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Wie macht man die Wirtschaft fit für künftige Krisen? Bildrechte: IMAGO / Arnulf Hettrich

WirtschaftsanalyseFit für die nächste Krise? To do Liste der Leopoldina

21. Juli 2021, 13:05 Uhr

Lockdown, Schulen zu und Kurzarbeit: Die Corona-Pandemie war für die meisten Menschen von Einschnitten und Veränderungen geprägt. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik hat die Pandemie Probleme offengelegt, die es vorher schon gab. Eine wirtschaftswissenschaftliche Arbeitsgruppe der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle hat sich über die Lehren aus der Corona-Zeit Gedanken gemacht: 70 Seiten Bilanz und konkrete Vorschläge.

von Kristin Kielon

Krisen offenbaren strukturelle Schwächen. Das sei auch schon bei der Finanzkrise Ende der 2000er-Jahre so gewesen, dennoch ließe sich die Situation nur bedingt vergleichen, sagt Professor Christoph Schmidt. Der Ökonom ist Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), Professor an der Ruhr-Universität Bochum und Sprecher einer Arbeitsgruppe von Ökonomen der Leopoldina in Halle. Er sagt im Gespräch mit MDR WISSEN: "Wir hatten einen exogenen Schock, eine Pandemie, die die Realwirtschaft – aber auch nur in Teilen wiederum, insbesondere da, wo es auf Kundenbindung und Interaktion ankommt – betroffen hat. Das heißt, man kann einfach schlecht Analogieschlüsse aus den anderen Krisen ziehen." Deshalb also die Diagnose dieser speziellen Situation, mit konkreten Handlungsoptionen für die Politik. Ihr Anliegen: Staat und Wirtschaft sollen nicht nur möglichst unbeschadet aus der Pandemie kommen, sondern auch fit gemacht werden für künftige Krisen. Die Fachleute verweisen da unter anderem auf die Folgen des Klimawandels.

Wo genau muss man hinschauen?

Insgesamt hat die Arbeitsgruppe vier Themenkomplexe analysiert, erläutert Schmidt: Strukturwandel und Wirtschaftswachstum, Verteilung und Ungleichheit, die Leistungsfähigkeit der Staatlichen Organisationen und die Staatsfinanzen.

Wie kann die Wirtschaft wieder wachsen? Bildrechte: IMAGO / Manngold

Dabei geht es Schmidt zufolge um Fragen wie: "Wie geht es nach der Krise weiter mit dem Produktivitätswachstum, mit einem Potenzial, das unsere Volkswirtschaft hat? Wie können wir unsere Prosperität, unsere staatliche und private Leistungsfähigkeit sicherstellen? Welche Auswirkungen hat die Corona Krise hinterlassen im Hinblick darauf, wie es unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen geht, welchen materiellen Zugang sie haben, welche Belastung sie erdulden mussten?"

To do Liste für die Politik

Was genau schreiben die Fachleute der Politik also auf die To-Do-Liste, um die Konjunktur anzukurbeln? Ein wichtiger Motor seien öffentliche Investitionen, sagt der Wirtschafts-Professor. Dafür sei eine gute Innovationspolitik notwendig, die mehr mache, als nur Infrastruktur zu schaffen. Der Staat müsse etwa Grundlagenforschung finanzieren und unternehmerisches Handeln fördern, so wie in den USA. Und es müsse einfacher werden für die öffentliche Hand zu investieren.

Fit für Krisenzeiten: Lässt sich hier vorbeugen, welche Instrumente braucht es dafür? Bildrechte: IMAGO / CHROMORANGE

Denn obwohl Geld da ist, haben die Kommunen weniger investiert, weil es zu aufwändig oder kompliziert sei. Professor Schmidt führt aus: "Wie bekommt man öffentliche Mittel, die bereitgestellt werden, dazu, dass sie in digitale Infrastruktur, in Straßen, in bessere Personalkompetenz umgesetzt werden, die im Endeffekt tatsächlich der Wirtschaftsleistung und damit den Wohlstand, der sozialen Sicherheit und den sozialen Sicherungsnetzen dienen?" Aus Sicht des Wissenschaftlers tatsächlich eine der wichtigsten Aufgaben. Private Unternehmen bräuchten dagegen vor allem gute Rahmenbedingungen, um gut leistungsfähig zu sein, erläutert Schmidt weiter. Konkret: schnelle Planungsverfahren und Verwaltungsverfahren, die nicht ewig dauerten. Auch Steuererleichterungen schlagen die Fachleute vor. Privatunternehmen brauchen Schmidt zufolge nicht die Kredite des öffentlichen Sektors. Sie brauchen einen guten, leistungsfähigen Staat.

Nächster Schritt:

Wie der im Detail aussehen soll, wollen die Leopoldina-Ökonomen von einer unabhängigen Kommission nach der Pandemie ausarbeiten lassen. Einige Punkte haben sie dem Gremium schon auf die Agenda geschrieben, zu denen die Gruppe derzeit (Stand Juli 2021) noch keine abschließende Position hat, so Schmidt – zum einen weil noch Evidenz fehle und zum anderen sei die Pandemie ja auch noch nicht ganz überstanden.

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