Amazonen aus den Anden Jagen war auch schon früher keine reine Männersache

05. November 2020, 14:28 Uhr

Die Frauen Sammlerinnen und die Männer Jäger - dieses Bild ist nicht vollständig, wie US-Forscher entdeckten. Sie fanden Beweise, dass Frauen schon vor 9.000 Jahren jagten. Das könnte aktuelle Diskussionen beeinflussen.

Illustration einer weiblichen Jägerin, die vor 9.000 Jahren in den Anden jagte
So stellen sich die Forschenden die Jägerin vor, die vor 9.000 Jahren in den Anden lebte. Bildrechte: Matthew Verdolivo, UC Davis IET Academic Technology Services

Bisher schien klar, dass in der Steinzeit eine Aufgabenteilung herrschte: Die Männer kümmerten sich ums Jagen von Wild und die Frauen um das Sammeln von Beeren und Früchten. Doch die ganze Sache scheint komplexer zu sein, wie Wissenschaftler von der University of California nun herausfanden. Die Forschenden um Randy Haas entdeckten nämlich bei Ausgrabungen auf der Altiplano-Ebene im heutigen Peru die Reste einer 9.000 Jahre alten Jägerin. Die gesammelten Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal "Science Advances".

Steinzeitliche Jägerin war keine Ausnahme

Demnach hatten die Experten in der Grabstätte Wilamaya Patjxa Werkzeuge zum Jagen wie Projektilspitzen und zum Zerlegen des Wilds identifiziert. Diese Gegenstände hätten die Menschen, die dort bestattet wurden, höchstwahrscheinlich auch während ihres Lebens benutzt, so die Forscher. Bei einer der Person handelte es sich um eine Frau, wie James Watson, der Osteologe (Knochenforscher) des Teams vor Ort ermittelte. Diese Annahme wurde später über eine Protein-Analyse der Zähne bestätigt.

Einige der Jagdwerkzeuge, die in Peru gefunden wurden.
Die bei der Grabung gefundenen Artefakte: Projektilspitzen (1 bis 7), unbearbeitete Steinabschläge (8 bis 10), bearbeitete Steinabschläge (11 bis 13), eine Steinklinge (14), Miniaturschaber (15 und 16), Schaber/Hackmesser (17 bis 19), polierte Steine (17, 20 und 21) und rotockerfarbene Steinklumpen (22 bis 24) Bildrechte: Randy Haas/UC Davis

Nun schloss sich die Frage an, ob diese frühe Jägerin eine Ausnahme war oder Teil einer größeren Zahl von steinzeitlichen Waidfrauen. Bei einer Untersuchung von bisherigen Funden des späten Pleistozäns (es endete vor ca. 11.700 Jahren) und frühen Holozäns (das bis heute anhält) in Nord- und Südamerika kamen die Forschenden auf insgesamt 429 Individuen, von denen 27 klar als Jäger identifiert werden konnten - davon wiederum waren elf weiblich. Damit könne man sagen, dass die Beteiligung von Frauen an der Jagd in der Frühzeit in einem bedeutenden Maße vorkam, so die Experten.

Diskussion um Geschlechterunterschiede bei der Arbeit könnte sich verändern

Laut der Studie waren damals rund 30 bis 50 Prozent der Jäger weiblich. Das stehe in krassem Kontrast zu späteren Gesellschaften bis hin zur Moderne, wo die Jagd hauptsächlich eine Männerdomäne ist. "Unsere archäologische Entdeckung sowie die Analyse von früheren Bestattungspraktiken kippen die lange angenommene Hypothese vom Mann als alleinigem Jäger", erklärt Haas.

Die Erkenntnisse der Studie könnten zudem aktuelle Diskussionen um die unfaire Behandlung von Frauen und Männern bei der Arbeit verändern. Denn Ungleichheiten etwa bei der Bezahlung oder bei der Besetzung von Stellen ließen sich damit nicht mehr als "natürlich" rechtfertigen.

Es ist nun klar, dass die Verteilung der Arbeit nach Geschlechtern in unserer Vergangenheit als Jäger und Sammler fundamental anders war, als bisher angenommen - nämlich mehr gleichberechtigt.

Randy Haas, Hauptautor der Studie

cdi

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