Science vs. Fiction Don’t look up und der Komet: Kann die Menschheit einen "Planetenkiller" übersehen?
Hauptinhalt
11. Januar 2022, 12:20 Uhr
In der aktuellen Science-Fiction-Komödie "Don’t Look Up" entdecken Astronomen einen riesigen Kometen, der auf die Erde zurast. Die Menschheit hat nur noch sechs Monate, um sich der Katastrophe zu stellen. Wie wahrscheinlich ist so ein Szenario? Wie gefährlich sind Kometen und Asteroiden wirklich? Und was sagt der Fachmann der ESA dazu? Dem allen stellt sich Jack Pop im MDR WISSEN-Youtube-Channel "Science vs. Fiction" und schaut ausnahmsweise doch einmal nach oben.
Zwei Astronomen entdecken einen Kometen, der auf die Erde zurast. In sechs Monaten soll er auf dem blauen Planeten einschlagen und die Welt … nun … der ist es irgendwie egal. Die amerikanische Regierung schickt dennoch einen Astronauten und eine Flotte ins Weltall, um den Kometen abzufangen.
So ungefähr ist der Plot der neuen Science-Fiction-Komödie von Regisseur Adam McKay. Mit einer Starbesetzung von Leonardo DiCaprio (Astronom Randall Mindy) über Jennifer Lawrence (Astronomin Kate Dibiasky), Meryl Streep (Präsidentin Janie Orlean) und vielen anderen ist der Film eine ziemlich düstere Satire um Politik, Wissenschaft und Social Media.
Aber wie viel Wahrheit steckt eigentlich in dem Film, wenn es um die Bedrohung aus dem All geht? Dem stellt sich Jack Pop in der Science vs. Fiction Folge "Don't Look Up: Wie realistisch ist der Riesen-Komet?". Im Film spielt der Marvel-Darsteller Rob Morgan den Chef der NASA-Planetenverteidigung. Das echte und europäische Pendant dazu ist Detlef Koschny vom Planetary Defence Office der europäischen Raumfahrtbehörde ESA.
Komet, Asteroid – was is der Unterschied?
Zunächst einmal eine kurze Fallunterscheidung. Ein Asteroid ist ein Himmelskörper, der aus Gestein und Metallen besteht und überwiegend aus dem Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars stammt. Dagegen sind Kometen Brocken aus Stein, Eis und gefrorenen Gasen, die von weiter draußen aus dem äußeren Sonnensystem kommen. Wenn sie in Sonnennähe sind, setzen sich ihre gefrorenen Bestandteile frei und es entsteht der bekannte Schweif. Der hat noch einen anderen Effekt. Denn wenn die Erde so einen Schweif oder dessen Überreste durchquert, kann man am Himmel Sternschnuppen erkennen.
Wenn eines dieser Objekte, egal ob Asteroid oder Komet, in die Erdatmosphäre eindringt, dann nennt man ihn Meteor. Manche verglühen komplett. Andere oder nur Teile eines Meteors treffen jedoch die Erde und werden dann Meteoriten genannt.
Wie wahrscheinlich ist es, dass man einen Planetenkiller übersieht?
Dass ein Asteroid oder Komet dieser Größe tatsächlich unerkannt die Erde trifft, ist sehr unwahrscheinlich, erklärt Koschny. Denn der Kosmos wird gut überwacht und ein so großer Brocken von fünf oder zehn Kilometern Durchmesser würde da nicht durchrutschen. "Im Moment werden durchschnittlich jede Nacht etwa fünf bis sieben von diesen 'Near Earth Objects', oder erdnahen Asteroiden entdeckt. Die Großen sind so wie etwa die Dinosaurierkiller. Damit haben wir keine Probleme."
Wenn ein Objekt durch ein Überwachungsprogramm der NASA entdeckt wird, wird seine Flugbahn genau berechnet und kontinuierlich beobachtet. Dennoch gibt es noch sehr viele solcher Objekte zu entdecken, ergänzt Koschny. Besonders die kleineren Objekte, die "wenige Meter, – zehn oder 100 Meter groß" sind, von denen gibt es "noch viele zu finden."
Wie kann man sich vor dem Einschlag eines Meteoriten schützen?
Wenn dann doch ein Asteroid auf die Erde zu rast, kommt es auf seine Größe an. Bei Objekten, die kleiner als 50 Meter sind, würde man nichts unternehmen. "Da müsste man evakuieren. Wir reden dann mit Katastrophenschutzbehörden und so weiter. Größer als 50 Meter: Wenn ich Asteroiden ablenken will, gibt es verschiedene Techniken", erzählt Koschny.
In Don’t Look Up scheitern die Versuche, den Kometen zu bombardieren oder abzulenken (schon beim Start) oder zu sprengen (im Weltall). Wie realistisch der Erfolg eines solchen Einsatzes ist, wisse man bei den Raumfahrtbehörden nicht, da alle bisherigen nuklearen Einsätze unter militärischer Geheimhaltung stehen. Dennoch gibt es Leute, die einem solchen Einsatz zuversichtlich gegenüberstehen, so Koschny und holt aus: "Wir hören auf Konferenzen Leuten zu, die sich seit 30 Jahren damit beschäftigen. Die wissen mehr als wir. Die sagen, macht euch keine Sorgen. Das würden wir hinkriegen."
Ob man einen Asteroiden auch anderweitig abwehren könnte, wird derzeit bei der DART-Mission der NASA erprobt. Im September 2022 soll eine Raumsonde auf dem Asteroiden Dimorphos einschlagen. Man kann dann beobachten, ob sich dadurch seine Bahn ablenken lässt. Die ESA wird vorher die Hera-Raumsonde von DART abkoppeln, um die möglichen Veränderungen des kinetischen Einschlags zu erforschen.
Eine andere Möglichkeit der Asteroidenabwehr ist das "Gravity Tractor"-Verfahren. Dabei wird eine Sonde in der Nähe eines Asteroiden platziert und mit ihrer Anziehungskraft soll sie den Asteroiden ablenken, erzählt der ESA-Experte: "Die Anziehungskraft wirkt schwach, sodass ich ein paar Jahre brauche. Wenn ich den Abstand gleich halte, kann ich den Asteroiden aus seiner Bahn wegziehen. Oder es gibt die Möglichkeit, dass ich ihn mit einem Ionen-Triebwerk bestrahle. Dann puste ich den quasi weg. Auch das dauert eine Weile. Das sind realistische Verfahren, die wir anwenden können."
Reichen sechs Monate zum Handeln aus?
Jedoch gibt es ein Problem bei all diesen Methoden, wie Koschny bereits erwähnt hat: Den Faktor Zeit. In Don’t Look Up sind es sechs Monate. Tatsächlich hatte die ESA bereits erprobt, wie viel Zeit man für einen Notfalleinsatz benötigt.
Wir hatten im Frühjahr 2021 ein gespieltes Szenario. Da ist ein etwas kleineres Objekt, das war keine zehn Kilometer groß, über Europa in sechs Monaten vorhergesagt worden.
Auch da wurde direkt gesagt, die einzige Möglichkeit seien diese nuklearen Explosionen, so Koschny. "Am Schluss kam man aber drauf, dass wir selbst das nicht in diesem konkreten Fall schaffen würden." Einen kilometergroßen Brocken im All abzulenken, wäre also kurzfristig noch nicht möglich.
Empfehlenswert ist der Film definitiv, findet Jack Pop. Allein schon für die Starbesetzung und für den schwarzen Humor von Regisseur Adam McKay lohne er sich.
Ich habe ihn weniger als Weltraumfilm verstanden, sondern als Metapher auf den Klimawandel.
pk