Völkerwanderung DNA-Beweise für die Geschichtsbücher: Gen-Analyse zeichnet frühe europäische Migration nach
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02. Januar 2025, 12:57 Uhr
Theoretisch kann die Wissenschaft anhand von DNA-Analysen nachvollziehen, wie Menschen schon vor tausenden Jahren gewandert sind. Doch bei engverwandten Gruppen war das praktisch unmöglich – bis jetzt.
Forscher vom Francis Crick Institute in London haben ein neues Verfahren entwickelt, dass es ermöglicht, die Unterschiede zwischen genetisch ähnlichen Gruppen genauer zu messen. So konnten sie unbekannte Details über die Migration in Europa im ersten Jahrtausend nach Christus aufdecken. Dazu untersuchten sie das Erbgut von 1.500 Menschen, die vom Jahr 1 bis 1000 unserer Zeitrechnung lebten – eine Ära, die die Eisenzeit, den Fall des Römischen Reiches, die frühmittelalterliche "Migrationsperiode" und die Wikingerzeit umfasst. Dabei konnten sie drei große Wellen menschlicher Wanderungen in unserer Nähe ausmachen.
Von Norden gen Süden und wieder zurück
Direkt zu Beginn des ersten Jahrtausends zeichneten die Wissenschaftler nach, wie Germanen aus Norddeutschland oder Skandinavien gen Süden in Richtung römisches Reich zogen. Diese Abstammung wurde bei Menschen aus Süddeutschland, Italien, Polen, der Slowakei und Südbritannien gefunden, wobei eine Person in Südeuropa zu 100 Prozent skandinavienähnliche Abstammung hatte. In der Folge, so zeigten es die Analysen, vermischten sich die Gruppen mit bereits dort lebenden Menschen.
Später, am Ende der Eisenzeit zwischen den Jahren 300 und 800, konnte eine weitere Migrationswelle nachgewiesen werden. Diesmal in umgekehrter Richtung: Viele wikingerzeitliche Menschen in Südskandinavien hatten Vorfahren aus Mitteleuropa. Archäologische Funde von Auseinandersetzungen deuten darauf hin, dass diese Wanderung in den Norden nicht geräuschlos verlief – wieso sie zustande kam, konnten die DNA-Daten nicht zeigen.
Wikinger zeugten quer durch Europa Nachkommen
Eine dritte Welle gab es zur Blütezeit der Wikinger zwischen den Jahren 850 und 1050. Die skandinavischen Seefahrer hinterließen auf ihren Streifzügen nicht nur Furcht und Schrecken, sondern auch Nachfahren überall in Europa. So fand das Team beispielsweise einige wikingerzeitliche Personen in der heutigen Ukraine und Russland, die aus dem heutigen Schweden stammten, und Personen in Großbritannien, die aus dem heutigen Dänemark stammten.
Gen-Beweise für historische Quellen
Zukünftig soll das Analyseverfahren namens "Twigstats" auch in anderen Regionen und Epochen Einblicke in die Geschichte der Menschheit geben, hofft der aus Deutschland stammende Statistiker und Hauptautor der Studie Leo Speidel, der mittlerweile von London nach Japan gewechselt ist: "Unsere neue Methode kann auf andere Populationen in der ganzen Welt angewandt werden und hoffentlich weitere fehlende Teile des Puzzles aufdecken."
Der Geschichtswissenschaftler Peter Heather vom Kings College London, der ebenfalls an der Studie mitarbeitete, ist begeistert von den bisherigen Ergebnissen: "Historische Quellen deuten darauf hin, dass die Migration eine gewisse Rolle bei der massiven Umstrukturierung der menschlichen Landschaft Westeurasiens in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends nach Christus gespielt hat, die erstmals die Umrisse eines politisch und kulturell erkennbaren Europas hervorbrachte, aber die Art, das Ausmaß und sogar die Wege der Bewegungen waren immer heftig umstritten. 'Twigstats' eröffnet die spannende Möglichkeit, diese entscheidenden Fragen endlich zu klären."
Link zur Studie
Die Untersuchung "High-resolution genomic history of early medieval Europe" ist in der Fachzeitschrift "Nature" erschienen.
pm/jar
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 30. Dezember 2024 | 21:45 Uhr
MDR-Team vor 1 Wochen
Hier geht es nicht um politische Themen, hier geht es um das Aufzeigen, dass Vielfalt und kulturelle Einflüsse sowie Genpoolerweiterungen schon immer Teil der Entwicklung waren und sind. Herzliche Grüße
Hugo777 vor 1 Wochen
Soll mir das jetzt sagen das deshalb die willkürliche Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU und innerhalb Deutschlands zu Lasten der Bürger in überlasteten Regionen etwas gutes ist?
Suggeriert bitte keine Polarisierung in Thematiken wo es keine geben muss.
Migration ist an sich normal. Das bedeutet aber nicht, völlig unfähig ihr gegenüber zu stehen
Hugo777 vor 1 Wochen
Als Rechtskonservativer Deutscher muss ich sagen: haben Sie haben absolut Recht. Die Drecksnazis wollten im Grunde das Deutsche genauso ausrotten und gegen einen Nordischen Firlefanz ersetzen. Wir Deutsche sind aber Deutsche (eine kulturelle Gruppe) und keine Rasse.