Zukunft des Planeten Steht am Ende unserer Erde der große Riss?

Seit dem Urknall vor 13,7 Millarden Jahren rasen die Materie, das Licht, die Strahlung, die Energie des Universums auseinander. Allen Theorien zum Trotz bremst die vorhandene Materie diese Bewegung nicht ab. Die Wissenschaft weiß erst seit kurzem, dass diese Fluchtbewegung mit zunehmendem Abstand der Objekte immer größer wird. Diese Erkenntnis verändert unser Bild vom Universum gravierend, wirft neue Fragen auf und läßt neue Szenarien vom Ende des Universums entstehen. Karsten Möbius erklärt.

Es wäre irgendwie logisch und fast beruhigend, wenn die Anziehungskraft aller Himmelskörper dazu führen würde, das auseinanderstrebende Universum zu stoppen: Eine Rückwärtsbewegung einzuleiten, so dass alles wieder in sich zusammenstürzt und wieder aus einem Punkt, aus einem neuen Urknall beginnt. Das wäre so schön, denn damit hätte man auch gleich eine wissenschaftliche Antwort auf die Frage, was vor dem Urknall war.

Leider scheint das nicht so zu sein. Berechnungen zeigen, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt, statt langsamer. Einer, der das herausgefunden hat, ist Astronom und Nobelpreisträger Bruno Leibundgut von der Europäischen Südsternwarte ESO. Er sag tim Gespräch mit MDR Wissen:

Mit Sicherheit war das eine Überraschung. Wir hatten damals entfernte Sternenexplosionen beobachtet. Da stellte sich heraus, dass die alle weiter weg waren als erwartet. Das war so überraschend, alle sagten, das kann nicht sein, da ist irgendein Fehler in der Analyse.

Bruno Leibungut

Es war kein Fehler in der Analyse. Es war der Beginn der Erkenntnis, dass alles immer schneller auseinanderfliegt. Die Wissenschaftler waren völlig baff und fragten sich: Was wirkt der Gravitation entgegen? Welche Kraft ist da am Werke? Bis heute haben sie keine Ahnung. Deshalb nannten sie das geheimnisvolle Etwas "Dunkle Energie". Leibundgut erklärt, was das ist:

Dunkle Energie ist eben nicht anziehend sondern abstoßend. Das ist etwas, das in unserem Erfahrungsbild nicht vorhanden ist. Wir kennen kein physikalisches System, das wir beschreiben können, das der dunklen Energie entspricht.

Obwohl man nicht weiß, was die Dunkle Energie ist, kann man sie anhand ihrer Wirkung berechnen. Auch hier war die Überraschung groß, sagt Junior-Professor Martin Ammon vom Theoretisch-Physikalischen Institut der Universität Jena, denn die macht knapp 70 Prozent des Energieinhalts unseres Universums aus.

Damit wäre die Dunkle Energie die unumschränkte Herrscherin. Sie würde bestimmen, wie das Ende unseres Universums aussieht, sagt Astronom Bruno Leibundgut: Wenn nichts anderes mehr passiert, dann ist es wirklich so, dass die Vorhersagen jetzt so sind, dass sich das Universum sich ewig ausdehnen wird. 

Unspektakuläres Ende

Obwohl es die Erde dann nicht mehr geben wird, würde sich diese Ausdehnung des Universums für einen Beobachter so darstellen, sagt Martin Ammon:

Es wird leider ein sehr unspektakuläres Ende. Vermutlich werden sich alle Sonnen, alle Galaxien von uns entfernen und es wird irgendwann dunkel und einsam.

Das hört sich so an, als ob es gar keine Ende gäbe, als ob die Ausdehnung ewig andauern würde. Bruno Leibundgut, der Schweizer Astronom, hat da noch ein ganz anderes Szenario parat, das doch schon ganz schön spektakulär klingt. Wenn die Ausdehnung immer schneller abläuft, werden irgendwann alle gravitativen Systeme auseinandergrissen: Galaxien, Planeten werden von ihren Sonnen getrennt. Wenn man diesen Gedanken konsequent zu Ende denkt, passiert zum Schluss das hier:

Dass sich zum Beispiel der Raum zwischen einem Atomkern und dem Elektron so schnell ausdehnt, dass die Elektronen nicht mehr an Atomkerne gebunden sein können. Da spricht man dann von einem Big Rip, also dem großen Riss. Da wird das Universum wirklich durch die Raumzeit zerrissen.

Das wäre wirklich das definitive Ende der Materie, so wie wir sie kennen. Vielleicht wäre das so in 20 Milliarden Jahren - frühestens, sagt Bruno Leibundgut. Immer wieder messen Wissenschaftler die Wirkung der Dunklen Energie. Sie wollen mehr über ihre Eigenschaften und ihre Kraft erfahren. Das wäre Vorraussetzung um herauszufinden, ob dieses Szenario tatsächlich wahrscheinlich ist.  

Sterne und Planeten im Weltall
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