Kanadische Studie mit deutschen Daten Partnerwahl: Wir bleiben unserem Typ treu

12. Juni 2019, 15:48 Uhr

Das kennt wohl jeder Single, der aus einer katastrophalen Beziehung kommt: Der nächste Partner soll ganz anders sein, nicht so wie unser üblicher "Typ". Das wird wahrscheinlich nichts, sagen Psychologen der kanadischen University of Toronto. Ihre Untersuchung zeigt: Ob mit Absicht oder nicht, wir suchen uns wieder denselben Personentyp - immer und immer wieder. Das kann uns dabei helfen, stabile Beziehungen einzugehen, oder aber auch verhängnisvoll enden.

Alles in etwa so wie bei mir bitte! Vielleicht sollten Singles lieber diesen Satz in ihr Online-Dating-Profil schreiben, um die ganz große Liebe zu finden? Eine Untersuchung der kanadischen University of Toronto legt das jetzt jedenfalls nahe. Demnach haben wir tatsächlich alle einen ganz bestimmten "Typ" Frau oder Mann - und dem bleiben wir tatsächlich auch treu bei der Partnerwahl. Und dieser Typ ist uns selbst verdammt ähnlich, schreiben die Forscher in ihrer Publikation in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences.

Der Effekt ist mehr als nur die Tendenz dazu, jemanden zu daten, der uns selbst ähnlich ist.

Yoobin Park, University of Toronto

Forscher werten deutsche Daten aus

In ihrer Studie haben die Forscher nach Ähnlichkeiten in der Persönlichkeit zwischen früheren und aktuellen Partnern gesucht. Denn romantische Beziehungen haben erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden, schreiben sie. Deshalb analysierte das Team Daten aus einer deutschen Längsschnittstudie: dem Beziehungs- und Familienpanel, kurz pairfam.

pairfam – Das Beziehungs- und Familienpanel Die multidisziplinäre Längsschnittstudie "pairfam" wurde 2008 gestartet. Sie dient der Erforschung von Partnerschaft und Familie in Deutschland. Jedes Jahr werden mithilfe von Befragungen die Daten von 12.000 bundesweit zufällig ausgewählten Personen der Geburtsjahrgänge 1971-73, 1981-83 und 1991-93 sowie von deren Partnern, Eltern und Kindern erhoben. Das soll es ermöglichen, die Entwicklungen von Partnerschafts- und Generationenbeziehungen in verschiedenen Lebensphasen zu analysieren.

In der Längsschnittstudie geben auch alle Teilnehmenden ihren Beziehungsstatus an. Immer, wenn sie eine neue Beziehung eingingen, baten die Forscher die neuen Partner auch an der Studie teilzunehmen.

Verliebtes Paar macht am Strand Selfies
Frisch verliebt in die Persönlichkeit vom Ex? Bildrechte: Imago

Die machten dann Angaben zu ihren Persönlichkeitsmerkmalen - unter anderem in Bezug auf Gewissenhaftigkeit, Extraversion, und Offenheit für neue Erfahrungen. Sie sollten etwa angeben, wie sehr sie sich mit Aussagen wie "Ich bin normalerweise bescheiden und zurückhaltend", "Ich interessiere mich für viele verschiedene Dinge" und "Ich mache Pläne und führe sie aus" identifizierten. Insgesamt konnten die Kanadier so die Daten von 332 Personen auswerten, bei denen mehrere Partner diese Persönlichkeitsbewertungen komplett abgeschlossen hatten.

Der Neue ist auch bloß wie der Ex

Das Ergebnis dieser Analyse erklärt wohl so manchmal eine - von Freunden als eher unverständlich wahrgenommene - Auswahl an neuen Partnern: Die aktuellen Partner der Studienteilnehmer beschrieben ihre Persönlichkeiten nämlich auf ganz ähnliche Weise wie die Ex-Partner. Nur wer sich selbst als besonders extrovertiert und offen für Neues beschrieben hatte, neigte weniger stark dazu, immer wieder nach der gleichen Persönlichkeit zu suchen.

Sind Partnerschaftsmuster also vorhersehbarer als gedacht? Danach sieht es jedenfalls aus, meint Erstautorin Yoobin Park: "Wenn eine Beziehung endet, führen die Menschen die Trennung häufig auf die Persönlichkeit ihres Ex-Partners zurück und entscheiden, dass sie sich zukünftig einen anderen Typen suchen müssten." Auch das kennt man: Das nächste Mal bloß kein Macho! Oder das nächste Mal eine Frau, die Lust auf Abenteuer hat!

Unsere Forschung legt nahe, dass es eine starke Tendenz gibt, trotzdem wieder eine ähnliche Persönlichkeit zu daten.

Yoobin Park, University of Toronto

Der Grad der Konsistenz von einer Beziehung zur nächsten lasse darauf schließen, dass Menschen tatsächlich einen bestimmten "Typ" haben, erklärte Psychologe PhD Geoff MacDonald.

Und der hat offenbar sehr viel mit unserer eigenen Persönlichkeit zu tun, so der Forscher. Demnach könnten die Daten zwar nicht erklären, warum die Partner der Menschen ähnliche Persönlichkeiten aufgewiesen hätten, aber es sei bemerkenswert gewesen, dass die Partner außerdem Ähnlichkeiten zu den Studienteilnehmern selbst gezeigt hätten.

Die Kanadier erklären außerdem, dass ihre Schlussfolgerung vor allem deshalb besonders valide sei, da die Daten direkt aus erster Hand von den Partnern stammten. Viele andere Studien stützten sich nur auf Beschreibungen und Erzählungen von Probanden über ihre (Ex-)Partner.

Training für die perfekte Beziehung?

Die Forscher hoffen nun, dass sie mit ihren Erkenntnissen für gesündere Beziehungen und glückliche Paare sorgen können. So könnte etwa eine Art Trainingseffekt eine Rolle spielen, sagte Erstautorin Park. Denn in jeder Beziehung lernten die Menschen bestimmte Strategien, um mit der Persönlichkeit des Partners umgehen zu können.

Wenn die Persönlichkeit Ihres neuen Partners der Persönlichkeit Ihres Ex-Partners ähnelt, ist die Übertragung der erlernten Fähigkeiten möglicherweise ein effektiver Weg, um eine neue Beziehung auf eine gute Basis zu stellen.

Yoobin Park, University of Toronto
Frau mit Brille holding Papier Herz und weint
Lohnt sich der Liebeskummer vielleicht sogar? Bildrechte: Colourbox.de

Aber da ist natürlich auch noch die andere Seite der Medaille: Diese Strategien können natürlich negativ sein, so Park. Deshalb müsse weiter geforscht werden, um herauszufinden, inwiefern es von Vorteil sein kann, jemanden zu daten, der einem Ex-Partner ähnlich ist oder ob es eben auch von Nachteil für eine neue Beziehung sein kann.

Wer also feststelle, dass es immer dieselben Probleme in einer Beziehung gibt, der müsse vielleicht darüber nachdenken, ob die Hinwendung zu immer denselben Persönlichkeitsmerkmalen zur Beständigkeit dieser Probleme beitrage - oder kurz: Ob der eigene "Typ" nicht vielleicht einfach doch der falsche "Typ" für einen sein könnte - auch wenn man sich das offenbar nicht aktiv aussuchen kann.

Dieses Thema im Programm: MDR JUMP | MDR JUMP Morningshow | 22. März 2019 | 05:20 Uhr