Chat-Protokoll: Diese Rechte haben Sie als Fluggast!

25. September 2019, 11:58 Uhr

Der Flieger ist überbucht. Müssen Sie jetzt eine andere Reiseroute hinnehmen? Wann kann man Verspätungen geltend machen und bekommt eine Entschädigung? Und in welchen Fällen kann man risikolos von einer Flugbuchung zurücktreten? Und wie lange? Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel stellte sich Ihren Fragen im Chat.

  • Moderator: Herzlich willkommen zum Chat zum Thema "Flugreiseärger". Ich begrüße alle User und natürlich unseren Experten Holger Hopperdietzel. Stellen Sie hier Fragen zum Thema und diskutieren Sie mit! Ich wünsche allen viel Spaß!
  • Moderator: Ihre Fragen werden an die Experten weitergeleitet - und mit der Antwort zusammen erscheinen sie dann im Chat.
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Bestbiker 46: Ansprüche auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung verjähren in drei Jahren nach dem Flug. Allerdings beginnt die Verjährung erst am Ende des Jahres, in dem der Flug stattgefunden hat, so dass je nach Datum des Flugereignisses bis zu knapp vier Jahren Verjährungsfrist besteht.
  • Bestbiker 46: wie lange hat man Anspruch auf Entschädigung?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Bestbiker 46: Ansprüche auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung verjähren in drei Jahren nach dem Flug. Allerdings beginnt die Verjährung erst am Ende des Jahres, in dem der Flug stattgefunden hat, so dass je nach Datum des Flugereignisses bis zu knapp vier Jahren Verjährungsfrist besteht.
  • Klaus: Wen nehme ich in Anspruch? Den Veranstalter oder die Fluggesellschaft? Zum Beispiel Condor?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Klaus: unter Umständen kann man den Veranstalter und die Fluggesellschaft nacheinander in Anspruch nehmen. Wenn der Flug Bestandteil einer Pauschalreise gewesen ist und aufgrund der Flugverspätung auch noch zusätzlich Minderungsansprüche entstehen, sollten zunächst diese durchgesetzt werden. Minderungsansprüche können dann entstehen, wenn die Anreise zum Urlaub länger als vier Stunden verspätet erfolgt.
  • Holger Hopperdietzel : Wenn die Minderungsansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter vollständig durchgesetzt wurden, nimmt man danach die Fluggesellschaft auf die Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung in Anspruch.
  • heinrich: Ich plane eine Busfahrt mit MeinFernbus.de von Leipzig nach Berlin. Wie sieht es da mit Entschädigungen bei Verspätungen aus?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Heinrich: ich muss gestehen, dass ich mich mit den Rechten der Busreisenden, gerade im neu geschaffenen Bus-Fernverkehr noch nicht beschäftigt habe. Meine Spezialisierung beruht auf Pauschalreise, Flugreise und Seetouristik. Ich bitte um Verständnis, dass ich derzeit eine solche Frage nicht beantworten kann.
  • Holger Hopperdietzel : @ Heinrich: ich habe eben nochmals kurz recherchiert. Ich habe dabei festgestellt, dass es für Busreisende auch Rechte bei Verspätungen gibt, deren Höhe allerdings auf den Fahrpreis beschränkt ist.
  • Moderator: Liebe User, Ihre Fragen werden an die Experten weitergeleitet - und mit der Antwort zusammen erscheinen sie dann im Chat.
  • Bestbiker 46: Mein Flug war der gleiche wie der in der Sendung gezeigte Flug. kann ich da noch etwas geltend machen, denn mein Mitreisender saß im Rollstuhl (100 % Schwerbeschädigt. GTI hat mir 143,00 Euro per Scheck angeboten darauf bin ich in Widerspruch getreten aber habe bis heute nichts mehr gehört. Ist es möglich doch noch zu meinem Geld zu komme?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Bestbiker: von GTI ist keine Zahlung mehr zu erwarten, dass sich das Unternehmen in Insolvenz befindet.
  • Moderator: Anregungen an die Redaktion können natürlich auch hier weitergegeben werden. http://www.mdr.de/umschau/kontakt/index.html
  • Seeigel: Wir hatten bei einem Hotel gebucht. Laut eiegener Internetseite sollten es 4 Sterne sein. Vor Ort konnte man keinen Hinweis auff 4 Sterne finden. Die Qualität war auch nicht dementsprechend. Wir haben uns beschwert, wurden jedoch an der Rezeption vertröstet. Was kann man sich da beschweren und ggf. Geld zurück verlangen?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Seeigel: soweit die Buchung unmittelbar gegenüber beim Hotel erfolgte, sind Beschwerden auch unmittelbar dort vorzutragen. Soweit sich das Hotel im Ausland befindet, dürfte es problematisch werden. Bei einem Hotel, welches in Deutschland liegt, könnte man zumindest im Streitfall auch ein Gericht anrufen. Die Höhe der Rückforderung hängt von dem Umfang und der Intensität der Mängel ab. Pauschal kann man hier keine Antwort geben.
  • Holger Hopperdietzel : Die Höhe der Forderung kann nur anhand einer konkreten Mangelbeschreibung beziffert werden
  • MaBo: Bei einer Reise in die Türkei hatte mein Flug eine ca. 9-stündige Verspätung auf dem Rückflug. Nachdem der Reiseveranstalter auf die EU-Verordnung verwiesen hatte (und damit mich abgewimmelt hat), habe ich mich an die Fluggesellschaft gerichtet. Diese (German Sky Airlines) ist nunmehr insolvent und auf Schreiben und Nachfragen seit November 2012 gab es keine Reaktionen. Was kann ich nunmehr unternehmen? Danke
  • Holger Hopperdietzel : Hallo MaBo: im Fall von German Sky Airlines dürfte es keine Hoffnung mehr auf Ausgleichszahlung geben. Das Unternehmen befindet sich in Abwicklung und bezahlt nach meiner Erfahrung keine Forderungen mehr.
  • Filou: Hallo, wir waren im September 2012 mit GTI in der Türkei. Beim Hinflug hatten wir 4 h und Rückflug 11 h Verspätung (Technischer Defekt). Haben wir eine Chance, eine Entschädigung zu bekommen?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Filou, Ansprüche gegen GTI lassen sich nicht mehr realisieren. Der Insolvenzverwalter wird freiwillig keine Zahlung leisten. Wer hat die Flüge ausgeführt? Wenn es, wie üblich, Sky Airlines war, dürfte nicht mit einer Zahlung zu rechnen sein.
  • Moderator: Tipp: Die Umschau-Sendung von heute können Sie bereits jetzt in der Mediathek nachsehen. http://www.mdr.de/mediathek/fernsehen/a-z/umschau102_letter-U_zc-6e982065_zs-dea15b49.html
  • Klaus: Also konkret: Wir haben im Internet eine Flugreise gebucht und der Rückflug wurde ca. zweieinhalb Stunden verspätet abgewicklet mit folgender Landung in Köln statt FFM (Nachtlandeverbot) und Bustransfer mit zwei kleinen Kindern nach FFM. Also vom Feinsten. Gegen 3.30 Uhr morgens dann am Ziel. Geplant: 21:15 Uhr. Gebucht wurde bei der Thomas Cook AG. Den Flug führt dann aber die Condor Flugdiesnt GmbH durch. Wer haftet bzw. wäre Beklagte?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Klaus: der von Ihnen geschilderte Sachverhalt verpflichtet das Unternehmen Condor Flugdienst GmbH, die Ausgleichszahlung in Höhe von 250, 400 oder 600 Euro zu bezahlen, je nach Entfernung des Fluges. Fälle mit Nachtlandeverbot in Frankfurt habe ich bereits oft erfolgreich vor Gericht vertreten.
  • Nicki: Hallo MDR! Haben im November 2012 mit German-Sky eine Flugverspätung von 17 Std. auf dem Hinflug und 14 Std.auf dem Rückflug gehabt. Sind über einen Anwalt und haben versucht gegen German-Sky zu klagen. Das Verfahren würde bei der Anhörung ausgesetzt, mit der Begründung das der Europäische Gerichtshof über die mit dem Vorlagebeschluß des LG Köln vom 26..07.2011 (AZ: 10 S 224/10) entscheiden muß. Was können wir tun bzw. die Medien mehr Unterstützung für alle anderen Geschädigten Ge
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Niki, ich kann Ihnen leider keinen Tipp geben, was Sie tun können, um Ihren Vorgang zu beschleunigen. Ich befürchte, dass Sie auch bei einem positiven Urteil, welches möglicherweise erst in mehreren Jahren gefällt wird, keine Zahlung erhalten werden. Sollte die Fluggesellschaft zwischenzeitlich Insolvenz anmelden, was nach meiner Einschätzung zu erwarten ist, wird das gerichtliche Verfahren vor dem Amtsgericht ohnehin unterbrochen.
  • Klaus: Wir sind zudem zu viert geflogen. Entschädigung pro Person, also der "richtige" Betrag mal vier, oder gibt es den Familiennachteil?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Klaus: es gibt keinen Familien-Nachteil, mit Ausnahme, der Kleinste hat nichts bezahlt. Bei Condor gibt es im Einzelfall Tarife für Babys ohne eigenen Sitzplatzanspruch, für die kein Entgelt erhoben wird. Für diese Passagiere gibt es keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung. Sobald das Kind einen Flugpreis entrichten musste, bestehen auch für diese Fluggäste Ansprüche in voller Höhe.
  • nickname: wie sieht die entschädigung aus, falls der vogel mal abschmiert und ich das glück habe zwar den ferienort aber mit nem krankenhaus nicht die geplante unterkunft zu erreichen. bekomm ich mein urlaubsgeld ersetzt ? auch falls ich aus den panoramafenstern einen phantastischen ausblick erhasche.
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Nickname, ich verstehe Ihre Frage nicht so recht. Wenn es zu einem Luftfahrtunfall kommt, haben Sie Ansprüche auf Schadenersatz nach dem Montrealer Übereinkommen.
  • Moderator: Es sind einige Fragen aufgelaufen. Herr Hopperdietzel ist eifrig beim Beantworten.
  • Klaus: Ich denke, die Anwort, wen man in Anspruch nimmt habe ich jetzt. Den, der den Flug ausführt.
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Klaus, so ist es. Die EG-VO 261/2004 regelt, dass alle Ansprüche gegenüber dem ausführenden Luftfrachtführer bestehen.
  • K.A.: Unser Anspruch wurde abgelehnt, da man die Verspätung mit einem Gewitter in Verbindung brachte - tatsächlich haben jedoch andere Fluggesellschaften ihre Maschinen starten lassen - unser Start erfolgte mit sieben Stunden Verspätung - welche Möglichkeit habe ich noch eine Ausgleichszahlung zu erhalten? Sollte ich warten bis die Schlichtungsstelle eingerichtet ist und mich dann noch einmal an diese wenden?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo K.A. Es ist Geschmackssache, ob man sich auf die Schlichtungsstelle einlässt oder nicht. Erfahrungen mit dieser Institution gibt es noch nicht. Wahrscheinlich wird man dort versuchen, einen Kompromiss zwischen der Forderung des Fluggastes und den Interessen der Fluggesellschaft herbeizuführen. Ob das behauptete Gewitter tatsächlich einen Entlastungsgrund darstellt, ist schwierig zu beantworten.
  • Holger Hopperdietzel : Wenn allerdings andere Flüge ohne Probleme durchgeführt wurden, deutet es darauf hin, dass das Gewitter nicht die Ursache der Verspätung ist. Im übrigen dauern Gewitter nicht sieben Stunden lang, so dass hier vieles für eine andere Ursache spricht.
  • Reisender1: Wir wollten ab Berlin SXF in den Urlaub fliegen. Keine Pauschalreise, Flug und Hotel extra gebucht. Als wir pünktlich da waren, war der Flieger schon weg. Am Check in hieß es, man habe alle Passagiere per Mail über die Vorverlegung (3 Std) des Flugs informiert. Wir haben aber keine Mail bekommen. Wir haben dann am nächsten Tag einen viel teureren Flug buchen müssen. Kann man da was machen? Im Endeffekt steht Aussage gegen Aussage.
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Reisender1: Sie können etwas unternehmen und Entschädigung bzw. Schadensersatz verlangen. Die Fluggesellschaft muss den Zugang der E-Mail bei Ihnen beweisen. Das wird nicht gelingen, so dass nach meiner derzeitigen Einschätzung der Anspruch auf Schadensersatz wegen des teureren Flugtickets bestehen dürfte.
  • Moderator: Tipp: Das Protokoll zum Chat können Sie auch wenige Minuten danach auf MDR.de nachlesen.
  • Klaus: Ach ja: wenn man zu viert 40 € für eine Reservierung (2 Fensterpplätze und 2 Mittelplätze) ausgibt, dann aber zunächst irgendwelche Plätze bekommt, dann drei Plätze nebeneinander und den Gangplatz, aber eben irgendwo im Flieger, weil di gebuchten Plätze "weg" sind, kann man die 40 € zurückfordern? Keine Leistung, kein Vergütugn?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Klaus, Sie können die Reservierungsgebühr zurückverlangen, soweit man Ihnen die "reservierten" Sitzplätze tatsächlich nicht zugewiesen hat.
  • Moderator: Der Chat neigt sich dem Ende zu. Zehn Minuten noch. Zeit für die letzten Fragen an unseren Experten ...
  • nickname: herr hopperdietzel, sollte im urlaub wirklich wegen einer 2,3,4 stundenverspätung ein anwalt mit ner klage eingeschaltet werden, oder finden sie das nicht auch selbst etwas übertrieben und leute , die so versuchen ihre kasse wieder aufzufrischen etwas zu geizig?
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Nickname, die Europäische Union hat den Flugreisenden Rechte zugesprochen, die von den Fluggesellschaften systematisch verweigert werden. Wer also seine Rechte nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe durchsetzt, muss sich nicht vorwerfen lassen, geldgierig zu sein. Es sind die Fluggesellschaften, die sich nicht rechtstreu verhalten und dafür werden sie reihenweise vor Gericht verurteilt.
  • Holger Hopperdietzel : Allerdings gibt es keine Verpflichtung von Fluggästen, sich vor Gericht wegen einer Flugverspätung zu streiten. Es bleibt jedem selbst überlassen, was er mit seinen Rechten anfängt. Ich habe auch schon Kunden gehabt, die Ansprüche eingeklagt und den gewonnenen Betrag dann gespendet haben. Das hielt ich seinerzeit für eine lobenswerte Idee!
  • Nicki: Danke schön und einen schönen Abend!
  • Holger Hopperdietzel : Danke, wünsche ich Ihnen auch!
  • nickname: was heißt montrealer übereinkommen ? habe die texte zufällig nicht bei der hand.
  • Holger Hopperdietzel : Hallo Nickname, bei dem Montrealer Übereinkommen handelt es sich um ein Übereinkommen von mehr als 100 Ländern weltweit, die eine gemeinsame Regelung über die Ansprüche von Flugreisenden bei Luftfahrtunfällen getroffen haben. Im Montrealer Übereinkommen sind die Ansprüche der Fluggäste geregelt. Das MÜ ist an vielen Stellen im Internet zu finden.
  • Klaus: danke
  • Holger Hopperdietzel : Gerne!
  • Moderator: Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern - und natürlich bei unserem Experten. Wir verabschieden uns und wünschen Ihnen noch einen schönen Abend.
  • Moderator: Das Protokoll zum Chat können Sie in wenigen Minuten auf MDR.de nachlesen.
  • Links in MDR.DE