Buchtipp der Woche Wie alles begann. Die wunderbare Geschichte unserer Erde
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24. April 2022, 15:00 Uhr
Fossilien, rätselhafte Steine, Dinos – viele Kinder können sich für die Überreste der Vor- und Frühgeschichte begeistern. So auch die beiden Söhne von MDR WISSEN-Autorin Jana Rehse. Jetzt hat sie ein neues Buch entdeckt, das viele Fragen zu der Zeit anschaulich beantwortet – wissenschaftlich fundiert, mit großer Kreativität gestaltet und aufwändig produziert.
Die Rakete brachte uns Menschen nicht auf die Erde!
"Ich verstehe das nicht! Warum existieren wir überhaupt hier auf der Erde?" Aus dem Nichts stellte mein fünfjähriger Sohn am Abendbrottisch eine der größten Fragen unserer Menschheit. Kurz erklärten wir, dass wir nicht von jetzt auf gleich entstanden sind, sondern sich das Leben auf der Erde erst entwickelt hat und wir Menschen erst vergleichsweise kurz hier leben. "Und wie sind wir dann hierhergekommen?" Die dazugehörige Handbewegung machte eine Rakete nach und mir war klar, dass wir mit ihm mal zum Ursprung unserer eigenen Geschichte zurückkehren sollten.
Da fiel mir "Wie alles begann" in die Hände – zwar erst für Kinder ab 8 Jahren (also genau richtig für den großen Sohn), mit den vielen Bildern und kurzen Texten aber auch für den kleinen gut geeignet, um ihm die Geschichte unserer Erde ein wenig näher zu bringen.
2,5 Milliarden Jahre auf einer Doppelseite
Dieses Buch beginnt mit den Worten "So ist zwischen der Erdentstehung und dem Auftreten der ersten Dinosaurier deutlich mehr Zeit vergangenen als seit dem Aussterben der letzten Riesenechsen." Um diesen unvorstellbaren Zeitraum darzustellen gibt es einen Bilderzeitstrahl, der zeigt, wie es auf der Erde zur jeweiligen Zeit aussah. So können Kinder (und gleichermaßen Erwachsene) eine unglaubliche Zeitspanne schnell erfassen und sehen, wie lange es überhaupt gedauert hat, bis erste kleine Lebewesen entstanden sind und wie lange es dann noch einmal dauerte, bis Dinosaurier und ganz zum Schluss auch Menschen dazugekommen sind.
Nach der Doppelseite mit dem Zeitstrahl folgen einige Infos zu Fossilien. Und auch hier werden die Kinder genau in ihrer Lebenswirklichkeit abgeholt. In dem Alter steht "Forscher" zumindest bei uns ganz weit oben auf der Berufswunschskala – und wir diskutieren über jeden Stein, ob da wirklich ein Abdruck aus der Vergangenheit zu sehen ist (und wir ihn wirklich behalten müssen). Die ausgewählten Fossil-Beispiele sind sogar mit einer Klappkarte dargestellt, so dass alle vergleichen könnten, wie das Fossil im Original aussah und wie es heute aussieht.
Nach diesen beiden Kapiteln startet mit der Beschreibung des Urknalls die genaue Erklärung, was wann entstanden ist und wie die Erde zu welchem Zeitpunkt aussah.
Im Elternhaus mit Wissenschaftlern und Künstlern
Aina Bestard ist die Autorin und Illustratorin des Buches. Sie ist in Mallorca geboren und lebt in Barcelona. Ihr Vater ist Anthropologe und ihre Mutter Künstlerin. "Und ich bin ein bisschen von beidem", schreibt sie selbst. Ihre Sachbücher wie "Wie alles begann. Die wunderbare Geschichte unserer Erde" beweisen dies eindrucksvoll.
Denn sie verlässt sich nicht nur auf ihr künstlerisches Geschick, sondern hat immer auch den wissenschaftlichen Blick dabei. Für "Wie alles begann" hat sie sogar mit einem der ältesten Naturkundemuseen in Europa zusammengearbeitet, dem Museu de Ciències Naturals de Barcelona.
Eine alte Kunst wiederbelebt
Dieses Kindersachbuch zeigt sehr verständlich, wie das Leben auf unserer Erde aussah, bevor es von Pflanzen, Tieren und später uns Menschen bevölkert wurde. Dabei orientierte sich Bestard bei ihren Zeichnungen an Stichen und Lithografien des 19. Jahrhunderts – eine gute Voraussetzung für ihr sehr detailgenaues Arbeiten. Die (z.T. gedeckten, oft pastelligen) Farben sind sorgfältig gewählt, einige Seiten verzichten sogar ganz auf Farbe, was die bunten Bilder deshalb besonders hervorhebt.
Auf einer imposanten Doppelseite beispielsweise sieht man, wie Meteoriten in ein Lavameer treffen oder wie die Fauna sich abseits des Meeres entwickelte. Hierbei wirkt nichts überladen. Im Gegenteil: Durch die Reduzierung auf das Wesentliche in den Illustrationen werden die Kinder nicht so schnell abgelenkt.
Künstlerisch besonders beeindruckend ist die Verwendung von Transparentpapier auf einigen Seiten. Aufgrund von dessen Beschaffenheit erkennt man immer schon ein klein wenig, was kommen wird. So erahnt man beim Urknall beispielsweise bereits die Sonne – oder erkennt schon die Umlaufbahn der Planeten, längst bevor diese ihre feste Form haben. Ähnlich eindrucksvoll ist es später im Buch, wenn die ersten Lebewesen im Wasser gezeigt werden.
Sehr gelungen finde ich aber auch, wie das Buch strukturiert ist. So wird am Anfang eines jeden Kapitels kurz und verständlich auf einer Seite erklärt, was dieses Zeitalter prägte. Dabei ist die Hintergrundfarbe dem Zeitstrahl für diese Erdperiode angepasst – die Kinder erkennen also schnell, an welchem Punkt der Entwicklung wir uns befinden und wie lange es noch dauert, bis der Mensch dazukommt. Auf der nächsten Seite folgen dann drei Informationen zu den Besonderheiten zu dieser Zeit – auch diese Seite ist immer gleich aufgeteilt. Damit erkennt man sogleich, dass nun ein neues "Kapitel" im Leben der Erde beginnt. Die Beschreibungen sind stets kurz gehalten – aber vollkommen ausreichend und vor allem auch für Kinder verständlich.
Kinder und Erwachsene lernen hier gleichermaßen etwas
Mein fünfjähriger Sohn hatte am Ende des Buches zumindest ein Gefühl von der langen Erdgeschichte und weiß, dass auch wir Menschen uns erst entwickelt und die Erde nicht mittels Raumkapsel betreten haben. Er hat sich bei dem Buch sehr auf einzelne Illustrationen konzentriert und sich gefreut, wenn er etwas aus der heutigen Zeit wiedererkannt hat – wie beispielsweise Farne. Es war also genau das richtige, um seine Frage vom Abendbrottisch zu beantworten.
Der große Junge mit acht Jahren konnte der Komplexität dieses Themas schon sehr gut folgen und hat nun ein gewisses Gefühl dafür, wie lange es gedauert hat, bis sich auf unserem Planeten Pflanzen und Tiere entwickelt haben, die für ihn doch nur allzu selbstverständlich sind.
Und auch ich habe auf den knapp 80 Seiten vieles gelernt, beispielsweise, dass die Libellen vor 300 Millionen Jahren eine Flügelspannweite von 70 Zentimetern hatten (und dass es damals überhaupt schon Libellen gab).
Die Rezensentin schaut sich für uns Wissens- und Sachbücher für Kinder an: "Mit zwei kleinen Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter lese und entdecke ich gern Wissensbücher für die Kleinen. Was mir dabei sehr wichtig ist: Ich will den Kindern von Anfang an zeigen, dass Sachbücher per se nichts Langweiliges sind, sondern die Welt der Wissenschaft spannendere Informationen bereit hält als so manche Kindergeschichte."
augu am 25.04.2022
Ich empfehle "Weltall, Erde, Mensch" parallel zum Buch anzugucken (falls der Opa es noch im Bücherschrank hat)