Erster Fall in Deutschland nachgewiesenExperte zu Affenpocken-Ausbruch: "Würde dies schon als Epidemie bezeichnen"
International nehmen die Fälle von Affenpocken derzeit schnell zu, auch in Deutschland ist jetzt einer bekannt geworden. Das Robert Koch-Institut (RKI) warnt bereits vor dem Virus und bittet, Verdachtsfälle umgehend zu melden.
Am Donnerstag (19.05.2022) hatte das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München bei einem Patienten mit charakteristischen Hautveränderungen das Affenpocken-Virus zweifelsfrei nachgewiesen. Zuvor war es schon in Großbritannien zu einer Häufung von Fällen gekommen, in Portugal, Spanien, Italien, Schweden, Belgien und Kanada wurde der Erreger in den vergangenen Wochen erstmals entdeckt. Das RKI hat Ärzte und Bevölkerung bereits sensibilisiert, Experten äußern sich besorgt.
Affenpocken-Virus nicht so effizient wie Sars-CoV-2 oder Influenza
"Wir hatten in Europa bisher noch keine größeren Ausbrüche von Affenpocken, daher ist die aktuelle Entwicklung ungewöhnlich", sagt etwa Dr. Charlotte Hammer vom britischen Downing College dazu. Ein wichtiger Punkt bei der Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Virus seien nach Meinung der Forscherin eine Meldepflicht sowie Kontaktnachverfolgungen. Zur weiteren Entwicklung dieses Ausbruchs könne man aktuell noch nichts Genaueres sagen, so Hammer. "Wenn die Übertragungswege wie bisher vermutet über engen Körperkontakt erfolgen, ist ein größerer Ausbruch aber eher unwahrscheinlich."
Zu der Frage, ob dies bereits eine Epidemie sei, antwortet ihr Kollege Prof. Fabian Leendertz vom Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) in Greifswald: "Ich würde dies bereits als eine Epidemie bezeichnen, es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass diese Epidemie lange dauern wird." Denn neben der Kontaktverfolgung gebe es auch wirksame Impfungen und Medikamente gegen die Affenpocken. Leendertz fordert wie seine Kollegen mehr Forschung zum Thema: "Wir brauchen dringend gute epidemiologische Daten, um zu verstehen, ob und wie die Fälle zusammenhängen."
Ähnlich sieht es Prof. Dr. Gerd Sutter von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, der fordert, die Aufmerksamkeit in der klinischen Praxis zu erhöhen, um eine konkrete Einschätzung der Ausbreitung der Infektionsereignisse zu erreichen. Die Gefahr einer größeren Epidemie in Deutschland und Europa schätzt der Experte als eher gering ein, weil die Übertragungen der Affenpocken – im Gegensatz zum Grippe-Virus und zu Sars-CoV-2 – kaum über die Luft passieren und daher wenig effizient. Tatsächlich geht man beim aktuellen Affenpocken-Ausbruch davon aus, dass bei den Ansteckungen enger Körperkontakt mit einem Infizierten stattgefunden hat. So komme es meist nur zu kurzen Infektionsketten. Eine ähnliche Entwicklung wie beim Coronavirus ist also vorerst nicht zu befürchten.
PockenkrankeitPocken, auch als Blattern oder Variola bekannt, sind eine lebensgefährliche durch Pockenviren (Orthopoxvirus variolae) ausgelöste Infektionskrankheit, die sich in der Vergangenheit über hochinfektiöse Tröpfchen von Mensch zu Mensch verbreitete. Etwa ein Drittel der Infizierten starben, ein weiteres Drittel behielt bleibende Narben oder erblindete. Allein im 20. Jahrhundert fielen mindestens 300 bis 500 Millionen Menschen weltweit Pocken-Epidemien zum Opfer. Als erste menschliche Krankheit überhaupt wurden die Pocken in den 1980er-Jahren des 20. Jahrhunderts durch eine weltweite Impfkampagne ausgerottet.
smc/cdi
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