Suhl | Oberndorf Haenel-Konkurrent Heckler & Koch stoppt Vergabe von Waffen-Großauftrag

30. September 2020, 11:39 Uhr

Der Waffenhersteller Heckler & Koch hat einen weiteren juristischen Schritt unternommen, um doch noch einen Sturmgewehr-Großauftrag für die Bundeswehr zu bekommen. Für Mitbewerber Haenel aus Thüringen heißt es jetzt abwarten.

Der Sturmgewehr-Großauftrag für das Suhler Unternehmen C. G. Haenel liegt auf Eis. Der im Bieterverfahren unterlegene Konkurrent Heckler & Koch aus Oberndorf (Baden-Württemberg) hat einen Antrag auf ein sogenanntes Nachprüfungsverfahren eingereicht, wie die dpa berichtet.

Ein solcher Antrag hat aufschiebende Wirkung. Nach Einschätzung von Experten könnte sich der bevorstehende Rechtsstreit über Monate hinziehen. Vor zwei Wochen hatte das Bundesverteidigungsministerium überraschend entschieden, den Auftrag in Höhe von fast 250 Millionen Euro an das Südthüringer Unternehmen C. G. Haenel zu vergeben. Das Unternehmen soll 120.000 Sturmgewehre für die Bundeswehr fertigen. Haenel gehört zum Rüstungskonzern Caracal aus Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Monatelanger Gewehr-Rechtsstreit droht

Die Auseinandersetzung landet in erster Instanz bei der beim Bundeskartellamt angesiedelten Vergabekammer des Bundes, als zweite Instanz wäre das Oberlandesgericht Düsseldorf am Zug. Nach Einschätzung des Vergaberechtlers Jan Byok von der Kanzlei Bird & Bird dürfte sich der Rechtsstreit mehrere Monate, vermutlich ein halbes Jahr hinziehen.

Aus seiner Sicht hat Heckler & Koch einen schweren Stand. "Es gibt nur wenige Fälle, in denen sich im Rüstungsbereich die Klägerfirma durchgesetzt hat gegen das Beschaffungsamt - früher war das anders, aber heute arbeitet das Amt deutlich gründlicher und macht weniger Fehler."

Heckler & Koch senkt Preise

Wie wichtig der prestigeträchtige Auftrag für das Schwarzwälder Traditionsunternehmen ist, lässt sich auch an einem dicken Preisnachlass erkennen: Laut dpa forderte Heckler & Koch zunächst 235 Millionen Euro für die 120.000 Sturmgewehre. Im Laufe des Vergabeverfahrens senkte Heckler & Koch seine Forderung auf 179 Millionen Euro. Dem Vernehmen nach lag das finale Angebot von Konkurrent Haenel aber rund 50 Millionen Euro niedriger.

Vergaberechtler Byok erklärte, dass der Vorwurf des Preisdumpings - also ein Preis unterhalb der Herstellungskosten - in dem Beschwerdeverfahren eine Rolle spielen könnte. Dumpingpreise sind bei öffentlichen Auftragsvergaben verboten.

Schwerer Reputationsschaden befürchtet

Angesichts einer hohen Nachfrage aus anderen Staaten würde die hoch verschuldete Firma aus Baden-Württemberg die Ausschreibungsniederlage verkraften können - die Auftragsbücher sind voll und das Unternehmen war 2019 in die Gewinnzone zurückgekehrt.

Schwerer wiegt aber der Reputationsschaden - in Verkaufsgesprächen mit ausländischen Kunden war es stets ein Vorteil, auf den Stammkunden Bundeswehr verweisen zu können. Dieses Verkaufsargument fällt bei Sturmgewehren künftig weg.

Quelle: MDR THÜRINGEN/gh, dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 29. September 2020 | 20:00 Uhr

Mehr aus der Region Suhl - Schmalkalden - Meiningen

Mehr aus Thüringen