Niklas Bormann und Dr. Franziska Knoll (re.).
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Studium in Corona-Zeiten Warum Archäologen Halle lieben

21. März 2024, 09:52 Uhr

Nicht nur die Archäologie in Halle boomt aktuell. Auch wenn die Corona-Pandemie das Studium in Mitteldeutschland derzeit einschränkt - hierzulande finden sich einige besondere Studiengänge. Wir haben sechs spannende Beispiele herausgesucht.

Das neue Wintersemester hat begonnen - auch an der Uni Halle. Hier ist ein Studienfach seit einigen Jahren sehr beliebt: Archäologie. Vermutlich liegt das auch daran, dass es hier viel Praxis gibt und recht handfest zugeht.

Eine "kleine Sensation" bei Schönebeck gefunden

So nehmen die Studierenden an Übungsgrabungen teil, wie zuletzt auf einem Acker in der Nähe von Schönebeck bei Magdeburg. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um riesiges eisenzeitliches Urnengräberfeld handelt. "Eine kleine Sensation", wie sich die Ausgrabungsleiterin Dr. Franziska Knoll freut.

Archaeologie 5 min
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Die Studierenden können während ihrer Ausbildung sogar an Grabungen im Ausland teilnehmen, zum Beispiel in Armenien, Georgien, Italien oder England. Und die Berufschancen sehen für die Absolventen gut aus, denn momentan gibt es viele Baustellen. Dafür brauche es Archäologen, die dort vorher den Boden untersuchen, erklärt Dr. Knoll.

Sie habe schon Bachelor-Studenten erlebt, die sofort in die Bodendenkmalpflege einsteigen und später mit dem Master fortfahren. Den großen Praxisbezug an der Martin-Luther-Universität wissen auch ihre Studierenden zu schätzen:

In Halle ist es so, dass jeder Studiengang der Archäologie - also Mittelalter, Prähistorik etc. - eine Lehrgrabung anbietet. Das ist tatsächlich kein Standard, dass das jede Uni so macht.

Monique Feistel, Masterstudentin der Archäologie an der Uni Halle

Medienstudium zwischen Google und Corona

Ebenfalls Außergewöhnliches hat sich an der kleinen Hochschule Mittweida (rund 6.600 Studierende) in der kleinen Stadt Mittweida (rund 14.500 Einwohner) in den vergangenen Jahren getan. 2014 wurde dort das "Zentrum für Medien und Soziale Arbeit" eröffnet, das laut Eigenbeschreibung "modernste Medienzentrum Europas" in einem futuristischen, 34 Millionen Euro teuren Neubau. Platz bietet er für 900 Studierende.

Einweihung ZMS Hochschule Mittweida
Das 2014 eröffnete "Zentrum für Medien und Soziale Arbeit" an der Hochschule Mittweida. Bildrechte: MDR/Bibiana Barth

Diese werkeln dort an interessanten Projekten wie zuletzt an der Frage "Bekommt Deutschland sein eigenes Google?" oder an einem Interview mit dem früheren "Spiegel"- und heutigen "Focus"-Journalisten Jan Fleischhauer ("Ich bin doch kein Provokateur"). Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie wurden schon in Beiträgen wie "Fluch oder Segen für den Journalismus?" oder "Von der Schweinegrippe zum Coronavirus" untersucht.

Erst in der letzten Oktoberwoche ging zudem das traditionelle Campusfestival über die Bühne - in Corona-Zeiten komplett online. Die Organisatoren nutzten die Gelegenheit, um für die darbende Kulturbranche Geld zu sammeln, 3.000 Euro kamen so zusammen.

40 verschiedene Sprachen auf der Fläche Niedersachsens

Einzigartig ist auch der Studiengang Kaukasiologie an der Uni Jena - er ist tatsächlich der einzige dieser Art in ganz Deutschland, der Masterstudiengang Kaukasiologie/Kaukasusstudien ist es sogar europaweit. Im Studium lernen die Immatrikulierten dann kaukasische Sprachen (z.B. Georgisch und Armenisch) und Kontaktsprachen im Kaukasus (z.B. Russisch).

Am Lehrstuhl arbeiten Experten wie Prof. Dr. Diana Forker, die sich zum Beispiel mit der Sprachenvielfalt in der russischen Teil-Republik Dagestan beschäftigt. In der Region von der Größe Niedersachsens werden 30 bis 40 Sprachen gesprochen - so genau weiß man das nicht. Wo genau die Grenze zwischen Dialekt und Sprache liegt, ist eines der Forschungsfelder von Prof. Forker. "Sprachen verändern sich – sie werden effektiver – und wir schauen, wo wir die dahinterliegenden Muster erkennen können", sagt die Sprachwissenschaftlerin. 

Aktuell befasst sie sich mit westkaukasischen Sprachen, etwa der Sprache der Tscherkessen. Dieses Volk lebt großteils weit verstreut in der Diaspora, allein in der Türkei leben etwa drei Millionen Tscherkessen, in Deutschland sind es ca. 30.000. Der wohl prominenteste von ihnen ist der Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Sorbisch - das gibt es nur in Leipzig

Gerade was Sprache und Sprechen angeht, hat Mitteldeutschland noch einiges, das es sonst in der Bundesrepublik nicht gibt. So befindet sich an der Uni Leipzig das einzige Institut für Sorabistik. Hier beschäftigen sich Forscher und Studenten mit der sorbischen Sprache und Kultur. Und die Martin-Luther-Uni Halle ist die einzige Uni in Deutschland, die einen Bachelor- und einen Masterstudiengang in Sprechwissenschaft anbietet. "Eine deutschlandweit einzigartige Mischung aus klinischer Sprechwissenschaft (Logopädie), Rhetorik, Phonetik und Sprechkunst", schreibt Studentin Emma auf studycheck.

Bienenstudium erst wieder ab Frühjahr 2021

Und zum Schluss haben wir noch einen echten Leckerbissen unter den Studienangeboten. Hochschulen oder Unis, die sich Bienenvölker halten, gibt es mittlerweile einige. Aber die Hochschule Anhalt ist nach unserem Wissen die einzige mit einer eigenen Lehrimkerei. Am Standort in Bernburg unterrichtet Prof. Margot Dasbach alles über Bienen und Honig – und forscht gemeinsam mit den Studenten. Allerdings gibt es coronabedingt erst im Frühjahr 2021 wieder einen Imkerkurs.

fs/cdi/gp

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