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WeltblutkrebstagMaßgeschneiderte Medizin gegen Blutkrebs kommt aus Sachsen

28. Mai 2021, 15:59 Uhr

Der 28.05. ist Weltblutkrebstag. Blutkrebs, darunter verstehen viele vor allem die Unterform Leukämie. Und die Diagnose bedeutet für Erkrankte meist Chemotherapie und für viele auch das verzweifelte Warten auf eine Stammzellspende. Genau das soll sich schon bald ändern. Die Therapie von Blutkrebs steht kurz vor einer Systemwende und das sächsische Innovationsprojekt SaxoCell steht mitten im Zentrum dieser Veränderung.

Eine Blutkrebsbehandlung ohne Kollateralschäden – eine die wirklich nur das kaputtmacht, was krankmacht und nicht auch den ganzen Rest. Das ist der Traum aller, die in der Krebsforschung arbeiten. Vielleicht wird er schon bald Wirklichkeit, sagt Professor Uwe Platzbecker, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik für Hämatologie und Zelltherapie am Leipziger Universitätsklinikum und Co-Sprecher des SaxoCell Clusters. Die Forschungsinitiative der Universitäten in Dresden, Leipzig und Chemnitz und des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und
Immunologie in Leipzig arbeitet an zielgerichteten personalisierten Therapien.

Stichwort Blutkrebs:

Blutkrebs ist ein Sammelbegriff für verschiedene bösartige Erkrankungen des Blutbildenen Systems. Dabei verändern sich Blutzellen. Sie vermehren sich und verdrängen die roten und die weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen. Dadurch kann das Blut seine eigentliche Aufgabe nicht mehr erfüllen, also Sauerstofftransport, Infektionsbekämpfung, Blutungen stoppen. Die wohl bekannteste Form von Blutkrebs ist die Gruppe der Leukämie-Erkrankungen. Hier vermehren sich krankhaft veränderte Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen. (Quelle: DMKS)

Maßgeschneiderte Medizin gegen Blutkrebs

Ein Schlüssel dazu sind neue Forschungsergebnisse, die zeigen, wie Blutkrebs überhaupt entsteht. Bestimmte Zellen im Knochenmark, wo auch die Blutzellen gebildet werden, wachsen schneller als andere. Diese entarteten, unkontrolliert wachsenden Zellen verdrängen dann mehr und mehr auch die gesunden Blutzellen.

Prof. Dr. Uwe Platzbecker Bildrechte: Stefan Straube

"Daraus resultieren dann Symptome wie Blutarmut, dass man eine Infektanfälligkeit entwickelt oder eine Neigung zu Blutergüssen oder Nasenbluten," erläutert Professor Uwe Platzbecker. Das bisherige Therapie-Grundprinzip zur Behandlung dieser Blutkrebserkrankung erklärt er so: Die entarteten Zellen werden quasi in ihre Schranken verwiesen und mittels Chemotherapie zurückdrängt. Die sorgt mit chemischen Substanzen für eine Wachstumshemmung. Der Haken an der Methode: Es werden nicht nur kranke Zellen, sondern auch gesunde in Mitleidenschaft gezogen, wie die Schleimhaut oder andere Gewebe im Körper.

Jetzt weiß man aber, dass es genetische Veränderungen in der Stammzelle sind, die überhaupt zu der Entartung führen. Genau hier kann eine Therapie ansetzen, sagt der Wissenschaftler im Gespräch mit MDR WISSEN:

Wir sind schon in einigen Bereichen der Leukämietherapie dabei, dass wir relativ spezifisch genau diese genetischen Veränderungen mit dafür designten Medikamenten so beeinflussen können, dass die Krebszelle, die Leukämiezelle, abstirbt.

Prof. Dr. Uwe Platzbecker

Was, wenn die Krebszellen der Therapie auf die Schliche kommen?

Aber der Krebs ist clever und kann unter Umständen lernen, sich vor der Therapie zu schützen. Die Forschung versucht also auch, diesem Mechanismus auf die Schliche zu kommen, um ihn abschalten zu können. Ein zweiter Ansatzpunkt ist unser körpereigenes Immunsystem, denn das ist meist blind für den Krebs. Genau hier greift die Medizin ein, erklärt Professor Uwe Platzbecker:

Man verändert die Immunzellen des Patienten so, dass sie von einer blinden Immunzelle, die den Krebs nicht sieht, zu einer sehenden Immunzelle wird. Sie wird also gentechnisch derartig verändert, das daraus eine Zelle wird, die man dem Patienten zurückgeben kann, die die Leukämie komplett entfernt.

Prof. Dr. Uwe Platzbecker

Das wird derzeit im Rahmen von Studien erforscht und die Wissenschaftler sind sehr optimistisch.

Prinzip der Blutkrebs-Therapie

Was hingegen schon jetzt bei einer Leukämieform zum Einsatz kommt und zur Blaupause für alle anderen werden könnte, sind Antikörpertherapien, sagt Uwe Platzbecker. Antikörper sind eigentlich Eiweiße mit Kopplungsmolekülen an der Oberfläche. Die könne man sich vorstellen wie eine Art Raumschiff, an dem man an verschiedenen Stellen andocken könne: "Diese Antikörper verbinden die Krebszelle über eine Andockstelle mit dem Immunsystem, das heißt, sie bringen Immunzelle und Krebszelle in räumliche Nähe. Damit kann die Immunzelle die Krebszelle attackieren wie mit kleinen Pfeilspitzen und diese abtöten. Das klingt nach Science Fiction, ist aber schon Realität." Das große Ziel der Mediziner ist es, ihre Forschungserfolge auch auf andere Krebstherapien zu übertragen.

(MzH/lfw)

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