Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
Klima & UmweltMedizinPsychologieWeltraumGeschichteNaturwissenschaftBildung
Eine künstlerische Weltraumdarstellung: Bei einigen Exoplaneten ist eine Seite permanent ihrem Stern zugewandt, während sich die andere Seite in ständiger Dunkelheit befindet. Die ringförmige Grenze zwischen diesen permanenten Tag- und Nachtregionen wird als Terminatorzone bezeichnet. Bildrechte: Ana Lobo, University of California (Irvine)

ExoplanetenWarum es so schwer ist, Leben auf anderen Planeten zu finden

01. Juni 2023, 11:52 Uhr

Planetenjäger suchen schon lange nach fremden Lebensformen. Ihr Blick geht dafür oft zu den fernen, teils erdähnlichen Exoplaneten. Bis jetzt wurde jedoch noch keine Spur von Leben gefunden. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Forschenden die falschen Planeten anschauen?

von Patrick Klapetz

Einer der wichtigsten Bausteine für die Entstehung von Leben ist Wasser. Genau deswegen suchen Astronomen und Astrophysikerinnen das Universum nach wasserreichen Planeten ab, die sich in einem bewohnbaren Bereich um ihren Heimatstern bewegen, der habitablen Zone. Bis jetzt haben sie noch keine Aliens oder den Anschein von mikrobiologisch kleinen Lebewesen entdeckt. 

Doch woran liegt das? Immerhin wurden bisher über 5.300 Exoplaneten entdeckt und bereits bestätigt. Das geht aus Daten des Exoplaneten-Archives der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa hervor (Stand März 2023). Doch von Leben gibt es keine Spur, auch wenn sich die Atmosphäre aus der Ferne entschlüsseln lässt

Vielleicht suchen wir einfach auf den falschen Planeten? Und vielleicht ist es auch nicht so schlau, nach besonders wasserreichen Welten Ausschau zu halten? Zu diesem Schluss kamen Forschende der UC Irvine (University of California, Irvine) in ihrer neuen Studie über die Suche nach möglichem Leben auf fremden Planeten. 

Technik, die uns bei der Suche nach Aliens einschränkt 

Bei der Suche nach Exoplaneten konzentrieren sich Forschende auf Planeten, die ihren Wirtsstern in weniger als 100 Tagen umrunden. Dadurch befinden sich die meisten der bisher entdeckten Exoplaneten viel näher an ihrem Stern, als es die Erde an der Sonne ist. Somit ist es dort viel heißer und jegliche Möglichkeit auf Leben würde verbrutzeln.

Unbekannter Planet im Weltraum Bildrechte: Colourbox.de

Ganz auszuschließen, dass es auf solchen heißen Welten Leben gibt, können wir zwar nicht – jedoch haben wir bisher nur Leben auf der Erde gefunden. Deshalb wenden Astronomen und Astrobiologinnen die Erkenntnisse für die Entstehung von Leben auf der Erde auch auf fremde Orte in unserem Universum an. 

Warum suchen wir dann nicht einfach nach fremden Welten, die eine viel größere Umlaufbahn haben? Leider beschränkt uns da unsere derzeitige Technologie. Sie ist am besten dafür geeignet, sternnahe Planeten zu entdecken. 

Suchen wir nach den "falschen" Exoplaneten?

Dementsprechend konzentrieren sich die Forschenden nicht auf sonnenähnliche Sternensysteme. Das Suchfeld wird auf M-Zwergsterne reduziert. M steht dabei für das Spektrum des Lichts, das ein Stern ausstrahlt. Sterne in diesem Bereich sind unter anderem schwach rot-orange leuchtenden Rote Zwerge. Auf ihrer Oberfläche herrschen Temperaturen von circa 2.300 bis 3.900 Grad Kelvin – auf unserer Sonnenoberfläche ist es dagegen 5.778 Grad Kelvin heiß.

Etwa drei Viertel der Sterne in unserem Universum sind Rote Zwerge. Ihre Sternenmasse beträgt ungefähr 7,5 Prozent bis maximal 60 Prozent unserer Sonne – in manchen Fachveröffentlichungen wird die Obergrenze sogar auf 40 Prozent der Sonnenmasse begrenzt. Da Rote Zwerge masseärmer und kühler sind, leuchten sie nur sehr schwach und sind mit dem bloßen Auge von der Erde aus nicht zu entdecken. 

Ihre geringe Masse und Temperatur hat einen Vorteil für Planetenjäger: Die bewohnbare Zone befindet sich viel näher am jeweiligen Wirtsstern und diese Exoplaneten haben somit eine viel geringere Umlaufzeit. Jedoch kommt es zu einem anderen Problem.

Rote Riesen und ihre Planeten: Störende Gezeitenkräfte

Wenn die Umlaufbahn des Exoplaneten zu eng ist, verändern die Gezeitenkräfte des Sterns die Drehgeschwindigkeit der sternnahen Planeten. Dadurch kommt es zu einer gebundenen Rotation des kleineren Himmelskörpers, da die Schwerkraft des Sterns den Exoplaneten so sehr dehnt, dass diese Verzerrung eine Bremswirkung ausübt. 

Vergleich der Größen und effektiven Temperaturen von Planeten, Braunen Zwergen und Sternen. Dargestellt sind die Sonne, der rote Zwergstern Gliese 229A, der junge braune Zwerg Teide 1, der alte braune Zwerg Gliese 229B, der sehr kühle braune Zwerg WISE 1828+2650 und der Planet Jupiter Bildrechte: Linda Huff, Nasa, MPIA, V. Joergens, Wikipedia

Ein passendes Beispiel dafür ist unser Mond. Dessen Eigenrotation so langsam ist, dass wir immer nur die selbe Mondseite zu Gesicht bekommen. Dieses Phänomen wird unter anderem auch als Gezeitensperre (engl. tidal locking) bezeichnet. 

Anders als auf der Erde, die einen regelmäßigen Tag- und Nachtzyklus hat, gibt es Himmelskörper, die "eine permanente Tag- und eine permanente Nachtseite" haben, sagt Ana Lobo. Sie leitet die aktuelle Studie und ist Postdoktorandin am Institut für Physik und Astronomie an der UCI.

Planeten im Zwielicht: Zu heiß und zu kalt für Leben

Solche Exoplaneten scheinen zunächst unbewohnbar zu sein. "Man möchte einen Planeten, der genau die richtige Temperatur hat, um flüssiges Wasser zu haben." Jedoch kann es auf der Tagseite solcher Welten "glühend heiß sein, weit jenseits der Bewohnbarkeit, und die Nachtseite wird eisig sein", erklärt die Geophysikerin. 

Je nachdem, wie nah der Planet am Stern ist, könnte die eine Seite trocken sein, da das gesamte Wasser durch die Sternstrahlung verdampft wurde – denn kein Wasser könnte sich unter diesen Bedingungen halten; die Nachtseite ist dagegen mit riesigen Eiskappen und großen Gletschern bedeckt. Beides unbewohnbare Bereiche, der eine ist eine brutzelnd heiße Hölle, der andere ein Ort des Dauerfrostes. Jedoch gibt es einen Zwischenbereich, der tatsächlich Leben hervorbringen kann, erklärt Lobo. 

Terminator: Keine bösartige künstliche Intelligenz, sondern ein lebensfreundlicher Ort

Der Terminator ist die Trennlinie zwischen der Tag- und der Nachtseite des Planeten. In dieser Zone könnte der "genau richtige" Temperaturbereich zwischen zu heiß und zu kalt liegen. Dort könnte das Eis der nächtlichen Gletscher schmelzen, wenn die Temperaturen über den Gefrierpunkt steigen. Der Terminator wäre damit ein bewohnbarer Gürtel, der den Exoplaneten umkreist – somit ein fruchtbares Terminator-Habitat. 

Deshalb haben Lobo und ihre Kollegen das Klima von Terminatorplaneten mit einer modifizierten Klimamodellierungssoftware simuliert. Diese wird normalerweise zur Modellierung des Klimas unseres eigenen Planeten verwendet. Die Forschenden wollten herausfinden, was die optimale Wassermenge auf einem Planeten sein darf, damit die Terminatorzone flüssiges Wasser enthalten kann. 

Warum besonders wasserreiche Exoplaneten wohl kein Leben beherbergen

Wenn die fremde Welt größtenteils mit Wasser bedeckt wäre, ist es für die Entstehung von Leben alles andere als gut. Das Wasser würde auf der Tagseite vermutlich einfach verdampfen und den gesamten Planeten mit einer dicken Dampfschicht bedecken. Die Treibhauseffekte wären zu enorm, damit Leben bestehen könnte. Ähnliches kann man bei der Venus beobachten, auf der ein Tag länger als ein Jahr ist. 

Der Globus der Venus als Computersimulation. Bildrechte: NASA JPL

"Wir versuchen, die Aufmerksamkeit auf weitere wasserarme Planeten zu lenken, die zwar keine ausgedehnten Ozeane haben, aber Seen oder andere kleinere Flüssigwasserkörper aufweisen könnten, und diese Klimazonen könnten tatsächlich sehr vielversprechend sein", erklärt Lobo. Besonders Exoplaneten mit vielen Landmassen gehören zu den geeignetsten Kandidaten für fremdes Leben. 

Eyeball-like-planets: Augapfel-ähnliche Planeten klingt gruselig, ist es aber nicht

Im ewigen Zwielicht des Terminators würde das geschmolzene Gletscherwasser Vegetationen und damit auch Leben ermöglichen können. Eine solche Welt könnte an seiner nacht-gelegenen Terminatorgrenze von einem eisigen Ring umgeben sein. Sein Aussehen würde dem eines Augapfels ähneln – zumindest hat es ein anderes Forschungsteam bereits 2013 so beschrieben. 

Ein sternnaher Exoplanet wäre damit ein heißer Augapfel. Jedoch gibt es noch eisige Augapfelplaneten, die weit von der Hitze ihres Sterns entfernt sind. Auch hier gibt es eine Eiskappe auf der Nachtseite. Die Tagseite besteht jedoch nicht aus trockener und unfruchtbarer Erde, sondern aus einem flüssigen Ozean, der bewohnbar sein könnte – ähnlich wie die Meere auf der Erde.

Diese künstlerische Weltraum-Darstellung zeigt zwei Typen von Augapfel-Exoplaneten: Einem "heißen" Augapfelplaneten (l.), mit einer dem Stern zugewandten verbrühten Seite und Wasser auf der anderen Seite und einem "kalten" Augapfelplaneten (r.) mit einer Eishülle, die auf der dem Stern zugewandten Seite von einem Ozean durchzogen ist. Bildrechte: MDR/P. Klapetz, NASA, JPL-Caltech

"Planeten mit heißen und eisigen Augäpfeln sind Extremfälle, aber jeder Planet, der gezeitenabhängig an seinen Stern gebunden ist, sieht wahrscheinlich auf seiner Tag- und Nachtseite sehr unterschiedlich aus", erklärt der Astronom Sean Raymond, der an keiner der beiden Studien beteiligt war. 

Er vermutet, dass es in unserem Universum eine Vielzahl von Variationen von Augapfel-Planeten gibt: "Die Unterschiede könnten von Wolken herrühren, die sich in bestimmten Gebieten angesammelt haben, vom bevorzugten Schmelzen des Eises auf der Tagseite oder vom Gefrieren des Eises auf der Nachtseite oder von einer beliebigen Anzahl anderer möglicher Quellen."

"Indem wir diese exotischen Klimazustände erforschen, erhöhen wir unsere Chancen, in naher Zukunft einen bewohnbaren Planeten zu finden und richtig zu identifizieren", erörtert Lobo. Biosignaturen für Leben könnten möglicherweise somit nur in bestimmten Teilen der Atmosphäre des Planeten vorhanden sein.

Außerirdisches Leben kann es auch in unserem Sonnensystem geben

Doch um fremdes Leben zu finden, müssen die Forschenden nicht unbedingt in viele Lichtjahre Entfernung schauen. Auch in unserem Sonnensystem kann es außerirdischen Leben geben, beispielsweise auf den Eismonden des Jupiters – zu den Monden Ganymed, Europa und Callisto soll im April 2023 die europäische Raumsonde Juice aufbrechen. 

Auch Plutos Eismond Charon könnte bei der Suche nach Leben behilflich sein. Ein weiterer Kandidat für Leben unter seinem Eispanzer ist der Saturnmond Enceladus. Seine Fontänen spucken feine Partikel ins All, die moderne Instrumente nach Bausteinen für Leben absuchen können, wie unter anderem auch Forschende aus Leipzig untersucht haben. Die Möglichkeiten, Leben zu finden, scheinen unendlich zu sein – nur das Auffinden scheint uns Probleme zu bereiten. 

Links/Studien