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MDR-Fernsehen

Di, 29.11. 22:10 Uhr 44:52 min

Was wurde aus der Volkspolizei?

Film von Jan N. Lorenzen und Marianne Harr

  • Stereo
  • Audiodeskription
  • 16:9 Format
  • HD-Qualität
  • Untertitel
  • VideoOnDemand

Bilder zur Sendung

Am 7. und 8. Oktober 1989 ging die Volkspolizei in Berlin und anderen Städten der DDR massiv gegen Demonstranten vor. Hunderte wurden verhaftet. Einer der Orte, an dem die Demonstranten gebracht wurden, war das Polizeigefängnis in der Berliner Keibelstraße. Bildrechte: MDR/Hoferichter&Jacobs/ Daniel Liepke
Zum 3. Oktober 1990 wurden die Embleme des "Arbeiter- und Bauernstaates“ von den Streifenwagen der Volkspolizei entfernt. Auch von den Dienstmützen verschwanden Hammer, Sichel und Ehrenkranz und wurden durch eine schwarz-rot-goldene Kokarde ersetzt. Die Sendung "Was wurde aus der Volkspolizei?" befragt ehemalige Ordnungshüter zu ihren Erfahrungen, Sorgen und Ängsten in den Jahren nach 1990. Bildrechte: MDR/Hoferichter&Jacobs/ Jan Lorenzen
Ebenfalls zum 3. Oktober erhielten die Polizisten der Volkspolizeibereitschaften Schablonen und Textilfarbe geliefert, um die Uniformen dann in Eigenarbeit mit dem Schriftzug "Polizei“ zu versehen. Bildrechte: MDR/Hoferichter&Jacobs/ Jan Lorenzen
Peter-Michael Diestel war von April bis Oktober 1990 Minister des Inneren der DDR und damit Dienstherr über rund 80.000 Volkspolizisten. Bildrechte: MDR/Bundesarchiv/Robert Roeske
Unter anderem mit der Broschüre "Polizeidienst – ein Beruf mit demokratischen Traditionen" versuchte Peter-Michael Diestel den Volkspolizisten ein "anständiges, sie ergreifendes und erfassendes Berufsbild" zu organisieren. Bildrechte: MDR/Hoferichter&Jacobs/ Jan Lorenzen
Ein dunkles Kapitel: Am 3. November kam es im Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzig zum Spiel des FC Chemie gegen den BFC Dynamo Berlin. Polizisten postierten sich vor dem Stadion. Bildrechte: MDR/Hoferichter&Jacobs/ Jens Fuge
Das Spiel war überschattet von heftigen Krawallen. Der 18-jährige Mike Polley aus Berlin wurde von Polizisten getötet, die sich möglicherweise in Panik den Weg frei geschossen hatten. Die genauen Hintergründe wurden nie ermittelt. Mit "Was wurde aus der Volkspolizei?" ist ein Film entstanden, der das Bild einer zutiefst verunsicherten und dennoch für die Sicherheit zuständigen Organisation nachzeichnet. Bildrechte: MDR/Staatsarchiv Leipzig

„Die Polizisten brauchten Sicherheit“, so beschreibt Heinz Eggert, von 1991 bis 1995 sächsischer Innenminister, die Situation der Polizei in den Jahren nach der friedlichen Revolution. Die Kriminalitätsstatistiken meldeten dramatisch steigende Verbrechenszahlen bei gleichzeitig sinkenden Aufklärungsraten. Die Polizei war überfordert, ihre Ausstattung noch auf dem Niveau der DDR-Volkspolizei. Mit altersschwachen Trabbis jagten die ehemaligen Volkspolizisten nun Bankräubern hinterher, die längst über PS-starke Westautos verfügten. Als Handlanger des alten Regimes wurden sie beschimpft, bedroht und ausgelacht. In „Heimarbeit“ hatten die Polizisten zum Stichtag 3. Oktober 1990 die Hoheitszeichen der DDR von ihren Mützen und den Schriftzug „Volkspolizei“ von ihren Jacken entfernen müssen. Jetzt herrschte ein heilloses Durcheinander. Nach Feierabend paukten sie die neuen Gesetze, die von nun an Grundlage ihrer polizeilichen Arbeit waren: „Was darf ich als Polizist, was darf ich nicht?“. Sie mussten eigene Überzeugungen ablegen, aber auch gegen Vorurteile kämpfen. Über allen schwebte zudem das Damoklesschwert der Entlassung, denn sie wurden überprüft auf Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit. Hatten Sie sich schuldig gemacht in den Jahren vor 1990? Hatten Sie Spitzeldienste ausgeführt, Gefangene misshandelt, sich in der Vergangenheit so verhalten, dass eine Übernahme in den Staatsdienst eines demokratischen Landes ausgeschlossen war?

Der Zeitdruck war gewaltig, die Bevölkerung extrem verunsichert. Brennpunkte der Kriminalität in Berlin, Leipzig, Magdeburg und Rostock –Lichtenhagen machten deutlich, wie rechtsfreie Räume genutzt wurden.
Obwohl die Volkspolizei eine der entscheidenden Stützen des DDR-Regimes war, ist ihr Weg in das vereinte Deutschland von der Öffentlichkeit bisher erstaunlich wenig beachtet worden. Für die Dokumentation „Was wurde aus der Volkspolizei?“ haben die Autoren Jan N. Lorenzen und Marianne Harr ehemalige Volkspolizisten zu ihren Erfahrungen, Sorgen und Ängsten in den Jahren nach 1990 befragt. Parallel dazu kommen Bürgerrechtler, Politiker, Historiker und Journalisten zu Wort, die diesen Prozess kritisch begleitet haben. Entstanden ist ein Film, der das Bild einer zutiefst verunsicherten und dennoch für die Sicherheit zuständigen Organisation nachzeichnet und vom widersprüchlichen Anpassungsprozess an die neue Zeit erzählt.

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