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Sa, 30.09. 18:00 Uhr 14:30 min

Wir sind hier – Muslime in Ostdeutschland

Der Abgeordnete

Film von Tycho Schildbach

Komplette Sendung

Kassem Taher Saleh ist Diplom-Bauingenieur. Er hat auf Baustellen Verantwortung übernommen. Nun setzt er sich als Politiker im Bundestag für eine moderne und nachhaltige Baupolitik ein. Doch seine Kompetenzen zählen für Viele nicht. In seinem Wahlkreis "Dresden-Süd" gilt er oft nur als: der Flüchtling.

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Ziad und Maher sind Brüder. Zwei Brüder, die in Damaskus ihre eigenen Friseursalons geführt haben. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Als der Bürgerkrieg ausbricht, fliehen sie nach Deutschland. Nach Stationen in München und Dresden bleiben sie in Leipzig. Hier fühlen sie sich willkommen. Bildrechte: MDR/Chiara Battaglia
Ziad macht einen Sprachkurs, beginnt einen Meisterlehrgang und besteht drei Jahre später die Prüfung. Er öffnet hier seinen eigenen Salon. Sein Bruder Maher unterstützt ihn im Laden. Der Salon wird zu einem Ort der Begegnung und des Austauschs, der die kulturelle Vielfalt der Stadt widerspiegelt. Bildrechte: MDR/Chiara Battaglia
Auch Kassem Taher Saleh kann von den Herausforderungen der Integration und dem Finden von Stärke in schwierigen Situationen erzählen. Als Kind flieht er aus dem Nordirak nach Deutschland. Jetzt sitzt der 28-Jährige als Politiker im Bundestag. In seinem Wahlkreis "Dresden-Süd" gilt er jedoch oft nur als "der Flüchtling". Bildrechte: MDR/ Tycho Schildbach
Suleman Malik erfährt Hass und Widerstand - regelmäßig erhält er Morddrohungen. Bildrechte: MDR/Tobias Zuttmann
Und dennoch macht der Muslim weiter: Seit über zehn Jahren kämpft Malik für eine Moschee in Erfurt, fünf Jahre dauert bereits die Bauzeit. Bildrechte: MDR/Tobias Zuttmann
2006 konvertiert Karoline Roscher-Lagzouli in einer salafistischen Hinterhofmoschee in Köln zum Islam. Bildrechte: MDR/Felix Schlagwein
Ihr Mann Hassan, ein liberaler Muslim, ist besorgt. Doch sie schafft den Weg aus dem Salafismus. Bildrechte: MDR/Felix Schlagwein

Seine Familie flieht aus dem Nordirak nach Deutschland, da ist Kassem 10 Jahre alt. Die Eltern und die vier Brüder kommen in einem Asylheim im sächsischen Plauen unter. Lange erhalten seine Eltern keine Arbeitserlaubnis. Das Leben in der beengten Unterkunft mit wenig Perspektiven für die Zukunft setzt allen schwer zu. Kassem hilft der Fußball, sich zu integrieren und die deutsche Sprache zu lernen.

Schon als Jugendlicher unterstützt er nicht nur seine Familie, sondern auch viele Freunde bei Behördengängen oder Problemen mit dem deutschen Recht. Aber er will mehr, möchte sich nicht nur in seinem direkten Umfeld engagieren. Ungleichheit und die Klimakrise sind Kassems Themen, die er mit größeren politischen Hebeln bekämpfen möchte.

Auf dem zweiten Bildungsweg holt er sein Abitur nach, denn eine Grundschul-Lehrerin hatte ihm ursprünglich den Schritt zum Gymnasium nicht zutraut. 2018 wird er eingebürgert. 2019 tritt er den Grünen bei. Nur zwei Jahre später zieht er mit 28 Jahren in den Deutschen Bundestag.

Dort gehört er als Muslim zu einer kleinen Minderheit. Das Parlament habe die Aufgabe, alle Teile der Gesellschaft zu repräsentieren, sagt Kassem. Er kritisiert, dass es auf der höchsten politischen Ebene noch an Sensibilität fehle. Beispielsweise wünscht er sich, dass es möglich wird sich zu muslimischen Feiertagen, wie während des Zuckerfests bei der Bundestagsverwaltung abzumelden.

Als Migrant, Muslim und Grüner ist Kassem in Sachsen permanenter Underdog. Er hetzt von Termin zu Termin, hat es in kurzer Zeit in den Bundestag geschafft. So kann er die Politik vorantreiben, an die er glaubt.
Ein Film von Tycho Schildbach

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