Medizinforschung Mediziner entdecken Blutgefäße im Knochen
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Mit immer moderneren medizinischen Methoden gibt es immer noch Neues zu entdecken: Ein System aus winzig kleinen Blutgefäßen, das in unseren Knochen steckt.

Im 21. Jahrhundert könnte man meinen, dass es kaum noch etwas gibt, was man nicht über den menschlichen Körper weiß. Doch selbst Mediziner erleben noch richtige Überraschungen, wie zum Beispiel Matthias Gunzer, Professor für experimentelle Immunologie an der Universität Duisburg-Essen, dem ein Unfallchirurg von einer gängigen Praxis bei Notfällen erzählt:
Wenn ein Arzt keine Spritze in die Vene setzen kann, spritzt er direkt in den Schienbeinknochen. Sekunden später ist die Injektion im Körper verteilt. Das wissen Ärzte seit Ewigkeiten. Mediziner haben das für Notfalleinsätze im Krieg für schwerstverletzte Soldaten entwickelt. Aber niemand hat sich je darüber Gedanken gemacht, wieso das funktioniert.
Blutgefäße in Röhrenknochen
Gunzer und sein Team mit Forschers aus Jena, Dresden und Erlangen wollten es genauer wissen und wollten herausfinden, warum und wie das funktioniert. Für ihre Untersuchung haben sie sich Röhrenknochen von Mäusen genau angesehen. Röhrenknochen sind die größeren Knochen, die in den Gliedmaßen sind. Dabei machten Gunzer und sein Team eine Entdeckung:
Wir haben ein Netzwerk feinster Blutgefäße gefunden. Sie verlaufen quer durch den Knochen und verbinden das Knocheninnere, wo das Knochenmark sitzt, direkt mit der Knochenaußenseite, der so genannten Knochenhaut. Das erlaubt den Blutzellen, die im Knochenmark gebildet werden, den schnellen Durchtritt quer durch den Knochen. Dieses Blutgefäßsystem haben wir neu entdeckt.
Die Blutgefäße im Knochen sind offenbar ein unbeschriebenes Blatt
Und dann die zweite Entdeckung: Die Forscher hatten angenommen, die Blutgefäße in der Literatur nachschlagen zu können - Fehlanzeige. Offensichtlich hatten sie mit einer neuen Mikroskopie-Methodik eine völlig unbekannte anatomische Struktur entdeckt, die noch nirgendwo beschrieben wurde.
Und wie haben die Foscher dieses Blutgefäßsystem im Knochen aufgespürt? Mit der sogenannten Lichtblatt-Mikroskopie. Dazu brauchten sie Knochen, die durchsichtig wie Glas sein müssen, erläutert der Professor für experimentelle Immunologie.
Wir haben Chemikalien gefunden, die bei richtigem Einsatz die ganze harte Knochenmatrix völlig durchsichtig werden lassen. Dann sieht man die Blutgefäße, die im Knochen verlaufen, ganz deutlich hervortreten.
Professor im Selbstversuch
Zumindest war das bei Mäuseknochen der Fall. Aber haben wir Menschen dieselben Blutgefäß-Systeme? Um das herauszufinden, hat sich Gunzer höchstpersönlich sechs Stunden lang in einen ultrahochauflösenden Magnetresonanztomographen gelegt:
Mein eigener Unterschenkel ist zu sehen und man sieht ganz grob angedeutet, dass solche Gefäße vorhanden sein könnten.
Die seien aber wahrscheinlich an etwas anderen Stellen und nicht ganz so viele. Ob das tatsächlich so ist, müssten nun weitere Untersuchungen zeigen. Das Forscherteam hofft, dass auch andere ihre Entdeckung aufgreifen. Aufmerksamkeit gab es schon mal: Gunzer hat sogar Glückwünsche aus Australien für das neu entdeckte Blutgefäßsystem bekommen.
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