Mann mit Mundschutzmaske sitzt nachdenklich auf einer Bank
Bildrechte: imago images/Michael Weber

Einsamkeit Soziale Isolation erhöht das Herzinfarkt-Risiko

22. Mai 2020, 05:00 Uhr

Um das Coronavirus einzudämmen, hat die Politik sozialen Abstand verordnet. Wie gefährlich das für die Gesundheit einsamer Menschen werden kann, zeigt eine Langzeitstudie aus Essen.

Menschen, die sozial isoliert leben, haben ein um 44 Prozent höheres Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln, als diejenigen, die in ein soziales Umfeld integriert sind. Das zeigt eine neue Studie von Forschern des Universitätsklinikums Duisburg-Essen. Demnach sterben die Isolierten auch etwa 50 Prozent häufiger an Herzinfarkten oder Schlaganfällen.

Soziale Isolation beschädigt Herzgesundheit

Im Rahmen der Heinz-Nixdorf-Recall-Studie haben die Wissenschaftler über 13 Jahre die gesundheitlichen Entwicklungen von insgesamt 4.316 Personen verfolgt. Zu Beginn erhoben sie, mit wem die Teilnehmer zusammenlebten, ob sie verheiratet waren, wie eng der Kontakt zu Freunden und Familie war, oder ob sie Mitglieder in einem Verein, einer Partei oder in Berufsverbänden waren. Keiner der Teilnehmer litt bei Studienbeginn an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

"Wir wissen bereits, dass Einsamkeit oder fehlender Kontakt zu engen Freunden und Familie Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit haben kann", sagt Janine Gronewold, die die Daten ausgewertet hat. "Was uns diese Studie zeigt, ist, dass starke soziale Beziehungen großen Einfluss auf die Herzgesundheit haben und eine ähnlich wichtige Rolle spielen wie ein gesunder Blutdruck, ein akzeptabler Cholesterinspiegel und ein normales Gewicht.“

Beunruhigende Erkenntnisse vor dem Hintergrund von Corona

In den 13 Jahren der Untersuchung kam es bei den Teilnehmern zu insgesamt 339 Infarkten. 530 Teilnehmer starben. Bereinigt um den Einfluss klassischer Risikofaktoren zeigte sich, dass mangelnde soziale Einbindung das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung um 44 Prozent erhöhte. Alle Risikofaktoren zusammen erhöhten das Sterberisiko um 47 Prozent. Unabhängig davon erhöhte auch fehlende finanzielle Unterstützung das Infarktrisiko um 30 Prozent.

Die Daten könnten den genauen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und schlechter gesundheitlicher Entwicklung nicht erklären. "Aber es ist eine offensichtlich beunruhigende Erkenntnis, insbesondere in diesen Zeiten anhaltender sozialer Distanzierung", sagt Gronewold mit Blick auf die Maßnahmen in Folge der Covid-19-Pandemie.

(ens)

2 Kommentare

Altmeister 50 am 22.05.2020

Der Artikel ist, nach dem Beitrag von 1,6 Mio verschobenen Operationen, wieder ein kleines Mosaiksteinchen zum Nachweis von gesundheitlichen Kollateralschäden des Lockdown. Hinsichtlich Herzinfarktrisiko äußerte sich heute in der Bild- Zeitung Prof. Andresen
(Chef der Deutschen Herzstiftung Berlin) "Es gab 20-30% weniger Patienten mit Herzproblemen in den Kliniken. Die Angst vor einer Infektion ist offenbar größer als vor einem Herzinfarkt. Es wird in nächster Zeit schwerere Fälle in den Kliniken geben, mehr Patienten mit ausgeprägten Vorschäden werden kommen...)".
Sicher finden sich auch noch Studien zu den gesundheitlichen Folgen von ausgefallenen Vorsorgeuntersuchungen (Mammografie, Darmspiegelung), Reha- Therapien und häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder, die man veröffentlichen könnte. Ob man danach noch behaupten kann, dass alle getroffenen einschränkenden Maßnahmen nur dem vorrangigen Ziel des Lebens- und Gesundheitsschutzes dienen, wage ich zu bezweifeln.

Kritische am 22.05.2020

Daran sieht man mal wieder, dass die rein virologische Sichtweise nicht ausreicht. Es gibt noch psychologische, soziale und ethische Komponenten. Diese müssen Politiker ebenso beachten. Aber dafür braucht man eigentlich keine Studie. Herr Kékule sagt auch, wir müssen akzeptieren, dass das Virus bleibt und es auch immer wieder zu Ansteckungen kommen wird, wie bei anderen Krankheiten auch. Wir müssen MIT IHM leben. Das heißt, Massentests und FFP2-Masken für Risikogruppen. Um diese Maßnahmen kommen wir nicht herum, wenn wir nicht langfristig große Teile der Bevölkerung isolieren wollen.