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Impfstoff von Astrazeneca (Symbolfoto): Zwölf Wochen Abstand zwischen beiden Impfdosen bringen einen besseren Schutz, als kürzere Abstände. Bildrechte: IMAGO / NurPhoto

Covid-19Impfschutz: Bei Astrazeneca kommt es auf den richtigen Abstand an

07. Mai 2021, 14:00 Uhr

Bei der Impfung mit Astrazeneca könne der Abstand von erster zu zweiter Dosis auf vier Wochen verkürzt werden, schlägt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor. Mediziner warnen: Das würde den Impfschutz erheblich verschlechtern.

Wie können mehr Menschen schneller vollständig geimpft werden, damit eine Rückkehr in die Freiheit für alle möglich wird? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schlägt dazu vor, bei der Impfung mit Astrazeneca den Abstand zwischen erster und zweiter Dosis zu verkürzen. Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) sollten hier mindestens 12 Wochen, also etwa drei Monate vergehen. Spahn glaubt, um das allgemeine Impftempo zu erhöhen, könnten hier vier Wochen ausreichen. Mediziner und Wissenschaftler warnen allerdings davor, denn die Daten aus verschiedenen Studien zeigen klar: Werden die 12 Wochen Abstand nicht eingehalten, sinkt der Schutz der Impfung vor dem Coronavirus stark ab, von 82 Prozent auf nur noch 54 Prozent.

Bei mRNA-Impfungen reichen relativ kurze Abstände

Die unterschiedlichen zeitlichen Abstände zwischen erster und zweiter Impfdosis sorgen derzeit für viel Verwirrung. Bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna liegen sie bei drei, beziehungsweise vier Wochen, bei der Vektorimpfung von Astrazeneca dagegen bei drei Monaten. Grund dafür sind die unterschiedlichen Wirkweisen der Vakzine.

Bei der mRNA-Impfung wird ein kleines Stück Erbinformation gespritzt, mit deren Hilfe der Köper das Spikeprotein des Sars-Coronavirus-2 nachbaut und anschließend seine Immunabwehr dagegen aufbaut. Die mRNA-Erbinformation selbst wird allerdings nicht bekämpft. Der zeitliche Abstand zwischen zwei Dosen ist notwendig, damit die Immunantwort nach der ersten Dosis Zeit hat, sich zu entwickeln, bevor sie durch die zweite Dosis herausgefordert und weiter trainiert wird.

Bei Astrazeneca ist eine Verkürzung des Abstands fatal

Astrazeneca hingegen verwendet ein Adenovirus als sogenannten Impfvektor, um die Erbinformation für das Spikeprotein in den Körper zu schleusen. Das Problem daran: Der Köper bildet nicht nur eine Immunreaktion gegen das Spikeprotein, sondern auch gegen die Adenoviren. Die Immunantwort auf diese eigentlich harmlosen Erkältungsviren lässt zwar rasch nach. Aber nach drei oder vier Wochen ist sie noch nicht weit genug abgeklungen. Wird dann bereits die zweite Impfdosis gegeben, mach das Immunsystem einen Teil des Impfstoff wirkungslos. Das Schutzniveau sinkt.

"Studien haben klar gezeigt, dass die Effektivität bei einem Abstand von weniger als sechs Wochen nur 55 Prozent beträgt und erst bei einem Abstand von zwölf Wochen bei über 80 Prozent liegt! Das ist schon ein gewaltiger Unterschied", sagt Carsten Watzl, Immunologe an der an der TU Dortmund. "Daher muss man den Menschen klar sagen: Wenn Sie Ihren Impfabstand bei Astrazeneca verkürzen, um damit schneller in den Genuss von Lockerungen zu kommen, machen Sie das auf Kosten ihres Immunschutzes!"

Keine Beschleunigung des Impftempos durch Verkürzung

Watzl und weitere Mediziner kritisieren außerdem, dass mit dem Schritt auch keine Beschleunigung der Impfkampagne erreicht werde. Statt mehr Menschen schnell mit einer ersten Dosis zu versorgen, fließe der Impfstoff dann in viele zweite Impfungen, die zudem meist noch wenig Wirkung zeigten. "Gerade jetzt müssen wir noch viele Personen mit Vorerkrankungen durch eine Impfung schützen, um die Folgen der dritten Welle abzumildern. Im Sommer haben wir genügend Zeit, uns um die Zweitimpfungen zu kümmern, die natürlich absolut notwendig sind", sagt Watzl. "Dann sind hoffentlich die Inzidenzen wieder so niedrig, dass alle in den Genuss von Lockerungen kommen und nicht nur die 15 bis 20 Prozent, die wir jetzt mit einer Verkürzung des Impfabstandes schnell vollständig impfen würden."

(ens/smc)

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