
Heiliger Ort in Jerusalem Wo Jesus sein letztes Abendmahl feierte, traf sich im Mittelalter eine diverse Gesellschaft
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18. April 2025, 05:00 Uhr
"Österreich-Graffiti im Jerusalemer Abendmahlsaal entdeckt", berichtet die Österreichische Akademie der Wissenschaften. Was hat die Steiermark mit Jesus zu tun?
Es ist eine lange Geschichte. Im 9. Jahrhundert vor Christus wurde das Grab des legendären Königs David auf dem Berg Zion errichtet. 900 Jahre später soll das Abendmahl von Jesus mit seinen Aposteln hier stattgefunden haben und nach weiteren 1.000 Jahren entstand an der Stelle ein Kirchenbau, der als "Coenaculum", als Abendmahlsaal in die Geschichte einging.
In Jerusalem traf sich eine bunte Gesellschaft
Und jetzt kommt das Österreich-Graffito ins Spiel, vielmehr ein steirisches Familienwappen aus der Zeit der Kreuzzüge. Entdeckt wurde dieses von einem internationalen Forschungsteam unter Beteiligung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der israelischen Behörde für Altertümer (IAA). Die Wissenschaftler fanden zahlreiche, größtenteils unbekannte Inschriften, Wappen und Zeichnungen auf den Wänden des Coenaculums, dokumentierten und entschlüsselten sie. Die Ergebnisse sind im Jahrbuch des Studium Biblicum Franciscanum, dem Liber Annuus in Jerusalem erschienen.
Es waren aber nicht nur Menschen einer steirischen Familie vor Ort (Tristram von Teuffenbach als einer der Begleiter des Erzherzogs und späteren heiligen römischen Kaiser Friedrich von Habsburg), sondern vielmehr eine sehr diverse Gruppe von Menschen, die sich an dieser bedeutenden Stelle traf, die von Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen verehrt wird.
Pilgerbewegung nach Jerusalem im Mittelalter
Neben Armenien, Syrien und dem deutschsprachigen Raum finden sich auch Spuren aus Serbien, Tschechien und von zahlreichen arabischsprachigen Christen und Christinnen aus dem Osten. "Diese Graffiti werfen ein neues Licht auf die geografische Vielfalt und die internationale Pilgerbewegung nach Jerusalem im Mittelalter – weit über die westlich geprägte Forschungsperspektive hinaus", erklärt Ilya Berkovich, Co-Autor der ÖAW-Studie.
Besonderes Augenmerk der Forscher galt dabei ihrer Aussage nach einem arabischen Inschriftenfragment: "...ya al-Ḥalabīya". Aufgrund der doppelten Verwendung der weiblichen Endung "ya" schließen die Forschenden, dass es sich um das Graffito einer christlichen Pilgerin aus der syrischen Stadt Aleppo handelt – eine seltene Spur weiblicher Präsenz in der vormodernen Pilgerwelt.
Links/Studien
Publikation: Shai Halevi, Ilya Berkovich, Michael Chernin, Samvel Grigoryan, Arsen Harutyunyan, 'The Holy Compound on Mount Sion – An Epigraphic Heraldic Corpus (Part 1): The Walls of the Cenacle', Liber Annuus 74 (2024), S. 331–74
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 17. April 2025 | 11:10 Uhr