Rakete startet mit Rauch und Explosion, im Hintergrund der blaue Planet Erde mit Sonnenuntergang. Fotomontage.
Der Atommüll-Transport mit Raketen zur Sonne ist bislang nur theoretisch möglich. Bildrechte: IMAGO/CHROMORANGE

Endlager Weltall Warum schießen wir den Atommüll nicht in die Sonne?

20. August 2024, 16:40 Uhr

Seit gut 40 Jahren wird darüber nachgedacht, Atommüll per Rakete in die Sonne zu schießen. Doch diese Form der Entsorgung ist nicht nur gefährlich, sondern auch technisch allenfalls in der Theorie möglich. Warum die Sonne absehbar kein Endlager wird.

Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Deutschland könnte einem jüngst erschienenen Gutachten des Freiburger Öko-Instituts zufolge mehr als 40 Jahre länger dauern, als ursprünglich geplant. Wie aus der im Auftrag des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) erstellten Studie hervorgeht, ist mit einer Standortentscheidung – unter idealen Bedingungen – frühestens im Jahr 2074 zu rechnen.

40 Jahre alte Idee

Nachrichten wie diese geben Debatten neuen Auftrieb, die eine Entsorgung hochradioaktiver Abfälle im Weltall diskutieren. Bereits vor gut 40 Jahren entwickelten Wissenschaftler in den USA die Idee, Atommüll in das Zentrum der Sonne zu schießen. Dahinter steht der Gedanke, dass die intensive Hitze der Sonne die molekularen Bindungen und die atomare Integrität von Elementen jenseits der Ordnungszahl zwei aufhebt und diese Elemente in ihre subatomaren Teilchen zerlegt. Der radioaktive Atommüll könnte die Sonne deshalb auch nicht schädigen, so die Überlegung.

Debatte um Gesundheitsrisiko

Ein 2013 im US-Fachmagazin Air & Space Power Journal erschienener Aufsatz, griff den Gedanken erneut auf. Der Autor Murray R. Berkowitz, ein Medizin-Professor am Philadelphia College of Osteopathic Medicine, kam dabei zu der Feststellung, "dass die Risiken für die öffentliche Gesundheit bei der Entsorgung von radioaktivem Atommüll durch die Verbringung in die Sonne äußerst gering sind". Selbst bei einem Unfall mit einer mit Atommüll beladenen Trägerrakete läge die mittlere Krebstodesrate lediglich bei 1 zu 3,8 Milliarden, was deutlich geringer als die Krebstodesrate in der Allgemeinbevölkerung (1 zu 5.000) sei.

Der Großteil der Fachwelt sieht das wohl anders. Demnach würde ein Unfall einer mit Atommüll beladenen Trägerrakete kurz nach dem Start der Explosion einer gewaltigen "schmutzigen Bombe" gleichkommen, mit verheerenden Folgen auf der Erde und in der Atmosphäre. Und die Gefahr eines Zwischenfalls ist keineswegs vernachlässigenswert. So scheiterten beispielsweise von den im Jahr 2021 weltweit durchgeführten 146 Raketenstarts immerhin elf.

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Technische Möglichkeiten unzureichend

Hinzu kommt, dass die bisherigen Kapazitäten gar nicht ausreichen würden, um die seit 1954 weltweit produzierten 400.000 Tonnen gefährlichen Atommülls ins All zu transportieren. Gemessen an den 2021 geglückten 135 Raketenstarts bräuchte es locker die 14-fache Raketen-Anzahl, um allein eine Jahresmenge an anfallendem Atommüll ins All zu schießen. Die Kosten für Raketen und Treibstoff zum Transport von all dem neu anfallenden und alten Atommüll ins Weltall würden in die Billionen Dollar gehen.

Und selbst wenn all diese technischen und finanziellen Probleme bewältigt werden könnten, bedeutet das längst noch nicht, dass die Raketen auch in der Sonne ankommen. Ein direkter Flug einer Rakete zur Sonne ist nämlich ausgeschlossen. Die Rakete müsste erst die Orbitalbahn zur Sonne aufheben. Ansonsten würde sie unseren Stern lediglich umkreisen. Technische Möglichkeiten eines direkten Sonnenfluges sind bislang nur theoretisch möglich. Die dafür benötigten Raketen wären übrigens um ein Vielfaches größer und materialintensiver als alles, was wir bislang an Raketen gesehen haben.

(dn)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 09. August 2024 | 17:45 Uhr

33 Kommentare

Pi-circle vor 3 Wochen

25 Mlliarden Euro für einn Endlager ist wenig wenn man bedenkt was es für ein Geschrei der Atomkraftgegner wegen der Ewigkeitskosten !!! gibt. Die Summe entspricht ziemlich genau der Rücklage der Betreiber in Deutschland und wurde damit letztlich über die Gestehungskosten abgerechnet.
25 Milliarden Euro entspricht der Summe die wir als Steuerzahler alleine in diesem Jahr den Betreibern von Erneuerbaren für Strombezahlen müssen den gerade niemand braucht.
PS: Ein Langzeit-Monitoring von Endlagern ist übrigens nach Auffassung der finnischen Ingenieure auch nicht erforderlich da sinnlos.

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo Pi-circle,
die Probleme sind vielseitig: https://www.deutschlandfunk.de/pro-und-contra-rueckkehr-kernkraft-deutschland-100.html#argumente-gegen-kernkraft

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo Pi-circle,
das mag ihre persönliche Meinung sein, tatsächlich haben geologische Mängel zum Ausschluss des Salzstocks Gorleben als Endlager gesorgt. Unter anderem weist der Salzstock ein nicht intaktes Deckgebirge vor, auch die Gewässerchemie spricht laut BGE-Zwischenbericht gegen den Standort. Die Entscheidung, Gorleben schon in einem frühen Stadium aus dem Suchverfahren zu nehmen, sei rein wissenschaftlich erfolgt, es habe keinen politischen Druck gegeben. Gorleben weise keine "günstige Gesamtsituation" auf.
▸ https://www.tagesschau.de/inland/faq-atommuell-endlager-suche-101.html

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