet. Auf diese Weise wurde das Haus vor der dauerhaften Schließung bewahrt.

Wolfgang F. Kanig selbst arbeitete in dieser Zeit für die Treuhandanstalt. "Viele FDGB-Heime habe ich im Osten auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft“, erinnert er sich. Als 2002 das Ringberg Hotel zur Versteigerung stand, unterbreitete der in Krefeld aufgewachsene Kanig den Banken das beste Angebot. Seit 2015 leitet der gelernte Koch das Haus, das inzwischen ein Vier-Sterne-Hotel ist. Auch privat hat ihn der Ringberg Glück gebracht. "Sie saß an Tisch elf “, erinnert er sich gern daran, wie er hier einst zur Spargelzeit seine Frau kennenlernte.

Unterhaltung von Haus und Grundstück teuer

"Zu DDR-Zeiten arbeiteten 370 Mitarbeiter hier“, kommt Wolfgang F. Kanig zur Geschichte des Hauses zurück, "heute sind es noch 115 Leute für Zimmer-Service, Rezeption, Technik und Verwaltung.“ Keine leichte Aufgabe, denn an dem großen Gebäude und den 60.000-Quadratmeter-Grundstück hört die Arbeit niemals auf. "Im Winter muss geräumt, im Sommer gemäht werden. Das müssen andere Hotels in diesem Ausmaß personell und finanziell nicht stemmen“, sagt der Hotel-Chef.  Doch gerade die enorme Größe der Hotelanlage ist es, die immer wieder große Gästegruppen wie Corvette- oder Valkyrie-Vereine, Minister,- Bundewehr oder Tagungsgruppen anlockt.

Froh ist er über die Auslastung von 65 Prozent im vergangenen Jahr: "130.000 Übernachtungen hatten wir 2016“, sagt er. Ausschlaggebend dabei ist auch die zentrale Lage: "Ohne die Nähe zur A71 und A73 und dem Rennsteig säßen wir wohl heute nicht hier“, ist sich Kanig sicher. Zufrieden ist der Hoteldirektor derweil nie. So macht der Fachkräftemangel im Suhler Wald nicht halt. Auch die Frage, wer nach ihm das Ringberg Hotel übernimmt, treibt den 62-Jährigen um. Eins ist jedoch sicher wie der Kloß im "Herbert-Roth-Saal“: In zwei Jahren wird gefeiert! Und zwar das 40-jährige Bestehen des Ringberg Hotels.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: MDR THÜRINGEN | Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | ab 5.00 Uhr

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