Thüringer Musikradar Eagle and the Men: Band will mit neuem Musikvideo auf die große Bühne

03. Oktober 2020, 06:00 Uhr

Seit fünf Jahren machen Eagle and the Men Musik. Die Alternative-Rock-Band aus Friedrichroda (Kreis Gotha) hat schon weit mehr als 100 Konzerte gespielt und sich damit nicht nur eine Fanbase in Thüringen erarbeitet, sondern auch Aufmerksamkeit bei Universal Music erregt. Trotzdem ist die Band noch immer ein Newcomer, denn ihr erstes Platten-Release steht noch bevor.

Wegen dieses ersten Platten-Releases finde ich mich an einem Nachmittag im Spätsommer inmitten eines Maisfelds bei Krauthausen in der Nähe von Eisenach wieder. Hier drehen Eagle and the Men das Video zur Single "King of Grace". Ein heruntergekommener Hochsitz steht am Rand eines schmalen Weges, auf dem ein zum Filmset umgebauter Lieferwagen parkt. Daneben hat sich unter einer Pagode eine Menschentraube um einen winzigen Laptop-Bildschirm versammelt. Angeregt diskutieren Band, Produzenten, Schauspieler und Crew über die Aufnahmen. Es sind vor allem Detailfragen, die das Team beschäftigen, denn im Musikvideo gibt es einen zweieinhalbminütigen "One-Shot": Eine Szene, die in einer einzigen Kameraeinstellung gedreht und nicht mehr geschnitten wird - ein ambitioniertes Unterfangen.

Vom Glück verfolgt - Universal Music klopft an

Was aussieht wie ein professioneller Videodreh, ist in Wirklichkeit eine No-Budget-Produktion. Keiner in der Crew sieht nur einen einzigen Cent für den Dreh. Nicht mal Kamil Hertwig, der Regisseur des Films, der extra aus Köln angereist ist und schon Musikvideos für Faber, OK Kid oder andere namenhafte Künstler gedreht hat. "Ich kannte Eagle and the Men überhaupt nicht", sagt er, "aber ich habe den Song gehört und dachte, das Video will ich machen." So einfach ist das manchmal.

Eine Gruppe junger Menschen schaut auf einen Monitor an einem Feldrand
Versammelt um einen kleinen Laptop-Bildschirm: Die Crew wertet die letzten Takes aus. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

Und es ist nicht das erste Mal: Die vier Jungs aus Friedrichroda scheinen vom Glück verfolgt zu werden. Ihre ersten Tonaufnahmen erspielten sie sich als Straßenmusiker zufällig bei einer Ostseetour. Eine Sounddesignerin hörte die Band und lud sie kurzerhand nach Berlin in ein professionelles Tonstudio ein. Die Produktion der bald erscheinenden Debüt-Scheibe finanzierte die Band durch eine Crowdfunding-Kampagne. Ihre Fans spendeten in kurzer Zeit mehr als 2.000 Euro für die Platte.

Diese Unterstützung ist der Grundstein für alles. Wir alle arbeiten oder studieren und können es uns eigentlich gar nicht leisten, ein aufwendiges Video zu drehen, bei den Gigs immer einen Fotografen dabei zu haben oder eben ein Album zu produzieren. Die Leute haben uns das alles ermöglicht.

Kevin Winkler, Bassist

Und als ob diese Glückssträhne kein Ende kennt, hat inzwischen sogar das Major-Label Universal Music seine Fühler nach der Band ausgestreckt. Ein erstes Vorgespräch lief vielversprechend. Jetzt will das Label erstmal das Release abwarten, das die Jungs zunächst komplett in Eigenregie veröffentlichen wollen.

Eine Mischung aus Mumford & Sons und AnnenMayKantereit

Bei genauerer Betrachtung hat das alles aber recht wenig mit Glück zu tun. Wer Eagle and the Men hört und ein wenig Ahnung von moderner Popmusik hat, weiß sofort, warum sich ein Label wie Universal für die Band interessiert: Sie klingen wie Mumford & Sons mit der Stimme von AnnenMayKantereit. Zwei Bands, die in den vergangenen Jahren vielfach mit Gold und Platin ausgezeichnet wurden.

Blick über eine Feld
Ein Maisfeld bei Krauthausen: Hier wird das Video zur Single "King of Grace" gedreht. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

Von diesen Vergleichen aber abgesehen, ist es vor allem das Songwriting, das die Lieder von Eagle and the Men einzigartig und besonders macht. Die Songs gehen ins Ohr, ohne beliebig zu sein und die englischsprachigen Texte haben Tiefe, ohne darum bemüht zu wirken. Immer wieder gelingt es der Band, melancholische Strofen in lebensbejahenden Refrains aufzulösen. Es gibt hymnenhafte Songs wie "King of Grace", die zum Mitsingen einladen und solche, bei denen man tanzen möchte, wie in "House on Fire".

Auffallend anders klingt der Song "Cold", der ohne gesungenen Refrain auskommt und trotzdem Ohrwurmcharakter hat. Er erzählt eine tragische Liebesgeschichte: Die Beziehung ist eingerostet und sie zeigt ihm (dem mutmaßlich männlichen lyrischen Ich) die kalte Schulter. Um sich selbst zu schützen, beendet er die Beziehung und muss feststellen, dass es ihm noch viel schlechter geht. Der Song kippt in der Bridge, als er realisiert, dass er sich mit der Zeit selbst in einen Panzer zurückgezogen hat und kalt geworden ist. Das Video zum Song wurde ebenfalls bei Eisenach gedreht: in der Drachenschlucht.   

Die Eagle-Familie

Am Set von "King of Grace" steht derweil wieder alles auf Anfang. Es soll noch ein Take gedreht werden. Obwohl die Band im Video selbst gar nicht zu sehen ist, ist sie stets involviert. Kevin sitzt in der Fahrerkabine des Lieferwagens und wartet auf das "Action" aus dem Walkie Talkie. Das Pendant dazu hat Mattis, der sich mit der Filmcrew in den Rückraum des Transportes gequetscht hat und eine Stoppuhr in der Hand hält. Links und rechts des Lieferwagens stehen Jakob und Justus auf ihrem Posten und halten die Requisiten bereit, die sie Schauspieler Michael Leischnig während der Fahrt zuwerfen.

Wir wollen gar nicht unbedingt vor der Kamera stehen. Wir sind ja keine Schauspieler und es ist irgendwie schön zu sehen, wie Michael unsere Musik interpretiert.

Mattis Kilian, Schlagzeuger

Michael Leischnig ist seit Jahren Fan und Unterstützer von Eagle and the Men. Als Jung-Schauspieler im Video der Lieblingsband mitzuspielen, was kann es Größeres geben? Und er ist nicht der einzige Fan am Set. Eine ganze Reihe Unterstützer und Freunde der Band bringen sich mit ein, packen mit an, holen Pizza für die Crew - was halt so anfällt. Auch das ist besonders: Eagle and the Men fühlt sich für alle Beteiligten, auch die die nicht auf der Bühne stehen, wie Familie an.

Release der EP "2:20 AM" im Februar geplant

Ein kurzer Countdown, dann ruft Mattis "Action!" und los geht's. Der Lieferwagen setzt sich langsam rückwärts in Bewegung, die Musik läuft an und jetzt gilt es: In den nächsten zweieinhalb Minuten muss jeder Handgriff sitzen. Eine besondere Herausforderung dabei ist das Aufnahmeverfahren. Nicht nur, dass es sich um einen One-Shot handelt, das Video wird auch rückwärts gedreht, soll aber später vorwärts abgespielt werden. "Dadurch wirken viele Bewegungen von Michael zwar real", erklärt Kevin, "hinterlassen beim Zuschauer aber trotzdem den Eindruck: Irgendwas stimmt hier nicht." In gewisser Weise ist das Video damit eine Metapher für den Song.

Der Song handelt von jemanden, der einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat. Es ist der Versuch, Trost zu spenden. Im Video geht Michael deswegen einen Weg entlang und wirft Stück für Stück allen Ballast von sich ab.

Justus Schaube, Sänger

Wer schon mal einen Schicksalsschlag verkraften musste, weiß, dass es meistens irgendwie weitergeht, auch wenn das Gefühl bleibt, dass irgendetwas nicht mehr stimmt.

Die Single "King of Grace" ist die erste Single zur EP "2:20 AM", die im Februar 2021 erscheinen soll. Es ist das erste Release einer bemerkenswerten Thüringer Newcomer-Band, die vielleicht noch für Aufsehen sorgen wird.

Das Video zu "King of Grace" ist am 1. Oktober erschienen.

Quelle: MDR THÜRINGEN/ask

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