
Artensterben im Meer Asteroideneinschlag löschte nicht nur Dinosaurier aus
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17. Juni 2021, 15:03 Uhr
Vor 66 Millionen Jahren krachte ein Asteroid in der Nähe von Chicxulub in Mexiko in die Erdoberfläche. Dieses Ereignis war es wohl, das ein Massensterben auslöste: Es war das Ende der Dinosaurier. Doch offenbar hatte der Asteroideneinschlag nicht nur Folgen für die Lebewesen an Land, sondern auch für die in den Meeren. Denn auch hier hat vermutlich ein Artensterben eingesetzt.
Rund 180 Kilometer im Durchmesser misst der Chicxulub-Krater im Norden der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Tief vergraben unter Sedimentschichten ist er nicht erodiert und gehört deshalb zu den am besten erhaltenen Einschlagkratern der Erde. Und er ist noch aus einem anderen Grund besonders: Der Asteroideneinschlag, der hier vor 66 Millionen Jahren passiert ist, hat wohl das Ende der Dinosaurier eingeleitet. Er werde jedenfalls zunehmend als Auslöser für deren Aussterben anerkannt, erläutert Forscherin Julia Brugger. "Er verursachte eine globale Finsternis und eine ausgeprägte Abkühlung."
Asteroideneinschlag verursacht Algenblüte
Aber welche Auswirkungen hatte der Einschlag auf das Leben in den Meeren? Das hat Brugger – die jetzt am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F) tätig ist – mit einem Forschungsteam am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht. Die Studie ist im Fachmagazin Geophysical Research Letters publiziert worden.
Für ihre Analyse nutzten die Forscherinnen und Forscher ein sogenanntes Erdsystemmodell. Damit lässt sich simulieren, wie die Biosphäre im Meer auf die Veränderungen beim Klima und der Nährstoffversorgung reagierte, die der Einschlag ausgelöst hat.
Mit einem verbesserten Erdsystemmodell (...) konnten wir nun erstmals zeigen, dass der Asteroideneinschlag eine relativ kurzlebige, aber ausgeprägte Algenblüte verursacht hat – das ist ein wichtiger neuer Aspekt, der uns hilft zu verstehen, was nach dem Chicxulub-Einschlag passiert ist.
Aber wie konnte das passieren? Nach dem gewaltigen Asteroideneinschlag habe sich die Zirkulation in den Ozeanen dramatisch verändert, so das Forschungsteam. Außerdem wurden Staub und Sulfataerosole bis hoch in die Atmosphäre geschleudert und blockierten das Sonnenlicht. Es wurde also ziemlich dunkel auf der Erde. Deshalb kühlte sich das Oberflächenwasser ab. Es wurde dadurch dichter und schwerer – und sank in die Tiefe ab. Gleichzeitig stieg wärmeres, nährstoffreiches Wasser aus tieferen Meeresschichten an die Meeresoberfläche.
Vom Stillstand zum Überschuss
Der Asteroid, der damals auf die Erde krachte, war außerdem recht eisenhaltig. Dadurch wurden essentielle Nährstoffe – insbesondere Eisen – durch den aufgewirbelten Staub auch in die Ozeane eingetragen, erläutert PIK-Forscher Georg Feulner. Das habe zu massiven, kurzlebigen Algenblüten geführt.
Doch zunächst gab es erste einmal einen Stillstand, so Feulner: "In unseren Simulationen sinkt die Produktivität im Ozean, also die von den Algen produzierte Biomasse, in den drei Jahren nach dem Einschlag wegen des fehlenden Lichts und der Kälte fast auf null." Doch als das Licht in den Jahren danach zurückkam, habe die Biomasseproduktion stark angezogen bis zu einem Höchstwert vom Siebenfachen des Wertes vor dem Einschlag. Diese Spitze habe zwar nur wenige Jahre angehalten, doch die erhöhte Produktion von Biomasse blieb den Forschenden zufolge noch viel länger bestehen. Erst nach etwa 500 Jahren sei wieder das Niveau von vor dem Einschlag erreicht worden.
Massenaussterben vieler mariner Arten
Dieser Effekt könnte zu den anderen schweren Folgen des Anschlags wie etwa der plötzlichen und starken Abkühlung, der Dunkelheit, den Waldbränden und der moderaten Ozeanversauerung noch hinzugekommen sein. Und dadurch könnte der Asteroideneinschlag nicht nur das Massensterben der Dinosaurier an Land, sondern auch der Lebewesen in den Meeren ausgelöst haben.
Es ist wahrscheinlich, dass die Algenblüten giftige Substanzen produzierten, die zu massiven Veränderungen im Leben im Ozean führten.
PIK-Forscher Feulner betont, dass diese neuen Erkenntnisse über die Vergangenheit der Erde auch eine Lehre für den Verlust der Biodiversität heute enthalte. Zwar seien die Treiber der aktuellen Entwicklung ganz andere, so Feulner, trotzdem "kann uns die Vergangenheit lehren, wie eine Kombination von gleichzeitigen Belastungen das Leben auf der Erde schwer schädigen kann."
Glücklicherweise haben wir immer noch die Chance, den vom Menschen verursachten Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen.
(kie)