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Alkoholkonsum ist in der Fußballkultur tief verwurzelt. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

SchwedenStudie untersucht Alkoholkrankheit im Profi-Fußball

22. Dezember 2022, 16:00 Uhr

Wird unter Profi-Fußballern besonders viel Alkohol getrunken? Eine Studie aus Schweden verneint das. Das Risiko von Spitzenfußballern für eine Alkoholkrankheit ist demnach sogar geringer als bei Durschnittsmännern. Das gilt jedoch nicht für Spieler, die vor den 1960er-Jahren gekickt haben. 75-Jährige Ex-Profis haben sogar ein überdurchschnittlich hohes Risiko für alkoholbedingte Krankheiten.

Was haben Paul Gascoigne, Paul Best und Uli Borowka gemeinsam? Alle drei waren großartige Fußballspieler – und alle drei waren alkoholkrank. 2021 warnte der damalige Eintracht Frankfurt-Verteidiger Martin Hinteregger in einer Talkrunde bei Servus TV: "Viele Profifußballer sind Alkoholiker geworden oder komplett abgestürzt. Wahrscheinlich ein Drittel." Später stellte er in der "Sport-Bild" klar, er habe gemeint, dass "gefühlt jeder dritte Fußballer nach seiner aktiven Karriere gefährdet ist, in ein Loch zu fallen". Und einige davon hätten auch Alkoholprobleme.

Alkoholkonsum in Fußballkultur verwurzelt

Tatsächlich ist der Alkoholkonsum tief in der Fußballkultur verwurzelt. Das betrifft die Fans der "schönsten Nebensache der Welt" genauso wie die Fußballspieler selbst. Und es gibt auch mehrere bekannte Spieler, die während und nach ihrer Karriere alkoholabhängig geworden sind.

Bierdusche beim Halleschen FC nach dem Aufstieg 2012. Im heutigen Profifußball ist das Bier jedoch häufig alkoholfrei. Bildrechte: imago images / Picture Point

Vermutet wird, dass ständiger Leistungsdruck, öffentliche Aufmerksamkeit, Ruhm, aber auch Verletzungsgefahr und Konkurrenzdruck das Risiko alkoholbedingter Krankheiten bei aktiven Spitzenfußballern erhöhen. Auch das Ausscheiden aus dem Spitzensport wurde immer wieder mit psychischen Problemen und alkoholbedingten Störungen in Verbindung gebracht. Allerdings gab es bislang nur sehr wenige große Studien, die die Thematik auch wissenschaftlich untersucht haben.

Profis ab den Sechzigern weniger gefährdet

Eine über Jahrzehnte laufende Kohorten-Studie mit Spielern der höchsten Fußball-Liga Schwedens "Allsvenskan" hat diese Forschungslücke nun ein Stück weit verkleinert. Eine besondere Anfälligkeit von Profifußballern für alkoholbedingte Krankheiten konnten die schwedischen Autoren jedoch nicht feststellen.

Vielmehr ergab ihre Studie, dass männliche Spitzenfußballer sogar ein um etwa 30 Prozent geringeres Risiko für alkoholbedingte Erkrankungen hatten als Männer aus der Allgemeinbevölkerung. Allerdings galt das nur für Spieler, die ab den 1960er-Jahren in der "Allsvenskan" spielten. Fußballspieler aus früheren Epochen wiesen hingegen ein ähnlich hohes Risiko für Alkoholkrankheiten auf wie Männer aus der Allgemeinbevölkerung. Die Forscher nehmen an, dass die wirtschaftlichen Veränderungen im Profifußball seit den 1960er-Jahren auch die Trinkgewohnheiten der Spieler positiv verändert haben, wodurch alkoholbedingte Gesundheitsschäden vermindert wurden.

Risiko wächst mit zunehmendem Alter

Der schwedischen Studie zufolge war das Risiko für alkoholbedingte Störungen im Alter von etwa 35 Jahren am geringsten und stieg dann mit zunehmendem Alter an. Im Alter von etwa 75 Jahren hatten ehemalige Fußballspieler sogar ein höheres Risiko für alkoholbedingte Krankheiten als Männer aus der Allgemeinbevölkerung. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der erzielten Tore, der Anzahl der Spiele, der Spielzeiten in der höchsten Spielklasse und dem Risiko alkoholbedingter Störungen wurde in der Studie nicht festgestellt. Das Risiko von Suchterkrankungen im Zusammenhang mit anderen Drogen war bei Fußballspielern deutlich geringer (78 Prozent) als in der Allgemeinbevölkerung.

62.000 Probanden über Jahrzehnte beobachtet

Für ihre Kohorten-Studie verfolgten die schwedischen Forscher die Gesundheitsdaten von 6.007 männlichen Fußballspielern, die von 1924 bis 2019 in der schwedischen Spitzenliga "Allsvenskan" gespielt hatten. Außerdem wurden 56.168 Männern aus der Allgemeinbevölkerung beobachtet, die anhand ihres Alters und ihres Wohnorts mit den Spielern verglichen wurden. Dabei wurden alle alkohol- und drogenbedingten Störungen, die in Totenscheinen, bei Krankenhauseinweisungen und ambulanten Besuchen vermerkt waren, sowie die Einnahme von verschreibungspflichtigen Medikamenten zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit ermittelt.

Die Forscher untersuchten auch, ob ein erhöhtes Risiko in Abhängigkeit vom Jahr der ersten Spielzeit in der höchsten Spielklasse, vom Alter, von der Länge der Karriere und von der Fähigkeit, Tore zu schießen, bestand. Die Studienteilnehmer wurden durchschnittlich 27 Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit wurden bei 257 (4,3 Prozent) Fußballspielern und 3.528 (6,3 Prozent) Männern aus der Allgemeinbevölkerung alkoholbedingte Krankheiten diagnostiziert.

Links/Studien

(dn)

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