Bauhaus Universität Weimar Funktioniert mit Filter: Blasmusik in Corona-Zeiten

03. September 2020, 16:54 Uhr

Das Spielen von Blasinstrumenten gilt in der aktuellen Pandemie als Risiko. Abstandsregelungen bieten nur teilweise Schutz. Spezielle Filter sollen helfen. Die Bauhaus-Uni in Weimar hat einen Prototypen entwickelt.

Logo MDR 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
4 min

In der aktuellen Pandemie gilt das Spielen von Blasinstrumenten als Risiko. Die Bauhaus-Uni hat deshalb einen ganz speziellen Filter entwickelt.

MDR AKTUELL Do 03.09.2020 12:39Uhr 03:47 min

https://www.mdr.de/wissen/audios/corona-filter-blasinstrument-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Mit Musikinstrumenten beschäftigt sich Andreas Mühlenberend normalerweise nicht. Der Professor für Produktdesign an der Bauhaus-Uni Weimar bekam aber vor zwei Monaten einen Anruf von Gernot Süßmuth. Der ist Konzertmeister der Staatskapelle Weimar und wollte wissen: kann man Blasinstrumente mit einem Hilfsmittel pandemiesicher machen? Denn Blasmusiker haben in Corona-Zeiten ein Problem: Ist einer von ihnen mit Sars-CoV-2 infiziert, bläst er die Viren durch das Instrument hindurch in seine Umwelt – und gefährdet die anderen Musiker oder sogar das Publikum.

Ein einfacher Filter aus Zellstoff soll die Lösung bringen

Mühlenberend machte sich an die Arbeit. "Dann habe ich verschiedene Designs und Lösungen entworfen, wie man weniger Luft in den Raum verteilt. Manche haben nicht geklappt, manche haben geklappt." Das Stück, das am besten geklappt hat, sollte dann auf Herz und Nieren geprüft werden. Es bestand aus herkömmlichem Zellstoff. "Der Filter ist ein wabenformiges Papierelement aus klassischem Haushaltspapier. Er wird auf die Öffnungen der Blasinstrumente mit lösbarem Kleber aufgetragen."

Der Prototyp war vor gut einem Monat fertig. Die Bauanleitung dafür hat Andreas Mühlenberend auf einer Online-Datenplattform veröffentlicht, damit Musiker aus aller Welt den Filter nachbauen und nutzen können. In Weimar begann derweil die Testphase. Die große Frage der vergangenen Monate war schließlich: Wieviel Luft tritt aus den Schallbechern der Blasinstrumente aus? Die Testreihe leitete die Bauphysikerin Lia Becher von der Bauhaus-Uni Weimar. "Wir haben hier an der Professur sogenannte Schlierenverfahren, unter anderem den Schlierenspiegel, mit dem es möglich ist, den Luftausstoß zu visualisieren", erklärt sie.

Luftausstoß der Blasinstrumente viel geringer als angenommen

Mit einem Schlierenspiegel kann man Luftströmungen sichtbar machen. Diese erscheinen wie wolkige und bewegte Schlieren auf der Spiegeloberfläche. So weit, wie der Luftausstoß geht, reichen die Schlieren in den Spiegel hinein.

"Da ist letztendlich herausgekommen, dass keines der Instrumente weiter als 1,1 oder 1,2 Meter Luft in den Raum gestoßen hat", sagt Becher. Ursprünglich sei man davon ausgegangen, dass die Luft aus den Instrumenten zwölf Meter in den Raum hinein reiche, aber da habe es Fehler in der Umrechnung gegeben, sagt die Physikerin. "Und dann waren es später immer noch drei oder vier Meter, die zwischen den Blasmusikern eingehalten werden sollten. Das hat sich dann immer mehr reduziert, wahrscheinlich auch dank unseres Verdienstes, weil wir zeigen konnten, dass der Ausstoß viel geringer ist als ursprünglich angenommen."

Filter ist wirksam bei Blechbläsern

Ob und wie viele Viren die ausgestoßene Luft enthält, kann Lia Becher nicht sagen. Die Experimente zeigen lediglich die Luftzirkulation. Man habe aber demonstrieren können, wie wirksam der einfache Zellstofffilter sei. Durch seinen Einsatz konnte die Reichweite der Atemluft, die beim Spielen der Instrumente in den Raum geführt wird, stark reduziert werden. Besonders gut klappte das bei der Querflöte: die geblasene Luft konnte hier von einem Meter auf weniger als 15 Zentimeter reduziert werden. Und das, beteuert die Bauphysikerin, ohne dass der Klang wesentlich darunter leidet.

Man muss natürlich auch anmerken, dass der Luftausstoß in dem Instrument letztendlich überhaupt nichts mit dem Ton zu tun hat. Also der Schall, der braucht einfach ein Medium, die Luft in dem Fall, damit er transportiert werden kann. Das funktioniert aber auch ohne den Luftausstoß.

Lia Becher, Bauhausuni Weimar

Die Querflöte ist allerdings auch das einzige Holzblasinstrument, das mit einem Filter versehen werden kann, weil ein Großteil der Luft über das Mundstück geblasen wird. Bei den anderen tritt die meiste Luft aus den Tonlöchern aus. Im Gegensatz zu den Blechblasinstrumenten, so Lia Becher, da hier die gesamte Atemluft aus dem Schallbecher entweicht.

Klangqualität bei Kapellen soll bei Konzert geprüft werden

Ob der Klang auch bei großen Gruppen stabil ist, sollen weitere Experimente zeigen. Andreas Mühlenberend ist gerade dabei, aus Weimarer Musikern eine Blaskapelle aufzustellen, die mit Filtern ausgerüstet wird. Bei einem Konzert soll die Klangqualität genauer beurteilt werden.

(aue)

0 Kommentare