Vier Männer und eine Frau, auf deren T-Shirts die Aufschrift Sturm auf Themar zu lesen ist
"Sturm auf Themar" steht auf den T-Shirts der Rechtsextremen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Vielfältige Proteste 6.000 Neonazis bei Rechtsrock-Konzert in Themar

15. Juli 2017, 22:30 Uhr

Im kleinen Ort Themar in Südthüringen hat am Samstag Deutschlands wohl größtes Rechtsrock-Konzert stattgefunden. Die Polizei hatte bereits im Vorfeld mit 5.000 Besuchern und zahlreichen Gegendemonstranten gerechnet. Konzertteilnehmer und Gegendemonstranten sollten von vornherein strikt voneinander getrennt werden. Fast 1.000 Polizisten aus Thüringen und fünf weiteren Bundesländern sind dafür im Einsatz.

Der Andrang auf das Neonazi-Konzert im südthüringischen Themar ist größer als erwartet. Wie die Polizei mitteilte, sind insgesamt 6.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern angereist. Das Konzertgelände musste am Nachmittag wegen des Besucherandrangs um rund 2.000 Quadratmeter erweitert werden. Nach Angaben der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Mobit, handelt es sich um das größte Neonazi-Konzert in der Geschichte Thüringens. Es war zunächst mit 5.000 Konzertbesuchern gerechnet worden.

Die Polizei ist im Großeinsatz, um die Veranstaltung, die gegen Mitternacht beendet sein soll, abzusichern. Mehrere Straßen wurden abgesperrt und Kontrollpunkte errichtet, um die Besucher zu kontrollieren. Bislang hat es den Angaben zufolge keine größeren Zwischenfälle gegeben. 23 Straftaten wurden registriert. Anzeigen gibt es unter anderem wegen Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung, Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. In zwei Fällen ging es um das Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen. Zweimal sind laut Polizei Journalisten beleidigt worden. Nach Polizeiangaben hat es auch eine Festnahme gegeben. Den Angaben nach wurde ein Kundgebungsteilnehmer in sogenannten Unterbindungsgewahrsam genommen, weil er ein T-Shirt mit einem Hakenkreuz trug. Ansonsten sei alles ruhig, abgesehen von den "üblichen Pöbeleien" zwischen beiden Lagern, so ein Sprecher.

Das Konzertgelände selbst liegt direkt an der Bundesstraße 89 und ist komplett umzäunt. Entlang des Mittelstreifens hat die Polizei ein kilometerlanges Absperrgitter aufgestellt, um die Rechtsextremen und Gegendemonstranten zu trennen. Auch ein Wasserwerfer steht dort bereit. Die Trennung beider Lager ist der Polizei zufolge oberstes Ziel des Sicherheitskonzeptes.

Die Polizei kontrolliert außerdem alle Einfallstraßen nach Themar, auch in benachbarten Bundesländern. Der Polizei zufolge sind viele Teilnehmer aus weit entfernten Gegenden bereits angereist. An Kontrollstellen rund um den Ort haben Beamte die Anreisenden - Gegendemonstranten wie rechte Konzertteilnehmer - auf die entsprechenden Parkplätze geleitet.

Protest gegen Neonazi-Konzert

Vor den Toren der Stadt hatten bereits am Samstagmorgen Kundgebungen gegen das Rechtsrock-Konzert begonnen. Mehrere hundert Menschen versammelten sich an verschiedenen Orten und protestierten gegen die Veranstaltung der Rechtsextremen. Der Landespolizeidirektion zufolge gibt es mehrere Standortkundgebungen in der Nähe des Konzerts. Es gibt Demonstrationen, Friedensgebete und ein Marktfest.

Über die Zahl der Gegendemonstranten gab es zunächst widersprüchliche Angaben, die Polizei hat mittlerweile die Zahl von 1.000 auf rund 300 nach unten korrigiert. In der Stadt selbst hängen zahllose Plakate, die deutlich machen, dass Themar die Neonazis nicht haben will. Am Samstagvormittag kamen vier Landtagsabgeordnete der Linken, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Der Bürgermeister der Kleinstadt, Hubert Böse, sagte MDR THÜRINGEN, der vielfältige Protest zeige deutlich, dass die Neonazis in Themar absolut nicht willkommen seien.

Bereits am Freitagabend hat es in Themar einen ökumenischen Gottesdienst aus Protest gegen das Rechtsrock-Konzert gegeben. Rund 420 Menschen versammelten sich unter dem Motto "Herz statt Hetze". Dabei wurde unter anderem eine Grußbotschaft der evangelischen Landesbischöfin Ilse Junkermann verlesen.

An dem Gottesdienst hat auch Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) teilgenommen. Zuvor hatte Poppenhäger sich über den Stand des Polizeieinsatzes informiert. Insgesamt sind rund 1.000 Polizisten im Einsatz, darunter auch alle Hundertschaften des Freistaates. Zusätzlich wurden mehrere hundert Polizisten aus anderen Bundesländern angefragt. Dem Innenministerium zufolge werden Beamte aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen erwartet. Zudem würden an den Amtsgerichten Sonneberg und Meiningen Bereitschaftsdienste eingerichtet, insbesondere für Haftentscheidungen.

Wohl größtes Rechtsrock-Konzert Deutschlands

Der Thüringer Verfassungsschutz hatte im Vorfeld des Rechtsrock-Konzertes mit mehr als 5.000 Rechtsextremen und 2.000 Gegendemonstranten gerechnet. Demzufolge gilt das Konzert als eines der größten Treffen der Neonazi-Szene in Deutschland. Gegen das Konzert wurden insgesamt neun Gegendemonstrationen angemeldet - etwa von Privatpersonen, der Kirchengemeinde und einem Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit. Themar selbst hat nur knapp 3.000 Einwohner.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15.07.2017 | 19:00 Uhr
MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit | 15.07.2017 | 18:00 Uhr

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