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SchwangerschaftWelchen Einfluss hat Corona auf Frühgeburten?

19. November 2020, 14:03 Uhr

Das Coronavirus macht vielen Menschen Sorgen - da sind auch werdende Mütter keine Ausnahme. Eine der große Fragen ist: Welchen Einfluss hätte eine Infektion auf das Baby? Inzwischen weiß man, dass sich ein ungeborenes Baby im Mutterleib infizieren kann. Weniger bekannt: Eine Infektion in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für eine Frühgeburt. Andererseits ist die Zahl der Frühgeburten bei Schwangeren ohne Infektion vielerorts zurückgegangen. Die Gründe dafür sind für Mediziner ein Rätsel.

von Kristin Kielon

Eine Corona-Infektion kann jeden treffen. Für schwangere Frauen kann sie jedoch zu einem ernsten Problem werden. Daten aus den USA zeigen, dass bei ihnen eine schwere Infektion wahrscheinlicher ist, erläutert Professor Mario Rüdiger. Der Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden untersucht gemeinsam mit Forschenden aus Kiel, was eine Corona-Infektion für Schwangere und ihre Babys bedeutet.

Prof. Dr. Mario Rüdiger Bildrechte: TU Dresden

Was wir zeigen konnten ist, dass es wahrscheinlich im Rahmen von Covid-19 zu einer Häufung der Frühgeburt kommt. Das ist Punkt eins. Und Punkt zwei - wichtige Information: wenn die Mutter eine Woche um die Geburt herum positiv getestet wurde, ungefähr zwei bis drei Prozent der Kinder nach der Geburt auch Covid-19-positiv getestet werden.

Prof. Dr. Mario Rüdiger - Universitätsklinikum Dresden

Corona-infiziert und schwanger: Deutschlandweite Erfassung

Infizierte Neugeborene sind also selten. Ist die Mutter noch infektiös, darf sie das Kind erst einmal nicht küssen, Stillen und Berührungen seien aber möglich. Für ihre Studie haben die Forschenden das sogenannte CRONOS-Register entwickelt:

Küssen verboten, wenn die Mutter infektiös ist. Bildrechte: imago/ITAR-TASS

Wir haben alle Geburtskliniken in Deutschland eingeladen, sich daran zu beteiligen und Daten zu melden, wenn eine Schwangere, die bei ihnen betreut wird, positiv getestet wurde während der Schwangerschaft. Und die beteiligten Kliniken decken ungefähr ein Drittel aller Geburten in Deutschland ab, sodass diese Daten schon aussagekräftig sind.

Prof. Dr. Mario Rüdiger - Universitätsklinikum Dresden | Prof. Dr. Mario Rüdiger - Universitätsklinikum Dresden

Aktuell seien 450 infizierte Schwangere im Register eingetragen. Auffällig war laut Rüdiger, dass die Zahl der Frühgeburten leicht gestiegen ist. Kämen in Deutschland sonst bis zu zehn Prozent der Neugeborenen zu früh, seien das bei den Corona-Infizierten etwa 13 Prozent gewesen. Aus anderen Ländern werden ebenfalls etwas höhere Zahlen gemeldet. Aber warum führt Corona zu etwas mehr Frühgeburten? Über die Gründe kann der Mediziner nur spekulieren: Einige Kinder könnten zum Beispiel früher geholt worden sein, weil es der Mutter zunehmend schlechter ging. In solchen Fällen sei es besser für das Kind, außerhalb des Mutterleibs weiter zu wachsen.

Auf alle Fälle können wir sagen, dass in diesem CRONOS-Register kein Kind aufgrund der Frühgeburtlichkeit gestorben ist, was auch schon mal eine positive Nachricht ist. Sodass das nicht sehr extrem Frühgeborene sind, dass da aus meiner Sicht keine große Befürchtung zu artikulieren ist.

Prof. Dr. Mario Rüdiger - Universitätsklinikum Dresden

Weniger Frühgeburten bei Nicht-Infizierten

Medizinisches Rätsel: Warum sinkt die Zahl der Frühgeburten? Bildrechte: imago images / agefotostock

Noch weniger Sorge vor einer Frühgeburt müssen Schwangere haben, die nicht mit dem Coronavirus infiziert sind oder waren. Denn in dieser Gruppe ist die Zahl der Frühgeburten erheblich zurückgegangen. Das belegen mehrere Studien - zum Beispiel aus Irland oder Dänemark. Demnach hat es dort 75 bis 90 Prozent weniger Frühchen gegeben. Auch der Dresdner Neonatologe Rüdiger bestätigt, dass Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt ähnliches berichten. Aber woran liegt das?

Das wäre schön, wenn wir da wüssten, was da die Ursache ist. Dann wäre damit ein großes Rätsel gelöst. Denn trotz aller Bemühungen, die wir bisher haben, die Frühgeburt zu vermeiden, so richtig gelungen ist es uns ehrlicherweise noch nicht. Wir sind deutlich besser geworden, die Frühgeborenen zu behandeln, aber Frühgeburt zu verhindern ist uns bisher nicht gelungen. Aber das wäre das große Ziel.

Prof. Dr. Mario Rüdiger - Universitätsklinikum Dresden

Womöglich spielt der Lockdown eine Rolle, ergänzt er. Dadurch hätten Schwangere weniger Freizeitstress und mehr Ruhe. Andere Fachleute verweisen auch auf weniger Infektionskrankheiten durch andere Erreger oder weniger Luftschadstoffe als mögliche Ursache für den Rückgang.

Die Untersuchung der TU Dresden lesen Sie hier.

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