Grosse Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum), jagt in der Nacht
Die Fähigkeit zu Fliegen hat Auswirkungen auf das Immunsystem von Fledermäusen - und die sind wahrscheinlich der Grund, warum Coronaviren für die Tiere keine Gefahr darstellen. Bildrechte: imago/blickwinkel

Immunsystem Therapie von Covid-19: Von Fledermäusen lernen

17. September 2021, 20:00 Uhr

Sars-CoV-2 stammt wohl aus Fledermäusen und kann die fliegenden Säuger auch infizieren. Anders als Menschen erkranken die Tiere aber nicht an dem Virus. Forscher wollen die Gründe verstehen, um Menschen zu helfen.

Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können und es ist wohl genau diese Eigenschaft, die die Tiere viel weniger schwer am Sars-Coronavirus-2 erkranken lässt als Menschen. Im Fachblatt "Science Immunology" beschreibt ein Team von Wissenschaftlern um Claudia und Marcel Nold von der Monash University im australischen Melbourne detailliert den Ablauf einer Infektion mit dem Virus bei Menschen und bei Fledermäusen, um die unterschiedlichen Immunantworten zu verstehen. Das könne Wege für Therapien aufzeigen, die schwere Covid-Verläufe verhindern könnten, hoffen die Forscher.

Fähigkeit zum Flug erfordert besser steuerbares Immunsystem

Flüge kosten die Fledermäuse extrem viel Energie. Ihre Zellen und der ganze Organismus werden währenddessen großen Belastungen ausgesetzt, unter denen menschliche Zellen starke Entzündungsreaktionen entwickeln würden. Das Immunsystem der Fledermaus ist jedoch offenbar viel feiner steuerbar. Das ermöglicht zugleich, dass die Tiere im Reich der Säugetiere wohl diejenigen sind, die am meisten sogenannte zoonotische Viren überhaupt in sich aufnehmen können, ohne schwer an ihnen zu erkranken.

Fledermäuse gelten als der wahrscheinlichste Ursprung des Pandemie-Virus Sars-CoV-2. Der genaue Weg und eventuelle Zwischenwirte sind zwar noch nicht ganz klar. Aber es gibt gemeinsame Vorläuferviren, die laut Forschern vor 40 bis 70 Jahren in den Tieren existiert haben könnten.

Stärkere Interferonantworten: Infektion im Frühstadium dämpfen

Beim Vergleich der Immunantworten auf eine Sars-CoV-2-Infektion zeigt sich laut den Autoren beispielsweise, dass Fledermäuse die Antworten ihrer Inteferon-Systeme 1 und 3 sehr viel feiner justieren können. Interferone stimulieren das Immunsystem. Bei den Tieren kommen diese Stoffe sehr viel häufiger vor. Die Systeme sind dort ständig einsatzbereit und müssen im Fall einer Infektion nicht besonders verstärkt werden.

Eine Stärkung der Inteferonantworten beim Menschen könnte besonders in den frühen Krankheitsstadien hilfreich sein. Frühere Arbeiten hatten bereits gezeigt, dass eine Schnupfeninfektion die Inteferon-Systeme aktiviert und dadurch Coronaviren daran gehindert werden können, in Zellen einzudringen.

Entzündungen lindern würde Covid-Verläufe abmildern

Eine andere wichtige Eigenschaft der fliegenden Säuger ist ihre Fähigkeit zum Abschwächen von Entzündungsreaktionen. Diesen Ansatz verfolgt bereits eine ganze Reihe von klinischen Studien, bei denen Medikamente unter anderem das Entzündungsprotein Interleukin-6 blockieren oder zumindest abschwächen sollen. Die starke Überreaktion solcher Entzündungsmechanismen ist einer der Gründe, warum es zu schweren Covid-Verläufen kommt. Die Entzündungen abzumildern könnte schwere Erkrankungen und Todesfälle drastisch reduzieren.

(ens)

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