Raubtier Umfrage: Deutsche sehen den Wolf positiv

Ob und welche Zukunft haben Wölfe in Deutschland? Seitdem Wölfe wieder deutsche Wälder bevölkern und über Wolfsrisse berichtet wird, wird über die Vierbeiner viel diskutiert. Das Senckenberg-Institut hat deutschlandweit die Menschen zu ihrer Haltung zur Wolfsrückkehr befragt.

Wolf
Bildrechte: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen/ Stefan Seidel

Unser Bild vom Wolf ist oft kulturhistorisch geprägt. In Deutschland etwa vom märchenhaften Bild des menschenfressenden Räubers, oder in England, von Philosoph Thomas Hobbes, der den "Menschen als des Menschen Wolf" beschrieb: In beiden Fällen ist das Tier negativ konnotiert. In Italien sieht das vermutlich ganz anders aus, die Hauptstadt Rom hat als Wahrzeichen der Stadt eine Wölfin, geprägt von der römischen Mythologie und den Zwillingen Romulus - dem Grundervater Roms - und Remus, die von einer Wölfin großgezogen wurden. Wirken diese Legenden und Märchen bis heute nach und wenn ja, wie? Seitdem wieder Wölfe in europäischen Wäldern heulen, wird nicht nur in Deutschland debattiert: Ist eine Koexistenz von Mensch und Wolf möglich, wie viel Wolf will die Bevölkerung?

Die Deutschen und die Wölfe

Forscher des Senckenberg-Instituts sind der Frage nachgegangen, wie Menschen in Deutschland zu den neuen Wolfspopulationen stehen und woher sie ihr Wissen zum Wolf beziehen. In Telefonintervies wurden im Sommer 2017 über eine Umfrage-Agentur bundesweit 1.000 und zudem 250 Haushalte im Landkreis Görlitz zu ihrem Wissen und ihrer Haltung zum Wolf befragt. Das geschah nach folgendem Muster: Wie sehen Sie Wölfe - Sehr positiv / positiv / neutral / negativ / sehr negativ / weiß nicht.

Weiterhin erfragt wurde die Akzeptanz der Tiere gestaffelt nach der Entfernung zur nächsten Wolfspopulation sowie der generellen Akzeptanz von Wolfsvorkommen in Europa, Deutschland, dem eigenen Bundesland, Landkreis und der Gemeinde. Außerdem gaben die Haushalte Auskunft über ihre Haltung zu Aussagen wie "Wölfe haben wie andere Tiere ein Recht darauf in Deutschland zu leben" oder "Wilde Wölfe sollten nur in Reservaten und geschützten Gebieten leben dürfen."

Die Ergebnisse der Befragungen übertrugen die Forscher auf Akzeptanzdiagramme. Sie zeigen, dass die Befragten deutschlandweit dem Wolf eher positiv gegenüberstehen, im Wolfsgebiet Landkreis Görlitz dagegen neutral.

Grafik Wolfsakzeptanz
Insgesamt wurden deutschlandweit 1.000 Haushalte befragt, im Landkreis Görlitz (Wolfregion) zusätzlich 250. Bildrechte: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

Für die Forscher zeigen die Ergebnisse eindeutig: Je mehr Menschen über Wölfe wissen, um so höher sei deren Akzeptanz für die Carnivoren, sagt Professor Dr. Thomas Müller im Gespräch mit MDR Wissen. Direkte Wolfsbegegnungen, nach denen auch gefragt wurde, waren selten. So war beispielsweise nur gut ein Zehntel - 10,9 Prozent - der Befragten selbst schon einmal einem Wolf in freier Wildbahn begegnet. Das schien aber auf deren Haltung zum Wolf keinen Einfluss zu haben, heißt es in der Studie, die das Fachmagazin "science direct" veröffentlicht hat.

Mehr Kontakbüros für Wolfsgebiete

Der Studie zufolge war mehr Ablehnung erkennbar, wenn Befragte nur andere kannten, die schon einmal direkten Kontakt hatten, zum Beispiel, weil ihnen ein Schaf gerissen wurde. Trotz geringerer Toleranz sehen Menschen, die in unmittelbarer Wolfsnähe leben und sich zusätzlich im lokalen Kontaktbüro informieren, ihre tierischen Nachbarn gelassener, so die Studie. Thomas Müller plädiert deshalb für mehr lokale Informationsstellen in Wolfs-Territorien nach dem Vorbild des Kontaktbüros "Wölfe in Sachsen". Und das widmet sich übrigens der sächsischen Landesregierung zufolge ab Juli 2019 ausschließlich der Umweltbildung zum Wolf im Freistaat und Öffentlichkeitsarbeit in der Region, wie das. Rissbegutachtung, Beratung von Nutztierhaltung und wissenschaftliche Begleituntersuchungen gehen in die Hand des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. April 2019 | 16:00 Uhr