Handwerk aus Thüringen Origineller Wollzauber: Filzwerkstatt in Behrungen
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Mit ihrer Filzwerkstatt "Wollzauber" hat Evi Wilhelm aus dem südthüringischen Behrungen ihr Hobby zum Beruf gemacht. Mit warmen Hausschuhen, Haarschmuck, lustigen Figuren und vielem mehr aus buntem Filz ist sie zu dieser Jahreszeit stets auf Weihnachtsmärkten unterwegs, auf der Wartburg und in Regensburg. Dieses Jahr musste sie sich um neue Vermarktungswege kümmern - und hat bis zum Lockdown auch andere Kunsthandwerker unterstützt.

Zum Filzen braucht es Wolle, Seifenlauge und - klar, Kreativität. Evi Wilhelm ist nach eigenem Bekunden immer schon eine "Bastel-Liesel" gewesen und hat deshalb auch das Filzen ausprobiert.

Und weil sie nach der Weiterbildung zur Motopädin (behandelt unter anderem Bewegungsstörungen) nicht gleich ins Berufsleben fand, ist sie ihrer Leidenschaft gefolgt und hat im heimischen Behrungen in der Thüringer Rhön vor etwa 15 Jahren eine Filzwerkstatt aufgebaut. Bunt ist es hier - der kleine Raum, in dem Evi Wilhelm ihre Wollvorräte lagert, ist eine Augenweide: Tiroler Bergschafwolle in allen Farben des Regenbogens.
Froschkönige und Möhren-Ohrringe
Aber auch die fertigen Filzprodukte strahlen Fröhlichkeit und gute Laune aus: ob bunte Spiralen oder Mini-Möhren als Ohrschmuck oder die Wand mit den warmen Hausschuhen oder Pantoffeln. In Regalen sitzen lustige Gestalten: Kugelige Froschkönige oder kleine Monster mit breiten Mäulern - die sogenannten "Snuties" sind dazu gedacht, die Schätze von Kindern aufzubewahren. Bunt, kuschelweich und alle handgefertigt.
Vorsichtige Massage
Auf einer Kardiermaschine bringt Evi Wilhelm die Wolle in Form. Sie dreht an einer Trommel, die mit Metallnadeln gespickt ist, legt einzelne Wollbüschel auf. Durch die Bewegung werden die Fasern in eine Richtung gebürstet. Es entsteht eine Art luftiges Vlies.
Für ein Sitzkissen nimmt Wilhelm zwei Lagen, eine eher grau, die andere eher grün. Beide legt sie auf ihrem Arbeitstisch übereinander, und zwar so, dass die Fasern einmal längs und einmal quer liegen.
Dann bedeckt sie die Wollschichten mit einem dünnen Stoff, tränkt alles mit lauwarmer Seifenlauge und massiert das Ganze vorsichtig mit den Händen. "Die Fasern sollen sich neue Nachbarn suchen", sagt Evi Wilhelm.
Rollen bis es schäumt
Auf diesen angefilzten Untergrund kommt jetzt noch ein Motiv. Bestellt war ein Pilz. Also schneidet Evi Wilhelm aus dünnem Filz zwei Pilze aus - rot die Kappe, weiß die Stiele und die Punkte auf der Kappe. Zuletzt legt sie noch einige dunkelgrüne Wollfasern um die Pilze. Wieder wird das Ganze durch das dünne Tuch leicht einmassiert, bevor das eigentliche Filzen beginnt.
Dazu rollt sie das flache Wollstück in eine Matte ein - eine einfache Antirutschmatte, sagt Wilhelm - und rollt sie dann, wie ein Nudelholz, hin und her. Anfangs vorsichtig, dann kräftiger. Der Seifenschaum quillt aus der Rolle. Durch die Bewegung verbinden sich die Wollfasern immer fester.
Sechs Wollschichten für Hausschuhe
Das ist vor allem bei den Hausschuhen wichtig, sagt die Kunsthandwerkerin, denn die müssen ja als Gebrauchsgegenstände lange halten. Von einem Schuhmacher hat sie alte Leisten übernommen. Pantoffel und Hausschuhe fertigt sie aus einem Stück, zuletzt filzt sie direkt am Leisten - sechs Schichten Wollen übereinander, darunter wird am Ende noch eine Ledersohle genäht. Durch die Leisten sind rechte und linke Schuhe unterschiedlich. Filz kann so fest sein, dass man auch eine Schaukel daraus anfertigen könnte, sagt Wilhelm.
Mini-Weihnachtsmarkt neben der Werkstatt
Ihr Handwerk bringt sie auch anderen Menschen bei, gibt Kurse, bietet auch Kindergeburtstage in der Werkstatt an. Und sie ist auf Kunsthandwerkermärkten unterwegs mit ihren Filzwaren. In diesem Jahr war das alles nicht möglich. Im ersten Lockdown im Frühjahr hat sie fleißig vorproduziert für das Weihnachtsgeschäft.
Und nun? Evi Wilhelm hat sich eine Homepage eingerichtet und verkauft online. Außerdem hatte sie bis zum dritten Adventssamstag ihren Werkstatt-Laden geöffnet. Nach ihrem Eindruck haben viele auch aus Solidarität bei ihr bestellt, sagt Evi Wilhelm - und freut sich darüber. Sie selbst hat auch etwas für andere getan und in ihrer Scheune gleich neben der Werkstatt Produkte von sechs Kolleginnen und Kollegen präsentiert - entstanden war eine Art Mini-Weihnachtsmarkt mit Getöpfertem und handgefärbten Socken, Seifen und Holzwaren, Kleidung und kreativen Dekorationen. Aber auch Werkstattladen und Scheune mussten jetzt schließen.
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 17. Dezember 2020 | 07:40 Uhr