Kuh
Viehhaltung und Klimawandel - der Zusammenhang wurde schon vielfach untersucht. Bildrechte: Colourbox.de

Klimawandel Tschüss Rindersteak: Kann das Ende des Fleischkonsums den Planeten retten?

01. Februar 2022, 20:00 Uhr

Eine vollständige Umstellung auf pflanzliche Ernährung würde laut einer US-Studie die globalen CO2- Emissionen extrem reduzieren. Bei einem Komplettverzicht in den nächsten 15 Jahren läge der Rückgang bei 68 Prozent. Damit könnte der Kohlendioxid-Ausstoß für die nächsten 30 Jahre auf dem aktuellen Niveau begrenzt werden - Zeit, um nach Alternativen für fossile Brennstoffe zu suchen.

Die Untersuchung wurde von den Professoren Michael Eisen und Patrick Brown erstellt, die seit Jahren vegan leben und an der Firma Impossible Foods beteiligt sind (Brown als Geschäftsführer, Eisen als Berater). Das Unternehmen stellt Fleischersatzprodukte aus Pflanzen her. Schon seit Längerem hatten sich beide Wissenschaftler gefragt, wie sich eine komplette Umstellung auf pflanzliche Nahrungsmittel auf die Emission von Treibhausgasen auswirkt und nun die Zeit in der Corona-Pandemie für die Forschung dazu genutzt.

Dafür werteten sie aktuelle Klimamodelle und die Literatur zum Klimawandel aus. Der neue Ansatz bestand vor allem darin, nicht nur die direkten Treibhausgas-Emissionen der Tierhaltung zu berechnen, sondern auch die indirekten durch den ebenfalls verursachten Landverbrauch. Laut ihren Ergebnissen, die im Fachjournal "PlosClimate" veröffentlich wurden, würde ein kompletter Verzicht der Tierhaltung innerhalb der nächsten 15 Jahre zu einer Verringerung der globalen CO2-Produktion um 68 Prozent führen. Die Rechnung ist dabei etwas kompliziert, weil besonders Rinder auch viel klimaschädliches Methan ausstoßen, dazu kommt die Entstehung von Lachgas etwa durch das Düngen. Diese Treibhausgase werden dann für die Gesamtkalkulation in sogenannte CO2-Äquivalente umgerechnet.

Nahrungsgewohnheiten können sich ändern

Brown und Eisen entwickelten dazu verschiedene Szenarios: Bei einer 15-jährigen Übergangsphase hin zu einer komplett fleischlosen Ernährung der Weltbevölkerung könnte man dann pro Jahr 25 Gigatonnen CO2-Äquivalente einsparen. Wenn man nur auf die Haltung von Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen) verzichten würde, läge die Reduktion noch bei 90 Prozent, bei einem Verzicht nur auf Rinderhaltung bei 71 Prozent (47 Prozent durch Rindfleisch und 24 Prozent durch Milch). Der Grund dafür sind die großen Unterschiede zwischen den Tierarten, was die Emissionen von Treibhausgasen angeht.

Eine 15-jährige Übergangsphase könnte vielen Menschen als sehr kurz erscheinen, sei aber nicht unrealistisch, betont Michael Eisen: "Viele Sachen sind in solch kurzer Zeit passiert: Es hat beispielsweise weniger als 15 Jahre gedauert, bis Smartphones sich auf der ganzen Welt etabliert haben." Auch könnten sich Nahrungsgewohnheiten ändern:

Vor 500 Jahren hatte noch niemand in Italien je eine Tomate gesehen. Vor 60 Jahren niemand in China je eine Cola getrunken. Und früher war Lamm das beliebteste Fleisch in Amerika.

Michael Eisen, Studienautor

Die Säulen zeigen die anhaltende Reduzierung der CO2-Äquivalente bei verschiedenen Szenarios der verringerten Tierhaltung, jeweils bis 2050 und 2100.
Die Säulen zeigen die anhaltende Reduzierung der CO2-Äquivalente bei verschiedenen Szenarios der verringerten Tierhaltung, jeweils bis 2050 und 2100. Bildrechte: Eisen and Brown/MDR

Schon 400 Millionen Menschen mit pflanzlicher Ernährung

Ein Problem bei der kompletten Umstellung auf eine fleischlose Ernährung liegt allerdings darin, dass aktuell noch viele Menschen von Tierhaltung leben – gerade in den ärmeren Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Laut den beiden Forschern müssten dann Wege gefunden werden, damit diese Menschen eine andere Lebensgrundlage bekommen. Diese Investitionen müssten dann auch mit den ökonomischen und humanitären Kosten der globalen Erwärmung verglichen werden und wären damit gar nicht so hoch, schreiben die Wissenschaftler. Außerdem würden durch den Verzicht auf Weideland Flächen frei, die aufgeforstet werden könnten und damit zusätzlich CO2 binden würden.

Dazu ernähren sich aktuell schon 400 Millionen Menschen auf der Erde vollständig pflanzlich. Dies zeige, dass die tierischen Proteine und Fette auch gut durch pflanzliche Eiweiße ausgeglichen werden könnten – bei einer deutlich reduzierten Fläche für den Anbau der Pflanzen. "Die Verringerung oder komplette Einstellung der Tierhaltung sollte auf der Liste der Lösungen für das Klimaproblem ganz oben stehen", resümiert Patrick Brown. "Ich hoffe, dass andere Menschen, besonders Unternehmer, Wissenschaftler und Politiker, erkennen, dass uns das die beste und schnellste Möglichkeit bietet, den Pfad des Klimawandels wieder zu verlassen."

cdi

9 Kommentare

dimehl am 03.02.2022

Ich denke, hier geht es um kürzere Betrachtungszeiträume.
Aber hinsichtlich der vermuteten Anzahl allein in unserer Galaxie existierender / bereits existierter Zivilisationen kommt es auf eine mehr oder weniger nicht an.

dimehl am 03.02.2022

Vermutlich nicht.
Viele der heutigen Tierarten würden aussterben / einige würden sich an die geänderten klimatischen Verhältnisse anpassen.
Hierzu kann man die sehr interessante Serie
Die Zukunft ist wild (Original The Future Is Wild),
welche einst auf ZDF ausgestrahlt wurde, empfehlen.

dimehl am 03.02.2022

Ein Aspekt wird bei diesem Artikel wieder einmal vollkommen ausgeblendet.
Dabei wird er im Hinblick auf die vielen geplanten Veränderungen hinsichtlich der Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels eine entscheidende Rolle spielen.
(Ich habe ihn auch schon bezgl. der Elektromobilität erwähnt.)
Erfolgt die Veränderung freiwillig/weil man es will, obwohl man sich auch Anderes leisten könnte oder nur auf Grund der Umstände erzwungenermaßen ?
Stellt die Veränderung eine willkommene Bereicherung dar oder nur Verzicht ?
Ist der größere Teil der Bevölkerung zu diesen Veränderungen gezwungen, während ein kleinerer Teil der Bevölkerung für sich frei entscheiden kann, ob er die Veränderungen mitträgt oder eben nicht ?
Da ich die Antworten auf die Fragen ahne: sicher wird man dann auch in diesem Zusammenhang wieder von "Maßnahmenkritikern" sprechen...

Dorothée Heyde, Agrarwisenschaftlerin mit Kuh im Stall 5 min
Bildrechte: Marco Steinhoff