Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
Klima & UmweltMedizinPsychologieWeltraumGeschichteNaturwissenschaftBildung
Bildrechte: imago images/Panthermedia

Das besondere GeschenkVerzeihen ist gut für Körper und Seele

26. Dezember 2020, 10:00 Uhr

Jedes Jahr zu Weihnachten stellt sich die Frage nach der besonderen Geschenkidee. Wie wäre es denn dieses Mal mit Verzeihen? Das geht sogar nach Heiligabend und ist gut für Körper und Seele – bei allen Beteiligten. Denn wer sich dauerhaft über andere ärgert, steht ständig unter Stress, wie mehrere Studien belegen.

So zeigte eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung der Virginia Commonwealth und der Harvard University (USA) an Krankenschwestern im Alter von 43 bis 64 Jahren: Wer verzeihen kann, fühlt sich besser. Studienautorin Katelyn N.G. Long und ihre Kollegen Tyler J. VanderWeele und Ying Chen analysierten dafür Daten von 54.703 Teilnehmerinnen aus der Krankenschwestern-Gesundheitsstudie, die seit 1989 in den USA läuft und werteten damit erstmals eine Längsschnittstudie zu dieser Fragestellung aus, die die Entwicklung der Probanden über einen großen Zeitraum verfolgte.

Aller zwei Jahre werden die Probandinnen per Post oder online u.a. zu ihrem Gesundheitsverhalten, ihrer körperlichen Gesundheit und zu ihrem psychosozialen Befinden befragt. Long und ihr Team werteten die Antworten zur spirituell motivierten Vergebung aus und suchten nach Zusammenhängen mit körperlichem und seelischem Befinden.

Anderen zu vergeben tut vor allem der Seele gut

Die Teilnehmerinnen, die anderen vergeben hatten, schilderten zum einen ein verbessertes psyochosoziales Wohlbefinden und soziale Integration. Andererseits klagten sie seltener über psychische Nöte wie Angszustände oder Depressionen. Nur wenige Hinweise fanden die Forscher in ihrer Studie hingegen auf den Zusammenhang mit Gesundheitsverhalten (z.B. Alkohol- und Nikotinkonsum, Bewegungsfreude) oder körperlichen Gesundheitsergebnissen (z.B. Diabetis, Bluthochdruck). Woran es liegt, dass die Ergebnisse zu den körperlichen Auswirkungen nicht eindeutig waren, dazu wären weitere Studien nötig, so die Autoren.

Vergebung empfangen ist heilsam für den Körper

Zu diesem Ergebnis kamen die Psychologen Yu-Rim Lee (Konkuk University, Südkorea) und Robert Enright (University of Wiscinsin) durch die Auswertung von 128 Studien mit 58.000 Probanden. Sie untersuchten, welchen Einfluss die Tatsache, ob uns jemand verzeiht oder ob wir uns selbst verzeihen, auf unsere körperliche Gesundheit hat. Dabei berücksichtigten sie Cholesterin, Stresshormone, Bluthoch­druck, Autoimmunerkrankungen, Schmerzen und andere Faktoren. Ihr Fazit: Wer unter dem Druck steht, dass ihm nicht verziehen wird, muss mit gesundheitlichen Folgen rechnen. Wem vergeben wird, der lebt ruhiger und gesünder. Wer gesund ist, hat selbst die Energie, anderen zu vergeben.

Verzeihen - aber wie?

Zu verzeihen, wenn man verletzt worden ist oder einem Unrecht widerfahren ist, das fällt nicht jedem leicht. Psychologen raten zu kleinen, überschaubaren Schritten:

1. Verzeihen wollen

Verzeihen ist ein aktiver Vorgang. Derjenige, der vergeben möchte, muss sich dazu entschließen. Dazu gehört auch, dass er bereit ist, Vorwürfe einzustellen und auf den anderen zuzugehen. Denn derjenige, der gekänkt oder verletzt hat, kann seine Worte nicht zurücknehmen, kann Geschehenes nicht ungeschehen machen.

2. Sich Zeit nehmen

Zu verzeihen, kann Überwindung kosten. Eine selbstgesteckte Deadline kann helfen. Das Weihnachtsfest oder der Jahreswechsel können eine gute Gelegenheit sein, einen Neuanfang zu wagen. Davor sollte man sich selbst genug Zeit geben, wütend zu sein und zu reflektieren.

3. Verzeihen heißt nicht gutheißen

Um zu vergeben, muss man das, was einem widerfahren ist, nicht gutheißen. Ein erster Schritt kann sein, den Streit hinter sich zu lassen und die Situation, in der man gekränkt wurde, aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

4. Das Gute sehen

Gelingt es, den Blick von den negative Situationen oder Verhaltensweisen auf die guten Erfahrungen zu lenken, die man zusammen gemacht hat, ist es leichter zu verzeihen. Auch wenn nach einem Streit das Gefühl von Ärger, Schmerz und Enttäuschung stark ist, kann das mit etwas Konzentration gelingen.

5. Die eigenen Erfahrungen reflektieren

Wichtig ist, sich zu fragen: Warum trifft es mich so? Ist meine Reaktion angemessen? Manchmal verstärkt ein früheres Erlebnis das Gefühl der Verletzung. Kam der Vater früher nicht zum Auftritt der Tochter, kann es sie um so mehr treffen, wenn ihr Freund später nicht zu einem wichtigen Vortrag kommt, den sie hält. Die Sensibilität potenziert sich. Gelingt es einem, das zu erkennen und die früheren Erlebnisse zu verarbeiten und abzukoppeln, kann man auch leichter verzeihen.

6. Den anderen verstehen

Versucht man, sich in die Person hineinzuversetzen, die einen verletzt hat, kann man sich ihr Verhalten möglicherweise erklären. Wird deutlich, dass keine böse Absicht dahinter steckte, fällt das Verzeihen leichter.

7. Das Ho´oponopono-Ritual

Der wohlklingende Name Ho´oponopono kommt aus der Sprache "Ōlelo Hawaiʻi" der hawaiianischen Ureinwohner. Es bedeutet soviel wie “geistige Reinigung”. Die Inselbewohner lösen damit leidvolle Gedanken auf und schaffen Beziehungsprobleme aus der Welt. Gleichzeitig zeigt hilft das Ritual, das anzunehmen, was ist: sowohl Positives als auch Negatives.

Ho´oponopono Anleitung: Leg die Hände auf dein Herz und sprich konzentriert diese vier Sätze: Es tut mir leid. (Hiermit erkennt man an, dass man den anderen verletzt hast und übernimmt Verantwortung für die Situation und die eigenen Gefühle)Bitte verzeih mir. (Dieser Satz beschreibt die eigene Verletzung und zeigt die Bereitschaft, Vergangenes hinter sich zu lassen.) Ich liebe dich. (Obwohl man verletzt wurde, kann man die Situation akzeptieren und den anderen mit all seinen Fehlern sehen und lieben. Das gibt auch Raum, selbst nicht perfekt sein zu müssen.Danke! (Dankbarkeit ist der Schlüssel, um abzuschließen zu können und einen Neuanfang wagen zu können.

Vielleicht ist das Verzeihen in diesem Jahr ein besonders wichtiges Weihnachtsgeschenk. Denn wenn wir schon nicht all unsere Lieben um uns haben können, könnten wir ihnen ja wenigstens vergeben, wenn es einen Grund dafür gibt. Zur Not mit einer gedanklichen Reise nach Hawaii.

(krm)