Corona-Forschung aktuell: 12. November Monoklonale Antikörper: Trumps "Wundermittel" kostet 3.000 Dollar pro Dosis

13. November 2020, 09:15 Uhr

Eine Analyse zeigt: Schon bei Remdesivir hat die US-Regierung völlig versagt, die Ausgabe des Medikaments an Kliniken richtig zu koordinieren. Bei Trumps "Wundermittel" drohen ein noch größeres Chaos und hohe Preise.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Corona

Während die Impfstoffentwicklung mit Hochdruck weiterläuft und die Zulassungsverfahren möglicherweise bald beginnen, wächst täglich auch das Wissen der Forscher über das Coronavirus und seine Ausbreitung. MDR Wissen verschafft Ihnen hier den Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Ziel: Ambulant einsetzbare Medikamente gegen Corona

Anthony Fauci, oberster Corona-Berater der US-Regierung, gibt mit einem Expertenteam aktuell im Journal der American Medical Association, JAMA, einen Überblick über den Stand in Sachen Forschung an Medikamenten gegen Corona. Demnach hätte die erfolgreiche Testung von Remdesivir und Dexamethason bereits deutliche Fortschritte bei der Behandlung von Covid-19-Patienten in Krankenhäusern gebracht. Ihr Klinikaufenthalt könne verkürzt und die Schwere der Verläufe abgemildert werden. Es fehlten aber nach wie vor Medikamente, die bereits im frühen Stadium von Corona verabreicht werden können und dadurch Krankenhausaufenthalte sogar unnötig machen.

Hier könnten beispielsweise monoklonale Antikörper der richtige Ansatz sein, schreiben die Autoren, die alle der US-Behörde für Infektionskrankheiten und Allergien (NIAID) angehören. Allerdings müssen diese nach aktuellem Stand mit einer Spritze intravenös injiziert werden. Das macht die ambulante Anwendung für Patienten schwierig. Hier wäre ein Präparat, das sich inhalieren lässt oder per Spritze unter die Haut oder in den Muskel injiziert werden kann, deutlich einfacherer anzuwenden, so die Autoren. Grundsätzlich müsse das Ziel der pharmazeutischen Forschung sein, ambulant einsetzbare Wirkstoffe zu entwickeln, fordern Fauci und seine Kollegen.

Weltweit gibt es inzwischen 47 Millionen bestätigte Infektionen mit Sars-CoV-2, etwa 1,2 Millionen Menschen sind mit oder an dem Virus gestorben. Daneben gibt es immer wieder Berichte über die langen Erholungszeiten von Menschen nach der Infektion. Auch Patienten mit nur milder Symptomatik berichten oft mehrere Wochen lang von Erschöpfung, Konzentrationsproblemen und Problemen zu atmen.

Berichte über Geruchs- und Geschmacksveränderungen: Zeichen für Coronaausbruch

Forscher um John Hayes von der Penn State University schlagen im Fachjournal "Nature Communications" vor, Berichte von Menschen über Geruchs- und Geschmacksverlust als Signal zu werten, dass es an bestimmten Orten zu Corona-Ausbrüchen kommt. "Unsere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine Zunahme plötzlicher Geruchs- und Geschmacksveränderungen in der Allgemeinbevölkerung auf eine Ausbreitung von COVID-19 hinweisen. Wenn Entscheider auf dieses Signal achten, könnten sie mit Maßnahmen auf lokaler Ebene Ausbrüche früher stoppen und Beschränkungen gezielter einsetzen", sagt Hayes. Grundlage der Studie sind Daten aus einem Online-Befragungswerkzeug, bei dem Menschen weltweit über Gerüche berichten. Diese Daten verglichen die Forscher mit der Zahl der Corona-Infektionen. Sie beobachteten auch, dass schneller umgesetzte Lockdowns im Frühjahr zu einem schnelleren Rückgang beim berichteten Geruchs- und Geschmacksverlust führten.

USA: Ernorme Herausforderungen bei der Ausgabe von monoklonalen Antikörpern

Für Donald Trump war es die Wunderdroge, für viele frisch infizierte Covid-19-Patienten könnte es das Medikament werden, dass schwere Krankheitsverläufe verhindert: Monoklonale Antikörper sind einer der Hoffnungsträger der Pharmaindustrie in der aktuellen Pandemie. Die mit Hilfe von Gentechnik hergestellten Antikörper gegen das Sars-Coronavirus-2 können nach aktuellem Kenntnisstand zu einem frühen Zeitpunkt der Infektion das Virus neutralisieren und so eine Corona-Erkrankung rasch heilen. Das Biotechunternehmen Regeneron hat Ende September per Pressemitteilung verkündet, klinische Studien an Patienten liefen vielversprechend. Jetzt will das Unternehmen eine Notfallzulassung beantragen, mit der der Wirkstoff Patienten verfügbar gemacht werden könnte, bevor alle klinischen Prüfungen vollständig abgeschlossen sind. Im Fachblatt JAMA weisen die Harvard-Mediziner Robert Goldstein und Rochelle Walenksy allerdings auf die Probleme hin, die eine solche Notfallzulassung neben der noch nicht vollständig gesicherten Verträglichkeit und Wirksamkeit mit sich bringen würde.

Zum einen fehlen gesicherte Daten darüber, welchen Patienten Antikörper helfen und welchen nicht. Regeneron habe dazu bislang nur eine Pressemitteilung herausgegeben, keine klinische Studie. Ähnliches war bereits beim antiviralen Mittel Remdesivir passiert. Nach dessen provisorischer Zulassung hätten die Krankenhäuser selbst Daten austauschen müssen, welchen Patienten damit am besten geholfen werden kann. Außerdem gab es seitens der Trump-Regierung keinerlei Plan, wie das Medikament verteilt wird. Und es sei nicht systematisch dokumentiert worden, wie das Medikament in Patienten wirkt. Deswegen sei erst spät sichtbar geworden, dass es nicht hilft, die Sterberate bei Covid-19 zu senken.

Bei den monoklonalen Antikörpern komme als Problem dazu, dass sie offenbar vor allem kurz nach einer Infektion wirken, also noch bevor Erkrankte in die Kliniken kommen. Daher müsse das Medikament vor allem ambulant verabreicht werden. Das aber ist schwierig, da die Verabreichung aktuell über eine etwa einstündige intravenöse Injektion erfolgt und damit nur in Kliniken erfolgen kann. Mit geschätzten Kosten von etwa 3.000 US Dollar pro Dosis stellt sich zudem die Frage nach der Kostenübernahme. Die US-Regierung hat bisher nur angekündigt, Patienten mit Krankenversicherung die Kosten zu erstatten. Weil mindestens acht Millionen US-Amerikaner durch die Pandemie ihre Arbeit und damit auch ihre Krankenversicherung verloren haben, kommt hier eine enorme Hürde auf viele zu, die das Medikament dringend bräuchten.

U.S. Navy Zeremonie, bei der die Beteiligten in Uniform Masken tragen
Auch Abstandgebote und Maskenpflichten konnten die Corona-Ausbreitung bei den Marines nicht vollständig eindämmen (Symbolfoto). Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Trotz Abstandsregeln: Ausbreitung von Corona ohne Symptome bei Marinesoldaten

In den USA haben Forscher rund 2.000 Rekruten für den Dienst als Marinesoldat untersucht. Die Rekruten mussten vor ihrer Grundausbildung zwei Wochen in überwachter Quarantäne verbringen. Trotzdem kam es in dieser Zeit zu mehreren Übertragungen des neuen Coronavirus Sars-CoV-2. Im Fachblatt "The New England Journal of Medicine" berichtet das Team von Medizinern, dass die Rekruten Abstands- und Hygieneregeln eingehalten hätten. Auf die Übertragungen wurden sie nur durch regelmäßige Tests aufmerksam, denen sich alle 2.000 Rekruten unterziehen mussten. Tägliche Checks auf Körpertemperatur und Symptome hätten dagegen keine Hinweise auf eine Infektion geliefert. Trotz strikt eingehaltener Maskenpflicht und Mindestabständen kam es während der zwei Wochen zu mehreren Übertragungsclustern mit 51 Infektionen. Die einzige Chance, solche Ansteckungen in Gruppenkontexten zu verhindern, sei komplettes Testen aller Teilnehmenden zu Beginn, um Infizierte zu isolieren, schlussfolgern die Forscher.

(ens)

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