Neue Therapie mit MikrobiomFett und Killerzellen: Das Anti-Krebsmittel aus dem Darm
In der Krebsforschung und -behandlung tut sich viel. Im Zentrum steht auch unser Immunsystem. Forschende aus Würzburg und Marburg haben nun Stoffe gefunden, die die sogenannten Killerzellen des Immunsystems aggressiver gegen Krebszellen werden lassen. Und zwar im menschlichen Darm.
Jeder Mensch hat geschätzt rund 100 Billionen Bakterienzellen in seinem Darm – das ist eine unvorstellbar große Zahl, eine Eins mit 14 Nullen. Diese Bakterien werden als Mikrobiom bezeichnet und seit einigen Jahren weiß man, dass sie nicht nur für unsere Verdauung zuständig sind, sondern auch viele Körperfunktionen steuern oder beeinflussen. Das schaffen die Bakterien, indem sie unsere Nahrung zerkleinern, erklärt der Biomediziner Maik Luu von zu dem Zeitpunkt an der Universität Marburg forschte und mittlerweile nach Würzburg gewechselt ist.
Die Bakterien machen aus den Nahrungsbestandteilen ihre Stoffwechselprodukte. Das sind zu einem sehr großen Teil sogenannte kurzkettige Fettsäuren, also kleine, fettähnliche Moleküle mit einem kleinen Säurerest dran.
Dr. Maik Luu, Biomediziner
Killerzellen können besser arbeiten
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten in Würzburg und Marburg haben diese Fettsäuren nun genau untersucht und in ihrer Studie herausgefunden: ein Teil von ihnen, die sogenannten Pentanoat-Fettsäuren, beeinflussen unser Immunsystem – und zwar positiv, so Luu: "Wir haben festgestellt, dass diese Fettsäuren nun in der Lage sind, Immunzellen – in dem Fall sind es sogenannte Killerzellen – so zu modifizieren, dass sie ihren eigentlichen Aufgaben noch besser nachgehen können."
Dazu gehört, schädliche Zellen, zum Beispiel Tumorzellen, zu zerstören, bevor die viel Schaden in unserem Körper anrichten können.
Dr. Maik Luu
Die Fettsäuren wirken wie eine Art Doping auf die Immunzellen, sagt Maik Luu. Diese können dann Tumorzellen effektiver töten und sind darüber hinaus auch noch langlebiger. Allerdings gibt es im Darm nur wenige Bakterienarten, die Pentanoate produzieren. "Sie sind im Mikrobiom weit unten in der Rangordnung," so Luu. "Das ist umso interessanter, weil man davon ausgehen kann, dass auch die Fettsäure dann nicht so prominent im Darm der Menschen vorhanden ist und man sie vielleicht sogar sehr spezifisch einsetzen könnte."
Man könne diese Fettsäuren beispielsweise dafür nutzen, um Immun-Therapien zur Tumorbekämpfung effektiver und wirkungsvoller zu machen, so der Mikrobiologe.
Therapie muss noch für verschiedene Tumorzellen getestet werden
Die Experten haben auch mit sogenannten CAR-T-Zellen gearbeitet, also speziellen Zellen, die normalerweise dem Patienten entnommen werden. Diese werden mit einem Molekül ausgestattet, das in der Lage ist, die Tumorzellen zu erkennen, berichtet Maik Luu. Dann würde man diese Zellen wieder in den Patienten zurückführen, denn sie sind ja dann gegen den Tumor gewappnet.
Wenn man also die Bakterienarten im Mikrobiom steuert, könnte man künftig eine Tumor-Therapie erfolgreicher machen. Im nächsten Schritt müsse man die Wirkungsweise noch genauer charakterisieren – also auf verschiedene Tumorzellen testen. Und man müsse das Verfahrungen auf seine Sicherheit testen, bevor dann die ersten klinischen Studien anstehen. Das kann, so Maik Luu, noch ein paar Jahre dauern, aber der Grundstein sei gelegt.
cdi
Kommentare
{{text}}