Carbonbeton - Baurevolution mit FasernForscher aus Sachsen gewinnen "Deutschen Zukunftspreis"
Stahl und Beton – in der Architektur des 20. Jahrhunderts passte zwischen diese Zwei kein Blatt. Dass sich nun ausgerechnet hauchdünne Kohlenstofffasern in die Beziehung drängen, daran sind sie nicht ganz unschuldig: Wissenschaftler der TU Dresden haben das Bauen neu gedacht. Mit Carbonbeton. Dafür sind sie jetzt mit dem "Deutschen Zukunftspreis" ausgezeichnet worden.
Der innovative Werkstoff stellt die haltbarere und leichtere Alternative zum Stahlbeton dar. Vor allem rostet Carbon nicht, wohingegen korrosionsanfällige Stahlbeton-Bauwerke zunehmend zum Sicherheitsrisiko werden. Landauf, landab bröckeln auf Autobahnen und Bundesstraßen die Brücken – und das schon oft nach 40 Jahren. Die Folge: Kilometerlange Staus, genervte Autofahrer, milliardenteure Reparaturen. Mit Carbonbeton muss es erst gar nicht zum Verkehrsinfarkt kommen: "Wir gehen davon aus, dass hier Lebensdauern von 200 Jahren kein Problem mehr sind", sagt Manfred Curbach, Direktor des Instituts für Massivbau an der TU Dresden.
Schon die Nominierung war eine Ehre
Gemeinsam mit Chokri Cherif und Peter Offermann war Curbach im September für den Deutschen Zukunftspreis nominiert worden. Schon die Nominierung empfanden die Forscher als große Ehre, die auch zeigte, wie viel Potenzial in dem neuen Werkstoff steckt. Die drei Professoren sind auf dem Gebiet der Erforschung von Carbonbeton führend. 2014 haben sie dafür an der TU Dresden ein umfangreiches Forschungsprojekt "C3 – Carbon Concrete Composite" aufgesetzt. Mittlerweile beteiligen sich rund 140 deutsche Institute und Unternehmen daran. Es soll den Vorsprung Deutschlands bei der Erforschung von Grundlagen und Anwendungen des revolutionären Baumaterials festigen und ausbauen.
Am Mittwochabend haben sie für diese Arbeit den mit 250.000 Euro dotierten Preis aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck erhalten. Um den Deutschen Zukunftspreis konkurrierten sie mit zwei anderen Teams aus Bayern und Baden-Württemberg. Bundespräsident Joachim Gauck ehrt mit dieser Auszeichnung in diesem Jahr zum 20. Mal Forscher und Entwickler, die ihre Innovationen erfolgreich in marktfähige Produkte umsetzen. Mit dem Team der TU Dresden konnten erstmalig Bauingenieure den Preis gewinnen.
Carbonbeton: Langlebig, sparsam und umweltschonend
"Mit Carbonbeton läuten wir eine Revolution im Bauwesen ein. Ein Paradigmenwechsel findet statt", ist Manfred Curbach überzeugt. Denn Carbonbeton ist nicht nur langlebig und sparsam, sondern auch umweltschonend. Da keine dicke Betonschicht erforderlich ist, die den Stahl vor Korrosion schützt, können Bauteile aus Carbonbeton wesentlich schlanker ausfallen. Das schont Ressourcen: Sand zum Beispiel, der in manchen Regionen der Welt bereits zur Neige geht. Oder auch Zement. Für die Umwelt ist das ein enormer Gewinn, wie Manfred Curbach erläutert: "Durch Zementproduktion entstehen heute sechseinhalb Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes. Das ist dreimal so viel wie der CO2-Ausstoß der gesamten Luftfahrtindustrie."
Zurzeit leben ungefähr zwei Milliarden Menschen auf der Welt, die jünger sind als 16 Jahre. Diese Menschen wollen in den nächsten 16 Jahren irgendwo wohnen... Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viel wir bauen müssen, können wir fragen, wann die Welt mal zwei Milliarden Einwohner hatte. Das war 1930. Das heißt, wir müssen in den nächsten 16 Jahren die Welt von 1930 noch einmal bauen.
Prof. Dr.-Ing. Manfred Curbach
Malimo hat Weltniveau
Und Carbonbeton bietet weitere Vorzüge: Die flexible Formbarkeit der Kohlenstoffasern erlaubt es Architekten, Bauwerke filigran, fast schon anmutig zu gestalten. Carbonbeton lässt sich zur Instandsetzung und Rettung maroder Brücken verwenden und auch für den Wohnungsbau eröffnen sich Chancen. So kann die elektrische und thermische Leitfähigkeit von Carbon vielseitig eingesetzt werden. Das direkte Beheizen der Wände ist ohne die Installation zusätzlicher Heizkörper möglich. In den Fäden steckt eine Technologie, deren Namen im Osten bekannt ist: Malimo. Das sächsiche Unternehmen Karl Mayer Malimo hat die Maschine bereitgestellt, die die Bauingenieure für ihre Zwecke umgebaut haben. Und so kommt der alte Spruch aus der DDR Werbung am Ende vielleicht doch noch zur Geltung: "Der Meister sprach von MALIMO, denn MALIMO hat Weltniveau!"