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Symbolfoto: So könnte ein postiver Test auf Affenpocken aussehen. Weltweit gibt es derzeit über 100 Fälle. Bildrechte: IMAGO/Christian Ohde

Erster Fall in MitteldeutschlandAffenpocken: 21 Tage Quarantäne für Infizierte und Kontaktpersonen empfohlen

24. Mai 2022, 17:37 Uhr

Die Zahl der Affenpocken-Fälle steigt weltweit, auch in Mitteldeutschland gibt es einen ersten Fall. Ärzteverbände sehen jedoch keinen Anlass zur Aufregung. Insbesondere für Kinder sei keine erhöhte Gefahr zu erwarten. Das Gesundheitsministerium empfiehlt für Erkrankte eine Isolation von 21 Tagen und diskutiert über Impfungen.

Nachdem am vergangenen Donnerstag (19. Mai) der erste Affenpocken-Fall in Deutschland nachgewiesen wurde, steigt die Zahl der Fälle. Mit Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg haben zwei weitere Bundesländer bestätigte Infektionen gemeldet. Bislang waren Fälle in Bayern und Berlin bekannt gewesen. In Sachsen-Anhalt handelt es sich um einen Mann aus dem Landkreis Jerichower Land, der sich nun bereits in häuslicher Isolation befindet. Das deutsche Gesundheitsministerium empfiehlt nun für Erkrankte eine Isolation über 21 Tage. "In den frühen Phasen einer Epidemie muss hart und früh reagiert werden", sagte Bundesgesundsheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag (24.05.2022). Er habe diese Empfehlung mit dem Robert Koch-Institut entwickelt. Auch Kontaktpersonen von Infizierten sollen 21 Tage in Quarantäne.

Es kommt wahrscheinlich keine neue Epidemie

Dass sich nun vermehrt Menschen mit dem Affenpocken-Virus infizieren, die zuvor nicht auf dem afrikanischen Kontinent waren, ist neu. Eine neue Pandemie sehen Fachärzte und –ärztinnen aber nicht aufziehen. Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Gefahrensituation ist gering, weil das Virus nur durch engen Körperkontakt, also über Körperflüssigkeiten oder Krusten, weitergegeben wird und nicht durch Tröpfcheninfektion wie Niesen, Husten oder Sprechen." Es komme wahrscheinlich keine neue Epidemie auf uns zu – die coronabedingte Wachsamkeit werde dazu führen, dass man Kontaktpersonen von Infizierten rasch identifiziere.

So verläuft eine Affenpocken-Infektion

Menschen können sich durch den Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Fleisch mit dem Affenpocken-Virus infizieren. Zwischen Menschen wird das Virus selten und lediglich bei engem Kontakt übertragen – beispielsweise durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, beim Sex. In der Frühphase kann die Krankheit möglicherweise auch Face-to-face durch ausgeschiedene Atemwegssekrete übertragen werden. Die Inkubationszeit für Affenpocken beträgt zwischen sieben und 21 Tagen. Erste Symptome der Viruserkrankung sind Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen sowie geschwollene Lymphknoten. Einige Tage später treten Pocken auf der Haut auf, die letztlich verkrusten und abfallen. Diese "Hauteffloreszenzen" beginnen häufig im Gesicht, aktuell wurden jedoch auch Fälle gemeldet, bei denen die Pocken zuerst im Genitalbereich auftraten.

Im Gegensatz zu den seit 1980 ausgerotteten Menschenpocken ist der Verlauf bei Affenpocken in der Regel deutlich milder, die meisten Menschen erholen sich innerhalb weniger Wochen.

Quelle: Robert-Koch-Institut

Kinder haben kein erhöhtes Risiko

Auch der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, betonte, das Virus sei "weit weniger ansteckend als Corona". Speziell für Kinder sehe er zudem kein erhöhtes Ansteckungsrisiko, weil bisher die meisten Fälle auf sexuelle Kontakte unter Männern zurückzuführen seien. "Kinder gehören daher definitiv nicht zu denjenigen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko." Es seien auch keine Fälle bekannt, in denen sich die Affenpocken in Europa innerhalb von Familien ausgebreitet hätten.

Die Datenlage aus Afrikanischen Ländern hatte zuletzt angedeutet, dass das Affenpocken-Virus für Kinder deutlich gefährlicher sein könnte, als für Erwachsene – laut Thomas Fischbach können diese Daten aus Afrika wegen der schlechteren allgemeinen Gesundheitslage aber nicht direkt auf Deutschland übertragen werden.

Gesundheitsministerium denkt über Impfempfehlungen nach

Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte gestern, man denke über Impfempfehlungen für besonders gefährdete Personen nach und habe bereits Kontakt mit einem Hersteller aufgenommen. Vor den Affenpocken soll auch die klassische Pockenimpfung schützen, die bis Anfang der achtziger Jahre in Deutschland Pflicht war. Der Leipziger Virologe Prof. Uwe Liebert hatte zuletzt gegenüber MDR Aktuell prognostiziert, dass die Impfungen aus dieser Zeit uns heute womöglich nicht mehr vor dem Virus schützen würden.

Das Bundesgesundheitsministerium bereitet außerdem - neben der 21-tägigen Quarantäne-Empfehlung für Infizierte und deren Kontaktpersonen - weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Affenpocken in Deutschland sowie Empfehlungen zu Isolation und Quarantäne vor. Großbritannien hatte zuvor bereits bekanntgegeben, dass Menschen mit engem Kontakt zu Affenpocken-Infizierten drei Wochen in Quarantäne sollen.

Weltweit mehr als 100 aktuelle Fälle

Weltweit sind inzwischen mehr als 100 aktuelle Fälle nachgewiesen – weil die Inkubationszeit des Virus mit bis zu drei Wochen aber relativ lang ist, gehen viele Expertinnen und Experten davon aus, dass es weitere Fälle geben wird. Interessant ist auch der Fall der Münchener Internistin Dr. Karen von Mücke: Sie gab an, bereits Ende April einen Patienten in ihrer Praxis gehabt zu haben, der die für Affenpocken charakteristischen Hautveränderungen hatte – an eine Pockenerkrankung habe damals jedoch niemand gedacht.

Links/Studien

Allgemeine Informationen des RKI zu Affenpocken gibt es hier.

iz/ dpa

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