Symbolbild Energiewende: Solardach mit Windkraftanlagen im Hintergrund
Wind und Sonne soll die Zukunft gehören. Doch ohne leistungsstarke Energiespeicher gibt es künftig keine Netzsicherheit. Bildrechte: imago images/U. J. Alexander

Alternative Energiespeicher Schwerkraft-Batterien, Druckluft-Kavernen und Elektro-Ziegel

29. April 2021, 14:18 Uhr

Soll die Energiewende zu mehr Wind- und Sonnenkraft gelingen, braucht es leistungsstärkere Energiespeicher. Aktuell dominieren Lithium-Ionen-Akkus. Doch die sind nicht unumstritten. Schwerkraft-Batterien, Druckluft-Kavernen, Lavagestein, Elektro-Ziegel und flüssiges Salz sind fünf alternative Energiespeicher-Modelle mit Zukunftspotential.

Erneuerbare Energiequellen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Doch Sonne und Wind sind für eine stabile Energieversorgung äußerst unsichere Kantonisten. Je nach Windstärke und Sonneneinstrahlung liefern sie mal mehr, mal weniger Strom. Und auch Hochlastzeiten am Tag und niedrige Verbrauchszeiten in der Nacht interessieren die Naturkräfte nicht. Überschüssige Energie, die in niedrigen Verbrauchszeiten erzeugt wird, muss also irgendwie gespeichert werden, um sie bei hohem Verbrauch abrufen zu können.

Pumpspeicherkraftwerke: Kaum noch umsetzbar

Blick auf die Talsperre des Hohenwarte-Stausees bei Hohenwarte
Der Hohenwarthe-Stausee in Thüringen mit dem Pumpspeicherkraftwerk Hohenwarthe I. Seine Turbinen haben eine Leistung von 63 Megawatt. Bildrechte: IMAGO / photo2000

Klassischerweise ist das die Aufgabe von Pumpspeicherkraftwerken. Mit Hilfe von überschüssigem Nachtstrom wird Wasser in einen höher gelegenen Stausee gepumpt. Aus ihm wird es tagsüber, wenn der Stromverbrauch am höchsten ist, wieder abgelassen, wobei über Wasserkraftturbinen und Generatoren elektrischer Strom erzeugt wird. Doch die vorhandenen Anlagen sind für den wachsenden Bedarf bei weitem nicht ausreichend. Großangelegte Neubauten sind aber kaum realistisch. Sie erfordern ein spezielles Terrain, eine teure Infrastruktur und Baugenehmigungen, die auch aus Umweltschutzgründen immer unwahrscheinlicher werden.

Lithium-Ionen-Batterien: Begrenzt und umweltschädlich

Energiespeicher auf Basis von Lithium-Ionen-Zellen in Dresden
In Dresden wurde 2015 Sachsens erster Energiespeicher auf Basis von Lithium-Ionen-Zellen in Betrieb genommen. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich

Erstes Mittel der Wahl für die Energiespeicherung im industriellen Maßstab sind aktuell riesige Lithium-Ionen-Batterien. Doch die können nur eine bestimmte Anzahl von Lade- und Entladevorgängen durchführen, bevor sie innerhalb weniger Jahre ihre Kapazität verlieren. Das Recycling der hochgiftigen Akku-Komponenten ist zudem schwierig und teuer. Hinzu kommt, dass die Gewinnung der Mineralien ("seltene Erden"), die für die Herstellung der Lithium-Ionen-Akkus benötigt werden, oft mit schwersten Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in Ländern der Dritten Welt einhergeht.

Schwerkraft-Batterie mit Elektromotoren

Findige Ingenieure und Wissenschaftler in aller Welt arbeiten deshalb schon seit längerer Zeit an Alternativen der Energiespeicherung. Das Prinzip der Schwerkraftspeicherung, wie es Pumpspeicherkraftwerke nutzen, steht dabei noch immer weit oben auf der Agenda. So stellte erst kürzlich im schottischen Edinburgh das Start-up-Unternehmen "Gravitricity" eine riesige Schwerkraft-Batterie vor. Ein 50 Tonnen schweres Gewicht wird in einem offenen Aufzugsschacht aus Stahlträgeren mithilfe von Elektromotoren mehrere Meter angehoben. Dabei wird elektrische Energie in potentielle Energie (Lageenergie) umgewandelt. Sobald man das Gewicht wieder nach unten fahren lässt, werden die Elektromotoren zu Stromgeneratoren, die bis zu 250 Kilowatt Leistung in das Stromnetz zurückschicken.

Schwerkraft-Batterie mit Wasserkraft

Gravity Storage-Seite von Prof. Dr. Eduard Heindl
Screenshot der Internetseite zum Projekt "Gravity Storage" von Prof. Dr. Eduard Heindl. Bildrechte: https://heindl-energy.com

Ein ähnliches Prinzip verfolgt die Idee eines "Gravity Storage" von Eduard Heindl. Der Professor für e-Business-Technologie an der Hochschule Furtwangen will Lageenergie im noch viel größeren Maßstab nutzen. Dafür will er einen Granitzylinder von 500 Meter Durchmesser im Schwarzwald aussägen und mit einer Konstruktion unterbauen, in die Wasser mit großem Druck eingepumpt werden kann. Bei Stromüberschuss soll auf diese Art der gigantische Granitzylinder angehoben werden. Sobald wieder Strombedarf besteht, lässt man ihn wieder sinken. Das dabei herausgepresste Wasser treibt Turbinen an und erzeugt Strom.

Nächtliche, von einem Vollmond beschienene Skyline. Die Hochhäuser sind wie bei einem Stromausfall völlig unbeleuchtet. Schrift: Mit der Energiewende in den Blackout? 45 min
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Druckluft-Kavernen

Statt Lageenergie mithilfe von Wasser zu speichern bzw. zu erzeugen, sind andere Projekte förmlich auf Luft gebaut – genauer gesagt: Druckluft. Im niedersächsischen Huntorf existiert bereits seit den 1970er-Jahren eine von weltweit zwei funktionierenden Druckluftspeicheranlagen. Mithilfe überschüssigen Stroms werden Verdichter angetrieben, die zwei 300.000 Kubikmeter umfassende Kavernen in einem 500 Meter tiefen Salzstock mit Druckluft befüllen. Bei steigendem Strombedarf strömt diese Luft wieder aus und treibt Turbinen an. Die Anlage ist allerdings wenig effizient, weil sich die Druckluft auf bis zu 600 Grad Celsius aufheizt. Beim Ausströmen kühlt sie sich ab, wobei die Wärmeenergie verloren geht. Das Resultat ist ein Wirkungsgrad von unter 50 Prozent. Ein hoher Wirkungsgrad von etwa 70 Prozent lässt sich nur erreichen, wenn die Verdichtungswärme etwa über einen Abgaswärmespeicher ebenfalls gespeichert werden kann.

Vulkangestein

Auf das Prinzip, elektrische Energie in Form von Wärmeenergie zu speichern, setzt ein Projekt in Hamburg. Im dortigen Hafen betreiben der Windturbinen-Hersteller Siemens Gamesa, der Energieversorger Hamburg Energie und die TU Hamburg seit 2019 den Elektro-Thermischen Energiespeicher ETES. Eine Art Riesenfön heizt dabei etwa 1.000 Tonnen Vulkangestein-Schotter auf bis zu 750 Grad Celsius auf. Eine Woche lang kann der riesige Steinhaufen die Wärmeenergie speichern. Sobald benötigt, wird mit ihrer Hilfe Dampf erzeugt, der eine Turbine und einen Generator antreibt. Die dabei erzeugte elektrische Energie reicht aus, um 3.000 Haushalte einen Tag lang mit Strom zu versorgen. Allerdings ist auch bei diesem Modell der Wirkungsgrad mit aktuell 22 Prozent eher gering. Bis zu 45 Prozent halten die Betreiber aber in der Zukunft für möglich.

Elektro-Ziegel

Viel effektiver wäre es also, wenn man die elektrische Energie direkt in Ziegelsteinen speichern könnte, dachten sich Forscher der Washington University St. Louis (USA). In einem sogenannten Proof-of-Concept wiesen sie nach, dass das funktioniert. Sie entwickelten eine Beschichtung aus dem leitenden Polymer PEDOT. Dieses besteht aus Nanofasern, die das innere poröse Netzwerk eines Ziegels durchdringen. Eingeschlossen in dem Ziegel dient die Polymerbeschichtung als Ionenschwamm, der Elektrizität speichert und leitet. Man könnte also eine Solaranlage anschließen und den Strom von dort direkt im Stein speichern. Die elektrische Energiemenge, die Ziegel speichern können, ist allerdings sehr gering. Sie liegt bei nur einem Prozent der in einer Lithium-Ionen-Batterie gleicher Größe gespeicherten Elektroenergie.

Flüssiges Salz

Ein Solarkraftwerk in Spanien
Im Solarkraftwerk Andasol in Andalusien wird flüssiges Salz als Energiespeicher genutzt. Bildrechte: imago images/Cavan Images

Ein hervorragender Speicher von Wärmeenergie ist übrigens auch Salz. Wenn man Salz auf mindestens 56 Grad Celsius erhitzt, wird es flüssig. Die Überschusswärme wird dabei aufgenommen. Auch wenn das Salz abkühlt, behält es den flüssigen Aggregatzustand und speichert die Energie langfristig ohne Verlust weiter. Fügt man dem flüssigen Salz später feste Salzkristalle hinzu, kommt es zu einer Kettenreaktion. Das Salz kristallisiert und setzt die gespeicherte Wärmeenergie wieder frei. Das physikalische Prinzip, das dahinter steht, nennt sich Phasenwechsel. Es kommt unter anderem bei den bekannten Handwärmekissen zur Anwendung, bei denen die Kettenreaktion im flüssigen Salz durch das Knicken eines kleinen Metalls in Gang gesetzt wird. Im großen Stil wird hitzeverflüssigtes Salz als Energiespeicher in Europas größtem Sonnenkraftwerk Andasol im Süden Spaniens genutzt.

Salzlösung kann aber auch direkt für die Speicherung von elektrischer Energie genutzt werden. Das geschieht in sogenannten Redox-Flow-Batterien. Als Speichermedium fungieren dabei zwei flüssige Elektrolytlösungen in ganz normalen Tanks, die nur zum Laden und Entladen durch die eigentlichen Batteriezellen gepumpt werden. Je größer die Tanks, desto mehr Energie können sie aufnehmen. An solchen elektrochemischen Energiespeichern arbeiten zum Beispiel Forscher in Jena.

(dn)

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